CO2-Emissionen: Kein G20-Staat auf 1,5-Grad-Kurs
Die G20-Staaten stoßen 80 Prozent des Treibhausgases aus. Der eben – unter entscheidender Mitwirkung von Germanwatch – publizierte Brown-to-Green-Report (B2G) 2019 zeigt: Alle 19 Länder (plus EU) sind weit davon entfernt, die Erderwärmung entscheidend zu begrenzen – geschweige denn auf 1,5 Grad. Der Treibhausgas-Ausstoß der 19 Industrie- und Schwellenländer und der Europäischen Union steigt dagegen weiter, so der B2G-Report, den das Netzwerk „Climate Transparency“ kurz vor Beginn der UN-Klimakonferenz COP25 in Madrid veröffentlichte. Im vergangenen Jahr nahmen die Emissionen demnach um 1,8 Prozent zu.
Die Pro-Kopf-Emissionen liegen demnach deutlich über dem Durchschnitt. Deutschland schneidet vor allem in den Bereichen „Verkehr und Gebäude“ im G20-Vergleich schlecht ab. Beim CO2-Ausstoß für das Heizen und Kühlen von Häusern liegt Deutschland dem Bericht zufolge rund 50 Prozent über dem EU-Schnitt und doppelt so hoch wie der G20-Schnitt. Bei Neubauten sind die Standards demnach im Vergleich gut, müssten aber für die Klimaziele noch verschärft werden. Beim Verkehr liegt Deutschland mit seinen Pro-Kopf-Emissionen ebenfalls deutlich über dem G20-Schnitt von 1,13 Tonnen CO2. Ohne Flugverkehr sind es 1,99 Tonnen.
2018 stiegen die globalen Emissionen erneut an, was zeigt, dass immer stärkere Anstrengungen zur Emissionsreduzierung erforderlich sind, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Dies bedeutet, dass die G20-Länder ihre Emissionsziele für 2030 im Jahr 2020 erhöhen und die Minderungs-, Anpassungs- und Finanzierungsmaßnahmen im nächsten Jahrzehnt deutlich verstärken müssen. Der „Brown to Green Report 2019“ zieht eine Bilanz darüber, wo die G20-Länder in Bezug auf 1,5°C-Benchmarks stehen, und zeigt wichtige Möglichkeiten auf, wie die Klimaschutzmaßnahmen in allen Sektoren verbessert werden können.
Der „Brown to Green“-Report 2019 zieht Bilanz der Klimaschutzanstrengungen der G20 Staaten. Die G20 Staaten sind verantwortlich für rund 80 % der globalen Treibhausgasemissionen, ebenso wie für rund 85 % des globalen Bruttoinlandsprodukts. In den G20-Ländern könnten rund 70 % der Auswirkungen des Klimawandels durch eine Limitierung der Erderwärmung auf 1,5°C statt auf 3°C verhindert werden. Die Mitglieder der G20 haben nicht nur eine politische Verantwortung, sondern auch ein wirtschaftliches Interesse sowie die wirtschaftliche Fähigkeit, die Welt auf einen 1,5°C-kompatiblen Weg zu bringen.
Hauptergebnisse des “Brown to Green”-Reports 2019
Aufgrund von starkem wirtschaftlichen Wachstum und wachsendem Energiebedarf stiegen die energiebedingten CO2-Emissionen der G20 im Jahr 2018 um 1,8 %. Die Energieversorgung auf Grundlage von Kohle, Öl und Gas stieg 2018 in mehreren Staaten weiter an. Noch immer sind 82 % des Energiemixes der G20 aus fossilen Brennstoffe. Um 1,5°C kompatibel zu sein, muss dieser Anteil in den G20 bis 2030 auf mindestens 67 %, global bis 2050 auf mindestens 33 % und darüber hinaus langfristig weiterhin sinken.Auch die Fortschritte im Bereich der Energieeffizienz verlangsamten sich in den Volkswirtschaften der G20-Länder im Jahr 2018.
