Meeresalgen verdauen Plastik mittels Bakterienenzym

Marburger Biologen übertrugen Bakteriengene in Kieselalgen

Plastikmüll landet tonnenweise im Meer. Jetzt soll aufgeräumt werden: Ein Bakterienenzym versetzt einer Medienmitteilung zufolge Mikroalgen in die Lage, Plastikmüll im Salzwasser abzubauen. Damit schafft es die Kieselalge Phaeodactylum tricornutum, Plastikmüll im Salzwasser abzubauen. Marburger Zellbiologen haben das herausgefunden, indem sie eine Kieselalge mit dem Enzym PETase aus einem Bakterium, das die PETase zum Abbau von Kunststoff nutzt versahen. Das Team um den Marburger Nachwuchsgruppenleiter Daniel Moog veröffentlichte seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Microbial Cell Factories. Ocean Cleanup will jetzt auch Flüsse vom Plastikmüll befreien.

Plastikmüll am Strand von Havanna, Kuba - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Plastikmüll am Strand von Havanna, Kuba – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Der Kunststoff PET dient unter anderem zur Herstellung von Plastikflaschen; im Jahr 2020 wird die Industrie weltweit schätzungsweise mehr als 70 Millionen Tonnen dieses Materials produzieren. Nach Gebrauch landet es oft auf dem Müll, ein erheblicher Teil davon gelangt in die Umwelt, vor allem in die Ozeane. „Schätzungen gehen davon aus, dass es 2050 in den Ozeanen mehr Plastik als Fische geben wird“, sagt Daniel Moog, der Leitautor des aktuellen Fachaufsatzes; „Plastikmüll kann von Lebewesen aufgenommen werden und diese ernstlich schädigen, zum Beispiel aufgrund giftiger Zusatzstoffe“.

Dass Bakterien das Plastikmaterial PET abbauen können, weiß man schon seit einigen Jahren: Mikroorganismen wie Ideonella sakaiensis geben hierzu ein Enzym ab, genannt PETase, das die Kettenmoleküle des Kunststoffs in seine Bestandteile zerlegt. „Das ist vor allem für den Abbau von Kleinstpartikeln interessant, zum Beispiel von Mikroplastik“, legt Moog dar; „dieses lässt sich ansonsten nur äußerst schwer aus dem Meer entfernen, wo sich ein großer Teil des in die Umwelt gelangten Plastikmülls ansammelt.“ Ideonella sei jedoch nicht gut an das Salzwasser der Meere angepasst. „Das Bakterium an sich eignet sich aus diesem Grund nicht für die biologische Sanierung der belasteten Ozeane.“

Die Marburger Forschungsgruppe entschied sich daher, für ihre Experimente die Kieselalge Phaeodactylum tricornutum heranzuziehen, die aus dem Meer stammt. Das Team baute in die Alge eine maßgeschneiderte Version des Bakteriengens ein, das die Anleitung für das Enzym enthält. Anschließend prüften die Autorinnen und Autoren, ob das abgesonderte Enzym tatsächlich PET und einen verwandten Kunststoff abbaut. Sie kultivierten zu diesem Zweck die Algen in Gefäßen, die zerkleinertes Plastik enthielten. Die Gruppe stellte fest, dass das Material Furchen und Löcher aufweist, wenn es dem Enzym ausgesetzt ist, das die Algen absondern; zurück bleiben harmlose Abbauprodukte.

„Die PETase-produzierenden Kieselalgen könnten zu einem klimafreundlichen Recycling von PET beitragen“, sagt Leitautor Moog. Ihm schweben abgegrenzte, Klärwerk-ähnliche Anlagen vor, in denen die modifizierte Alge das Mikroplastik der Ozeane abbaut. „Unsere Ergebnisse im Labor zeigen, dass sich mit diesem Ansatz prinzipiell PET aus Meerwasser entfernen lässt“, erklärt der Biologe. Es gelte nun, das biologische Plastikabbausystem weiter zu optimieren, um es für eine technische Umsetzung effizient nutzbar zu machen.

Daniel Moog leitet eine Nachwuchsgruppe im Fachgebiet Zellbiologie der Philipps-Universität und gehört dem Marburger „LOEWE-Zentrum für Synthetische Mikrobiologie“ an. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Uwe Maier, Dr. Karl-Heinz Rexer und Dr. Uwe Linne von der Philipps-Universität Marburg sowie der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Tobias Erb vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg.

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Ocean Cleanup will Flüsse vom Plastikmüll befreien

Der 25-jährige Niederländer  will nach seiner ersten erfolgreichen Müllsammlung im Pazifik mit seinem Projekt The Ocean Cleanup jetzt auch die Zuflüsse der Weltmeere mehr und mehr vom Plastikmüll befreien – mit einem schwimmenden Müllsammler namens “The Interceptor” (Der Abfangjäger), der Müll aus kontaminierten Flüssen fischen soll.

Die solarbetriebene Schiff-Müllabfuhr soll auf großen Flüssen stromabwärts schwimmen und pro Tag 50 Tonnen Plastikabfall einsammeln, bevor dieser in die Ozeane gelangt. “Unter den richtigen Voraussetzungen könnten wir sogar das Doppelte schaffen”, sagte Slat. Er plant, dass das Schiff innerhalb von fünf Jahren die tausend schmutzigsten Flüssen der Welt befahren soll, die seinen Angaben zufolge 80 Prozent des Plastikmülls in die Weltmeere spülen. Zwei Schiffe sind bereits in Indonesien und Malaysia im Einsatz, ein drittes Schiff soll bald Müll in Vietnam einsammeln. Der vierte “Interceptor” kommt in die Dominikanische Republik.

Erst im September war ein Schiff von The Ocean Cleanup von San Francisco aus Richtung Great Pacific Garbage Patch, einem gigantischen schwimmenden Müllteppich im Pazifik, in See gestochen, um  mit einer 600 Meter langen schwimmenden Barriere Plastikteile aus dem Meer zu fischen.

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