Kritik des BUND
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 20.12.2019 den Netzentwicklungsplan (NEP) 2030 bestätigt und damit dem einseitig ausgerichteten Ausbau des Stromnetzes weiter Vorrang gegeben. Die dem BMWi unterstellte Behörde stärkt einmal mehr die zentralistische, überteuerte und unsoziale Ausbaupolitik für das Energienetz in Deutschland. Sie fördert den fehlerhaften Modellansatz, der den Planungen zu Grunde liegt. Seit langem kritisiert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) diese Art der Netzplanung.
„Leider zeigt sich einmal mehr, dass Bundeswirtschaftsministerium und Netzagentur nur an die großen Stromkonzerne und Übertragungsnetzbetreiber mit großen Leitungstrassen denken und so die Energiewende vor Ort abwürgen“, kritisiert Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender „Statt mehr Zentralismus braucht es lebendige Strukturen vor Ort. Wir fordern eine grundlegend neue Netzplanung basierend auf regionalen flexiblen Strommärkten mit hoher Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger Minimierung des Ausbaubedarfs.“ Mit Blick auf Bundeswirtschaftsminister Altmaier fügt Bandt an: „Nach dem Desaster beim Ausbau der Windenergie legt Altmaier erneut einen Plan vor, der die Dynamik für eine Energiewende mit dezentralen Strukturen bremst.“
Das Modell des Strommarktes in Form eines beliebig freien Stromtransports durch Deutschland, das dem NEP 2030 zugrunde liegt, führt automatisch zu Überdimensionierungen. Es ist der falsche Ansatz: „Statt das Heil in Mammutprojekten und bei Stromkonzernen zu suchen, sollte die Regierung auf regionale Versorgungsstrukturen setzen“, sagt Werner Neumann, Sprecher des Arbeitskreises Energie beim BUND. Dies würde den Ausbaubedarf für Höchstspannungsleitungen deutlich senken und deutlich weniger Umwelteingriffe und Kosten beim Trassenbau verursachen. Der BUND-Energieexperte weiter: „Der Netzausbau kann deutlich geringer ausfallen und somit auf Höchstspannungsleitungen verzichten, wenn statt des zentral ausgerichteten Ausbaus der erneuerbaren Energien ein Ausbau auf dezentraler Ebene erfolgt, begleitet von einem regionalen Ausgleich von fluktuierender Erzeugung aus Wind und Sonne und flexiblen Kraftwerken, Kraft-Wärme-Kopplung und Laststeuerung.“
Sollte der Plan der Regierung unverändert in Kraft treten, bleibt es dabei: Die Interessen großer Energie- und Stromnetzkonzerne werden gesichert und insbesondere Kleinverbraucher werden einmal mehr zur Kasse gebeten. „Die laut Plan auf fast 100 Milliarden Euro gestiegenen Kosten durch Netzausbau Offshore, Offshore-Anbindung, Onshore, Startnetz und Zubaunetz, die sich durch Kapitalkosten noch verdoppeln werden, müssen von vor allem von Privathaushalten und dem Gewerbe über die Netzentgelte getragen werden“, so Neumann. „Gleichzeitig werden Offshore-Stromlieferanten nicht einmal für die durch ihre Projekte verursachten Leitungskosten aufkommen müssen. Das verschafft ihnen nicht akzeptable Vorteile gegenüber Stadtwerken und Bürgerenergie und verschärft die Schieflage weiter. Eine völlig unsoziale Vorgehensweise.“
Der BUND fordert die Bundesregierung auf, diesen Netzentwicklungsplan im Bundeskabinett nicht zu beschließen und dem Bundestag nicht als Bundesbedarfsplan vorzulegen. Bandt: „Der lokale Widerstand gegen viele Leitungsvorhaben zeigt, dass diese Art der Leitungsplanung in Zeiten der Klimakrise der dringend notwendigen Energiewende nicht dient. Der Plan ist völlig überzogen. Er bringt zu große Umwelteingriffe durch den Stromtrassenbau mit sich und ist angesichts hoher Kosten unsozial. Der Bundestag darf diesen Bundesbedarfsplan nicht verabschieden.“
Hintergrund:
Alle vier Jahre legt die BNetzA den Netzentwicklungsplan als Entwurf des Bundesbedarfsplans (BBPL) vor. Dieser vom Bundestag zu verabschiedende BBPL legt das energiewirtschaftliche Erfordernis der Leitungsvorhaben in Gesetzesform fest. Die jetzt erfolgte Bestätigung des NEP führt in den kommenden Wochen dazu, dass die Bundesregierung nach dem Kabinettsbeschluss den Plan dem Bundestag als Bundesbedarfsplan zur Zustimmung vorlegt. Nach einem positiven Bundestagsvotum legt der BBPL die Leitungsplanungen für die nächsten vier Jahre fest. Ebenso wie bei der Erstellung des NEP gibt es keine rechtliche Möglichkeit der Überprüfung des Plans auf Alternativen, also ob nicht mit einem Verteilnetzausbau, besserer regionaler Strommarktregelung, Überwachung von Leiterseilen oder der Umwandlung von Strom in Gase der gleiche Zweck umweltfreundlicher und kostengünstiger erzielt werden kann.
->Quelle: Mailzusendung der BUND-Pressestelle