Gegenwärtig bewegt sich kein G20-Staat mit seinen nationalen Klimazielen (NDCs “nationally determined contribution”) im Rahmen des 1,5°C Limits. Mit der jetzigen Zielsetzung wären die Emissionen im Jahr 2030 doppelt so hoch wie für eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C notwendig. Im Angesicht des Umstandes, dass nur ungefähr die Hälfte der G20 Länder voraussichtlich ihre nationalen Klimaziele erreichen oder übertreffen werden, zeigt sich hier ein deutliches Potenzial zu Ambitionssteigerungen im Zuge der NDC-Erhöhung im Jahr 2020.
STROM: Obwohl die Stromerzeugung weltweit vor 2050 dekarbonisiert sein muss, steigen die Stromemissionen der G20 weiterhin (+1,6 % im Jahr 2018). Der höchste Anstieg ließ sich in Indonesien und in der Türkei feststellen – beide Länder expandieren ihre Kohlestrom-Kapazitäten erheblich. Die einzigen Länder mit 1,5°C-kompatiblen Kohleausstiegsplänen sind Frankreich, Italien, Großbritannien und Kanada.
TRANSPORT: Die Transportemissionen der G20 stiegen 2018 um 1,2%; wobei die USA, Kanada und Australien die höchsten pro-Kopf Transportemissionen haben. Der Anteil von 6 % an kohlenstoffarmen Kraftstoffen im Transportmix der G20 müsste sich bis 2050 verzehnfachen, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu reduzieren. In Kanada, Frankreich, Japan und Großbritannien gibt es langfristig progressive Pläne zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor und China verkaufte im Jahr 2018 fast eine Million elektrische Fahrzeuge. Dennoch fehlt es flächendeckend an erfolgreichen politischen Strategien hin zu einem alternativen Verkehrssystem oder für eine Dekarbonisierung des Ladungsverkehrs.
GEBÄUDE: Der Gebäudesektor zeigte von allen Sektoren den höchsten Emissionsanstieg. Unter Einbezug von indirekten Emissionen, verursacht durch den Stromverbrauch in Gebäuden, haben Saudi-Arabien, die USA und Australien die höchsten Gebäudeemissionen pro Kopf. Den höchsten Anstieg in diesem Bereich verbuchten China, Indien und Indonesien. Bis 2030 müssen diese Gebäudeemissionen halbiert werden. Dafür sind Energiesanierungen an bestehenden Gebäuden und die Implementierung von „Nullenergiehäusern“ als Standard für Neubauten notwendig.
VULNERABILITÄT: In den letzten 20 Jahren verursachten Extremwetterereignisse in den G20 Ländern wirtschaftlichen Verluste von 2,65 Billionen US Dollar und rund 264.000 Tote. Unter Berücksichtigung von anderen Klimafolgen wie dem Anstieg des Meeresspiegels würden diese Zahlen noch höher ausfallen. Rund 70 % der zukünftigen Klimafolgen ließen sich durch eine Limitierung der Erderwärmung auf 1,5°C statt 3°C verhindern.
FINANZIERUNG: Die G20 Staaten geben weiterhin Milliarden für Subventionen von fossilen Brennstoffen und für die Finanzierung von Kohlestrom aus. Im Kontrast dazu haben bereits 18 von 20 Staaten der G20 ein System der Kohlenstoffbepreisung (CO2-Preis) implementiert oder befinden sich gerade in der Entwicklung eines solchen Systems. Die Volkswirtschaften der G20 führen vermehrt Strategien und Regulationen im Sinne eines „grünen“ Finanzsystems ein. Interessanterweise sind Schwellenländer im Bereich der politischen Strategien zur Reduktion von klimabedingten Risiken für das Finanzsystem führend.
Über den Report – Der “Brown to Green”-Report ist die weltweit umfassendste jährliche Studie über den Klimaschutz der G20: Er bietet prägnante und vergleichbare Informationen zu Minderung, Finanzierung und Vulnerabilität. Publiziert wird der Report jährlich von „Climate Transparency“, einer internationalen Initiative aus 14 Forschungsorganisationen und NGOs aus der Mehrheit der G20 Länder, darunter zahlreiche aus aufstrebenden Volkswirtschaften. Germanwatch ist einer der Hauptautoren des Reports.
->Quellen: