Wakes machen Offshore-Windturbinen zu schaffen

IWES-Projekt: Wie beeinflussen Windparks den Wind auf See?

Das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES startete am 01.11.2019 ein neues Forschungsprojekt zur Frage: Wie verändert der Ausbau der Windenergie die Bedingungen in der deutschen Bucht? Offshore-Windparks liefern einen immer größeren Anteil unserer Stromverbrauchs: Fast 17 Milliarden Kilowattstunden waren es in den ersten neun Monaten 2019 – bei einer installierten Leistung von knapp 6,7 GW – berichtet erneuerbareenergien.de. Und es sollen mehr werden.

Forschungsflugzeug in geringer Flughöhe liefert hochaufgelöste meteorologische Daten – Foto © Mark Bitter, TU Braunschweig

Der Ausbau der Offshore-Windenergie soll weitergehen, doch die Fläche, die für Windenergienutzung in Nord- und Ostsee zur Verfügung steht, ist begrenzt. Deshalb werden die Windparks meist in Windparkclustern gebaut. Solche Cluster können aus mehreren hundert Windturbinen bestehen. Im Windschatten hinter den Anlagen entstehen Nachlaufströmungen mit geringeren Windgeschwindigkeiten und stärkeren Turbulenzen, auch Wakes genannt. Vorgelagert wird der Wind durch Vorstaueffekte reduziert. Anlagen, auf die der Nachlauf trifft, können daher weniger Energie konvertieren und stärker belastet werden – die Turbinen erzeugen weniger Strom und können Schaden nehmen. Diese Wakes können sich – abhängig von den atmosphärischen Bedingungen – mehr als 50 Kilometer lang erstrecken; sie soll das in der Deutschen Bucht gestartete Forschungsprojekt „Interaktion der Nachläufe großer Offshore-Windparks und Windparkcluster mit der marinen atmosphärischen Grenzschicht“ untersuchen, wie Windparks auf See den Wind verändern.

Über einen Zeitraum von drei Jahren sollen Wissenschaftler mit insgesamt 3,4 Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen von X-Wakes untersuchen, wie sich die Windbedingungen in der Deutschen Bucht ändern, wenn Offshore-Windparks großflächig ausgebaut werden. Das Projektteam nutzt dazu die Daten umfangreicher Messkampagnen und hochauflösender Modelle für die Weiterentwicklung von in der Industrie eingesetzten Modellen zur anschließenden Berechnung der Auswirkungen des Offshore-Windenergieausbaus.

August  2015 – MPI: Große Windparks bremsen Wind und Energiegewinnung

„Viel Wind – weniger Energie?“ fragte die Deutsche Welle in einem Artikel über eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena – dessen Forscher gemeinsam mit Experten aus den USA und Frankreich errechnet haben, dass dem Windenergiepotenzial überraschende Grenzen gesetzt sind. Die Nutzung des Winde Bisher galt: Bis zu sieben Watt könnten pro Quadratmeter produziert werden – jetzt (im August 2015) sagen die Jenaer: lediglich gut ein Watt pro Quadratmeter. Die ursprünglichen Daten basierten allein auf Windgeschwindigkeiten. Über ihre Ergebnisse berichten sie in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS). (siehe: „Die Grenzen des Windes“ auf solarify.eu am 25.08.2015)

Die Pläne der Bundesregierung für die Energiewende in Deutschland sehen vor, dass die Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 einen Anteil von mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs decken sollen. Eine wesentliche Säule ist hierbei die Offshore-Windenergie. Offshore weht der Wind konstanter und kräftiger. Doch die für Windenergie nutzbare Fläche in der Deutschen Bucht ist begrenzt, daher werden die Windparks meist in Gruppen, sogenannten Windparkclustern, gebaut. Solche Cluster können aus mehreren hundert Windturbinen bestehen. Im Windschatten hinter den Anlagen entstehen sogenannte Nachlaufströmungen mit geringeren Windgeschwindigkeiten und stärkeren Turbulenzen, während stromaufwärts der Wind durch Vorstaueffekte reduziert wird. Das bedeutet, dass die Anlagen, auf die der Nachlauf trifft, weniger Energie konvertieren und stärker belastet werden. Unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen können sich Nachläufe über Entfernungen von mehr als 50 Kilometern erstrecken.

„In unserem Forschungsprojekt X-Wakes wollen wir diese Nachläufe und andere kumulative Effekte, wie den ‚Global Blockage Effekt‘, genauer untersuchen und herausfinden, wie die Windparkcluster einander beeinflussen und welche Auswirkungen ein großflächiger Ausbau der Offshore-Windparks auf die zukünftigen Windverhältnisse haben wird“, sagt Projektkoordinator Martin Dörenkämper vom IWES. „Mit den Messergebnissen des Projekts wollen wir unsere Computermodelle weiterentwickeln, um mit diesen die Erträge der Windparks für künftige Ausbauszenarien unter realistischen Bedingungen vorhersagen zu können.“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten dabei mit einer Kombination aus einander ergänzenden Methoden. Stationäre Messungen an verschiedenen Standorten in der Deutschen Bucht, z.B. auf Windenergieanlagen, Konverterstationen und den FINO-Langzeitbeobachtungen, liefern kontinuierlich meteorologische Daten und mit Hilfe von satellitenbasierten Fernerkundungsdaten wird die Ausdehnung der Nachläufe großflächig analysiert. „Außerdem liefern Messkampagnen mit einem Forschungsflugzeug in geringer Flughöhe hochaufgelöste meteorologische Daten“, erklärt die wissenschaftliche Sprecherin des Verbundprojektes, Astrid Lampert von der Technischen Universität Braunschweig.

Neben dem Fraunhofer IWES und der Technischen Universität Braunschweig sind fünf weitere Forschungspartner im Verbundprojekt beteiligt: das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Oldenburg mit dem Zentrum für Windenergieforschung (ForWind), die Universität Tübingen, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht sowie die UL International GmbH.

Unterstützt wird das Projektkonsortium durch die assoziierten Partner innogy SE, Vattenfall, RWE Renewables, Nordsee One GmbH und Tennet TSO, die Windparkdaten und den Zugang zu ihrer Offshore-Infrastruktur zur Verfügung stellen. Des Weiteren stehen den Projektpartnern der Deutsche Wetterdienst (DWD) und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) beratend zur Seite.

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