Svenja Schulzes Haushaltsrede 2019
Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Svenja Schulze, hielt am 26.11.2019 vor dem Deutschen Bundestag in Berlin eine Rede zum Haushaltsgesetz 2020. Das Jahr 2019 sei „das Jahr des Handelns im Klimaschutz“, sagte die Ministerin, klimafreundliches Verhalten werde „einfacher und billiger, klimaschädliches Verhalten wird jetzt Schritt für Schritt teurer und weniger attraktiv“. Dafür wolle die Bundesregierung in vier Jahren 54 Milliarden Euro ausgeben.
„Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich habe Anfang des Jahres gesagt: 2019 muss das Jahr des Handelns im Klimaschutz werden. Auch wenn das Jahr noch ein paar Wochen andauert, glaube ich, kann man jetzt sagen: 2019 ist das Jahr des Handelns im Klimaschutz.
Wir haben jetzt ein Klimaschutzgesetz, wir haben ein Emissionshandelsgesetz, wir haben umfangreiche Änderungen im Steuerrecht, und wir haben nicht zuletzt diesen Haushalt. Das sind alles Schritte, die Deutschland jetzt im Bereich Klima auf Kurs bringen. Es geht natürlich darum, das 2030-Ziel zu erreichen. Wir wollen 2050 klimaneutral sein. Dazu hat der Bundestag bereits ganz wichtige Beschlüsse gefasst. Jetzt ist der Bundesrat am Zug.
Die Grundlinien des Klimapakets sind vollkommen klar: Klimafreundliches Verhalten wird einfacher und billiger, klimaschädliches Verhalten wird jetzt Schritt für Schritt teurer und weniger attraktiv. Dafür nimmt die Bundesregierung richtig viel Geld in die Hand: 54 Milliarden Euro in vier Jahren – 54 Milliarden Euro! –, allein eine Milliarde davon für die Dekarbonisierung der Industrie. Bei allem Respekt, das ist kein Pillepalle. Das ist ein wirklicher Beitrag.
Es ist übrigens auch ein starker Impuls für Innovationen, für eine dauerhaft gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Von einer ehrgeizigen Klima- und Umweltpolitik profitieren nicht erst die kommenden Generationen. Wir alle profitieren schon heute, wenn die Luft sauberer wird, wenn die Städte lebenswerter werden, wenn die Natur mit vielfältigen Landschaften intakter wird. Klimaschutz sichert in Deutschland Wettbewerbsfähigkeit. Er sichert Wertschöpfung. Er sichert Arbeitsplätze in Deutschland. Die Ansiedlung von Tesla in Brandenburg ist ein ganz aktuelles Beispiel. Tesla ist dahin gegangen, wo die sauberen Energien sind. Dem werden weitere folgen. Saubere Energie, zukunftssichere Infrastruktur, nachhaltige Mobilität – das sind Dinge, die inzwischen international zu Wettbewerbsvorteilen werden.
Viele Akteure auf dem Weltmarkt haben das verstanden. Viele Bürgerinnen und Bürger haben das auch verstanden. Immer mehr von ihnen engagieren sich für den Klimaschutz, für eine saubere und gesunde Umwelt, für den Erhalt der Artenvielfalt, für den Ressourcenschutz. Wir sehen das bei den Jugendlichen von Fridays for Future genauso wie bei ganz vielen Unternehmen, die ihre Produkte, die ihre Wertschöpfungsketten auf Nachhaltigkeit ausrichten. Wir sehen das bei Kommunen, die nachhaltig investieren, genauso wie bei denjenigen in der Finanzwirtschaft, die sich inzwischen für nachhaltige Geschäftsmodelle einsetzen. Wir sehen das auch bei allen, die unsere deutsche Exportwirtschaft als Chance zur Verbreitung grüner Technologien begreifen und diese nutzen. Das Umweltministerium unterstützt dieses vielfältige Engagement mit der Nationalen, mit der Europäischen, mit der Internationalen Klimaschutzinitiative und mit der „Exportinitiative Umwelttechnologien“.
All das habe ich, haben wir im Gepäck, wenn wir jetzt zur Weltklimakonferenz nach Madrid fahren, die in der kommenden Woche beginnt. Ich kann dort berichten, dass Deutschland die Weichen für mehr Klimaschutz stellt. Das ist deshalb so wichtig, weil ich in Madrid bei den großen Verursachern von Treibhausgasen – bei China, bei Indien, bei Russland und nach wie vor auch bei den USA – dafür werben will, dass sie sich zu mehr Klimaschutz verpflichten.
