DKK und KDM veröffentlichen Broschüre
Die immer schneller steigenden Meeresspiegel sind ein Grund, warum sich die Weltgemeinschaft auf das Übereinkommen von Paris geeinigt hat. Dessen Umsetzung wird aktuell beim Klimagipfel in Madrid verhandelt. Eine am 10.12.2019 veröffentlichte Broschüre des Deutschen Klima-Konsortiums und des Konsortiums Deutsche Meeresforschung erklärt einer Medienmitteilung folgend die wissenschaftlichen Grundlagen zum Meeresspiegelanstieg und hilft, die Risiken besser einzuschätzen.
Indonesien will seine Hauptstadt von Jakarta nach Borneo verlegen, da die Stadt zu versinken droht. Venedig stand im November dreimal zu großen Teilen unter Wasser, die Pegel stiegen auf mehr als 1,50 Meter. Ereignisse wie diese werden durch die steigenden Meeresspiegel verstärkt. Etwa 680 Millionen Menschen leben in der direkten Umgebung von Küsten oder auf kleinen Inseln. Ihr Leben und auch Überleben hängt unmittelbar von dem Niveau der zukünftigen Meeresspiegel ab: kleine Inselstaaten wie Kiribati, Tuvalu oder Fidschi könnten im Meer verschwinden, Sturmfluten häufiger und höher auflaufen. Um den Klimawandel und damit auch den Meeresspiegelanstieg zu begrenzen, einigte sich die Weltgemeinschaft 2015 auf das Übereinkommen von Paris. Dessen weitere Umsetzung wird derzeit in Madrid auf der 25. Weltklimakonferenz (COP25) verhandelt.
Heutiges Handeln beeinflusst Meeresspiegel bis in die nächsten Jahrhunderte
„Der globale Meeresspiegelanstieg hat sich bereits beschleunigt. Das liegt auch daran, dass die Eisschilde in Grönland und der Antarktis immer schneller abschmelzen. Wie sich der Anstieg in Zukunft entwickeln wird, hängt stark davon ab, wie viele Treibhausgase die Menschheit noch ausstoßen wird. Der Ankündigung von ambitionierteren Klimazielen und einem ‚Grünen Deal für Europa‘ sollten jetzt wirksame Maßnahmen folgen, damit die CO2-Emissionen schnell sinken. Im Moment sind wir auf dem Weg in eine Vier-Grad-Welt mit drastischen Folgen für die nächsten Generationen. Sollte ein sogenannter Kipp-Punkt des Klimas überschritten werden, besteht das Risiko, dass die Eisschilde über die Jahrtausende komplett abschmelzen, selbst wenn die Menschen dann keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Deshalb ist es wichtig, dass wir schnell handeln,“ erklärt Professor Detlef Stammer, Direktor des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg. Stammer leitete die Erstellung der neuen Broschüre „Zukunft der Meeresspiegel“, die das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) und das Konsortium Deutsche Meeresforschung (KDM) heute veröffentlichen.
Broschüre kostenfrei verfügbar
Auf 32 Seiten geben die beiden Wissenschaftsverbände einen verständlichen Überblick zum Anstieg der Meeresspiegel. 14 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Forschungseinrichtungen ordnen gemeinsam die Informationen ein, die immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert werden, und erklären die wichtigsten Zusammenhänge und zugrundeliegenden Prozesse in klaren Worten. Damit bietet die Broschüre Orientierung in Bezug auf plausible Zukunftsszenarien und hilft, die Risiken besser einzuschätzen. Zusätzlich erläutern die Forschenden die Situation an den deutschen Küsten, denn Klimawandel und Meeresspiegelanstieg betreffen auch die Nord- und Ostsee.
