Globaler Datenverkehr und Fliegen bei Treibhausgas-Emissionen gleichauf
Eigentlich schon ein alter Hut: Im Internet surfen, Webseiten aufrufen, E-Mails verschicken und Filme anschauen – unser Computeralltag ist zu einem mit-entscheidenden Anteil der Klimakrise geworden. Suchanfragen, Skypen oder Streamen belasten das Klima immer stärker. Die digitale Welt verursacht – so spektrum.de – „zwischen 1,7 und – je nach Studie“. Der Prozentsatz könnte bis 2030 auf 8 steigen – Wissenschaftler von Huawei-Schweden sagen gar 23 Prozent voraus (nach bento).
Aus dem Shiftproject
Die weltweiten systemischen Auswirkungen des derzeitigen digitalen Transformationsprozesses zeigen – alle Sektoren zusammengenommen – ein alarmierendes Bild. Der zunehmende digitale Überkonsum ist in Bezug auf seinen Energie- und Rohstoff-Verbrauch nicht nachhaltig. Der digitale Umbruch führt derzeit vielmehr zu einem starken Anstieg des Energie-Fußabdrucks der Informations- und Kommunikationstechnologie. Dieser Fußabdruck – also die aggregierte Energie für Produktion, Nutzung und Entsorgung von Geräten (Server, Netzwerke, Terminals), wächst rasch – um 9 % jährlich. Die überproportionale Nutzung der verfügbaren Elektrizität lässt die Nachfrage nach Stromerzeugung weiter ansteigen, die schon jetzt mit der Dekarbonisierung zu kämpfen hat.
Der Anteil der digitalen Technologien an den weltweiten Treibhausgasemissionen hat sich seit 2013 um die Hälfte erhöht, er wird derzeit (März 2019) auf 2,5 % bis 3,7 % der weltweiten Emissionen geschätzt. Auch die Nachfrage nach sowohl für digitale als auch für kohlenstoffarme Energietechnologien unerlässlichen Rohstoffen, wie seltene und kritische Metalle, steigt. Die explosionsartige Zunahme der Videonutzung (FaceTime, Skype, Streaming usw.) und der steigende Verbrauch von digitalen Geräten mit kurzer Lebensdauer sind Hauptfaktoren dieser Entwicklung. Dadurch steigt die Energieintensität der digitalen Industrie weltweit an. Dieser Anstieg von jährlich 4 % steht in krassem Gegensatz zur Energieintensität des globalen BIP, die derzeit um 1,8 % pro Jahr zurückgeht. So ist der durch die Investition eines Euros in digitale Technologien verursachte direkte Energieverbrauch im Vergleich zu 2010 um 37% gestiegen.
Diese Entwicklung widerspricht dem Ziel des Pariser Abkommens, den Energieverbrauch und den Klimawandel vom BIP-Wachstum zu entkoppeln, weshalb der reale Trend der Digitaltechnik im Gegensatz zu ihrer vermeintlichen Funktion der Entmaterialisierung der Wirtschaft steht. Die CO2-Emissionen der digitalen Technologien sind seit 2013 in den OECD-Ländern um etwa 450 Millionen Tonnen gestiegen, während die globalen CO2-Emissionen im gleichen Zeitraum um 250 Millionen Tonnen CO2 zurückgegangen sind.
Der digitale Stromverbrauch ist stark polarisiert
Digitale Verbrauchsprofile sind extrem kontrastreich. 2018 besaß ein durchschnittlicher Amerikaner 10 digital angeschlossene Geräte und verbrauchte monatlich 140 Gigabyte an Daten, während ein durchschnittlicher Inder nur ein Gerät besaß und monatlich 2 GB verbrauchte. Der digitale Überkonsum ist kein globales Phänomen: Er wird von Ländern mit hohem Einkommen verursacht, für die die größte Herausforderung darin besteht, die Kontrolle über ihre digitale Nutzung zurückzugewinnen. Die erwarteten Auswirkungen des digitalen Wandels auf Wachstum und Produktivität blieben in den entwickelten Ländern in den vergangenen 5 Jahren unsichtbar. Die Wachstumsrate der OECD blieb bei etwa 2% stabil, während das jährliche Wachstum der digitalen Aufwendungen von 3% auf 5% gestiegen ist.
Die zunehmende Datenverarbeitung läuft meist über Großserver in riesigen Rechenzentren. Die arbeiten störungsfrei und am effizientesten bei 22 ° C („…zwischen 16 und 25°“). Die Rechner kühl zu halten, ist eine wesentliche Anforderung an ein Rechenzentrum, auch wenn die Außentemperaturen immer weiter steigen – verursacht aber auch hohe Kosten. An heißen Tagen kann der Stromverbrauch eines Rechenzentrums durchaus um 60 Prozent ansteigen – so viel wie Tausende Einzelhaushalte. Deswegen hat zum Beispiel Facebook sein Datenzentrum an den Polarkreis verlegt, Google nach Finnland. In Deutschland häufen Rechenzentren derweil jährlich fast sechs Millionen Tonnen CO2 an (MDR). Arbeit und Kühlung dieser Rechenzentren verbrauche sehr viel Strom, sagt Energieexperte Staffan Revemann laut MDR: „In Deutschland brauchen das Internet und die Rechenzentren so viel Strom wie die ganze Stadt Berlin. Das Beunruhigende dabei: Wir gehen davon aus, dass sich der Bedarf an Strom für Rechenzentren von 2010 bis 2030 verdreifacht.“ Weltweit rechne man sogar damit, dass man gegenüber 2010 fünfzehn Mal soviel Strom für Rechenzentren brauche. 2018 seien fast 14 Terrawattstunden Strom verbraucht worden. Beim aktuellen Strommix mit sehr viel Kohlestrom hätten wir dadurch fast sechs Millionen Tonnen CO2 verursacht.
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