Alle UN-Staaten sind aufgefordert, im nächsten Jahr verbesserte Klimaschutzbeiträge vorzulegen. Mehr Ambition – das ist das wichtigste Ziel für die Weltklimakonferenz im nächsten Jahr. Die Konferenz jetzt in Madrid ist ein ganz wichtiger Schritt dahin. Natürlich spielt die EU, spielt die Europäische Union da eine Schlüsselrolle. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, dass die designierte EU-Kommissionspräsidentin das europäische Klimaziel für 2030 erhöhen will.
Deutschland muss sie bei diesem wichtigen Vorhaben unterstützen. Dafür setze ich mich innerhalb der Bundesregierung ein. Das ist einfach auch ein Weg schierer Vernunft. Wer 2050 treibhausgasneutral sein will – das wollen wir –, der kann nicht bei einer Minderung um nur 40 Prozent in 2030 verharren. Dann müssten wir in den folgenden beiden Dekaden je 30 Prozent reduzieren. Das wird wahrscheinlich sehr schwierig werden. Daher bin ich sehr dafür, dass wir das Ganze stetiger angehen und schon 2030 ein höheres Minderungsziel vorsehen.
Wir haben aber nicht nur beim Klimaschutz viel erreicht. Auch auf den anderen Gebieten des Umwelt- und Naturschutzes haben wir in 2019 das Jahr des Handelns, zum Beispiel im Naturschutz mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz, mit dem Ausstiegsplan für Glyphosat und andere Agrargifte, mit dem Masterplan Stadtnatur, mit dem Wildnisfonds, der im nächsten Jahr aufgestockt werden soll. Das alles sind wichtige Signale. Im Kampf gegen überflüssigen Verpackungsmüll handeln wir mit dem Verbot der Plastiktüte, dem europaweiten Verbot von Einwegplastik, mit dem neuen Verpackungsgesetz und dem Förderprogramm für Technologien gegen die Vermüllung der Meere. Auch dafür soll es in den kommenden Jahren mehr Geld geben.
Auf diesen Erfolgen werde ich mich aber nicht ausruhen und werden wir uns nicht ausruhen. Es gibt in der nächsten Zeit noch eine Menge zu tun. Ich werbe weiter für meinen Fünf-Punkte-Plan gegen die Wegwerfgesellschaft. Ich will diesen Plan umsetzen. Dafür will ich das Kreislaufwirtschaftsgesetz reformieren, um die Hersteller von Coffee-to-go-Bechern, Zigarettenkippen und anderen Einwegartikeln an den Reinigungs- und Entsorgungskosten zu beteiligen. Ich will mit dem Handel vereinbaren, die Plastikflut in den Supermärkten einzudämmen, und eine gesetzliche Obhutspflicht einführen, um die systematische Vernichtung von Neuwaren aus dem Onlinehandel und aus dem stationären Handel zu unterbinden.
Ich will Umweltschutz und Landwirtschaft mit Regeln zusammenbringen, die gut für die Natur und gleichzeitig gut für die Landwirtinnen und Landwirte sind. Stichworte sind hier „Umgang mit Gülle und mit Pflanzenschutzmitteln“ sowie „Einsatz von EU-Fördergeldern“. Ich will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 nutzen, um eine neue Dynamik im europäischen Klima- und Umweltschutz auszulösen und die nachhaltige Digitalisierung voranzubringen. Das ist ein ganz wichtiges Thema, das auf der Tagesordnung steht.
Nicht zuletzt will ich, dass wir gemeinsam die Umsetzung des Klimapaketes auch wirklich erfolgreich abschließen: mit einem Kohleausstiegsgesetz und mit Regelungen für die erneuerbaren Energien. Hier ringen wir noch um Lösungen; ja, das stimmt. Wir wollen das 65-Prozent-Ziel auf jeden Fall erreichen. Wir werden den Kompromiss der Kohlekommission umsetzen.
Herzstück des Klimapakets ist das Klimaschutzgesetz. Das ist genau darauf ausgelegt, jedes Jahr zu überprüfen und nachzusteuern. Das ist die Qualität, die wir jetzt haben. Klimaschutz ist jetzt Gesetz, und es wird jedes Jahr überprüft werden, ob wir die Ziele denn auch wirklich einhalten. Das ist eine wirklich neue Weichenstellung, die wir hier vornehmen.
In diesem Haushalt legen wir eine wirklich gute Grundlage dafür, dass künftig jedes Jahr zum Jahr des Handelns im Klimaschutz wird. Ich danke noch mal den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, den Obleuten und natürlich insbesondere den Berichterstatterinnen und Berichterstattern für den Haushalt für die gute Zusammenarbeit. Das waren sehr viele Stunden, aber ich finde, es hat sich wirklich gelohnt. Wir haben etwas Gutes vorangebracht. Ich bitte um die Zustimmung zu diesem Einzelplan und sage noch mal ganz herzlich Danke schön.“