Risiken kennen, Küsten schützen
Professor Torsten Schlurmann forscht als Küsteningenieur an der Universität Hannover: „Das größte Risiko stellt nicht der Meeresspiegelanstieg allein dar, sondern seine verstärkende Wirkung bei Sturmfluten. Die Belastung der Küstenschutzbauwerke erhöht sich, Seegang und Wellen nagen an den Küsten, die Erosion nimmt zu. Auf diese zunehmende Belastung müssen wir uns als Gesellschaft vorbereiten und uns daran anpassen. Werden heute etwa neue Infrastrukturen gebaut, sind diese meist mit robusten Schutzsystemen ausgestattet, die den zukünftigen Anstieg bereits berücksichtigen – alte müssen erhöht und verstärkt werden. Es gilt zusätzlich die Leistungen der Natur miteinzubeziehen sowie den natürlichen Küstenraum zu erhalten. Salzwiesen im Vorland entziehen zum Beispiel den Wellen Energie, sodass sie mit weniger Kraft an Land auflaufen. Manche Regionen werden künftig unbewohnbar sein, auch darauf müssen wir uns einstellen“.
Blue COP
Der enge Zusammenhang von Klimawandel und Ozean ist auch eines der Themen in Madrid, weshalb der Klimagipfel in diesem Jahr von manchen „Blue COP“ genannt wird. Einen wichtigen Beitrag stellt unter anderem der Sonderbericht des Weltklimarats über den Ozean und die Kryosphäre (SROCC – siehe solarify.eu/pcc-sonderbericht-ueber-den-ozean-und-die-kryosphaere-in-einem-sich-wandelnden-klima-srocc) dar.
Warum steht Meeresspiegel im Plural? Der Meeresspiegel steigt über den ganzen Globus verteilt nicht gleichmäßig wie in einer Badewanne, sondern es zeigen sich regionale Unterschiede. Deshalb wird in der Wissenschaft häufig im Plural von Meeresspiegeln gesprochen.
->Quellen:
- cen.uni-hamburg.de/broschuere-meeresspiegel
- deutsches-klima-konsortium.de/meeresspiegel
- deutsche-meeresforschung.de/publikationen
Expertinnen und Experten zum Thema Meeresspiegelanstieg
Die Autorinnen und Autoren der Broschüre arbeiten in einer interdisziplinären Strategiegruppe von DKK und KDM zu Ozeanzirkulation und Klima zusammen und forschen an den Mitgliedsinstitutionen der beiden Wissenschaftsverbände. Zusätzlich brachten Kolleginnen und Kollegen aus externen Einrichtungen ihre Expertise ein.
- Prof. Dr. Jürgen Jensen, Forschungsinstitut Wasser und Umwelt, Universität Siegen
- Dr. Birgit Klein, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)
- Prof. Dr. Jürgen Kusche, Institut für Geodäsie und Geoinformation, Universität Bonn
- Prof. Dr. Mojib Latif, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), DKK-Vorstandsvorsitzender
- Prof. Dr. Beate Ratter, CEN – Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit, Universität Hamburg und Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Materialforschung
und Küstenforschung (HZG), Leitautorin des IPCC-Sonderberichts über den Ozean und die Kryosphäre - Prof. Dr. Monika Rhein, Institut für Umweltphysik (IUP) und MARUM – Zentrum für Marine
Umweltwissenschaften, Universität Bremen, DKK-Vorstandsmitglied - Dr. Alessio Rovere, MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
- Prof. Dr. Torsten Schlurmann, Forschungszentrum Küste (FZK) und Ludwig-Franzius-Institut für
Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen, Leibniz Universität Hannover, KDM-Vorstandsmitglied - Prof. Dr. Michael Schulz, MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften,
Universität Bremen - Prof. Dr. Detlef Stammer, CEN – Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit,
Universität Hamburg, KDM-Vorstandsmitglied - Dr. Birger Tinz, Deutscher Wetterdienst (DWD)
- Prof. Dr. Athanasios Vafeidis, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
- Prof. Dr. Martin Visbeck, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), KDM-Vorstandsmitglied - Benno Wachler, Bundesanstalt für Wasserbau (BAW)
IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre
- Offizielle IPCC-Website auf Englisch
- Übersetzungen auf der Website der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle
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