IEA-Kraftstoff-Bericht bei Weltwirtschaftsforum in Davos vorgestellt
„Öl- und Gasunternehmen stehen vor einer entscheidenden Herausforderung, da die Welt sich zunehmend auf saubere Energien umstellt. Fossile Brennstoffe stellen zwar die kurzfristigen Erträge der Unternehmen sicher, aber wenn diese nicht auf die wachsenden Forderungen nach einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen eingehen, könnte ihre langfristige soziale Akzeptanz und Rentabilität gefährdet sein“, so eine Pressemitteilung der Internationalen Energie Agentur in Paris vom 20.01.2020, deren Untersuchung über die Öl- und Gasindustrie in Zeiten der Energiewende am 21.01.2020 beim Weltwirtschaftsforum präsentiert wurde.
Die Öl- und Gasindustrie müsse deutlich machen, was der Übergang zu sauberen Energien für sie bedeute – und wie sie den Übergang zu sauberen Energien beschleunigen wolle, heißt es weiter. Welchen Weg auch immer die Welt bei ihren Bemühungen um die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs beschreite, die Verschärfung des Klimawandels werde den Druck erhöhen, Lösungen zu finden. Während einige Öl- und Gasunternehmen Schritte unternommen hätten, um die Bekämpfung des Klimawandels zu unterstützen, könne die Industrie insgesamt eine viel bedeutendere Rolle durch ihre technischen Möglichkeiten, ihre finanziellen Ressourcen und ihr Fachwissen im Projektmanagement spielen, so die IEA-Untersuchung.
„Kein Energieunternehmen wird von den Übergängen zu sauberen Energien unberührt bleiben“, sagte Fatih Birol. „Jeder Teil der Industrie muss sich überlegen, wie er darauf reagieren kann. Nichts zu tun ist einfach keine Option.“ Die Landschaft der Öl- und Gasindustrie sei vielfältig, so Birol, es gebe keine einzelne strategische Antwort, sondern eine Vielzahl von Ansätzen, die von den Umständen der einzelnen Unternehmen abhingen.
„Die erste Aufgabe für alle Teile der Industrie ist die Verringerung des ökologischen Fußabdrucks ihrer eigenen Betriebe. Bis heute stammen etwa 15% der weltweiten energiebezogenen Treibhausgasemissionen aus dem Prozess der Förderung von Öl und Gas und dem Transport zum Verbraucher. Ein großer Teil dieser Emissionen kann relativ schnell und einfach reduziert werden, sagte der IEA-Chef.
Energiewende in der Öl- und Gasindustrie – Titel © Internationale Energie Agentur (IEA)
So sei die Verringerung von Methanlecks die wichtigste und kosteneffektivste Möglichkeit für die Industrie, schädliche Emissionen zu reduzieren. Es gebe jedoch noch zahlreiche andere Möglichkeiten, die Emissionsintensität von geliefertem Öl und Gas zu senken, indem man das routinemäßige Abfackeln eliminiere und Erneuerbare Energien und kohlenstoffarmen Strom in neue Upstream- und LNG-Entwicklungen integriere.
„Außerdem können Öl- und Gasunternehmen mit ihrem umfangreichen Know-how und ihren finanziellen Möglichkeiten eine entscheidende Rolle bei der beschleunigten Einführung wichtiger Erneuerbarer Optionen wie der Offshore-Windenergie spielen und gleichzeitig einigen wichtigen kapitalintensiven sauberen Energietechnologien – wie der CO2-Abscheidung, -nutzung und -speicherung sowie dem Wasserstoff – zur Reife verhelfen“, fügte Birol hinzu. „Ohne den Beitrag der Industrie könnten diese Technologien einfach nicht die Größenordnung erreichen, die erforderlich ist, um die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.“
Einige Öl- und Gasunternehmen diversifizierten ihre Energieaktivitäten bereits, und bezögen Erneuerbare Energien und andere kohlenstoffarme Technologien mit ein. Die durchschnittlichen Investitionen von Öl- und Gasunternehmen in Nicht-Kernbereichen seien jedoch bisher auf etwa 1% der Gesamtinvestitionen beschränkt, wobei die größten Ausgaben in die Photovoltaik und die Windkraft flössen. Einige Öl- und Gasunternehmen hätten auch durch die Übernahme bestehender Nicht-Kernbereiche – z.B. in der Stromverteilung, dem Laden von Elektrofahrzeugen und Batterien – diversifiziert und gleichzeitig ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in diese Richtung verstärkt. Insgesamt gebe es jedoch nur wenige Anzeichen für eine groß angelegte Änderung der Kapitalanlagen, die erforderlich ist, um die Welt auf einen nachhaltigen Weg zu bringen.
Eine wesentliche Aufgabe bestehe darin, Investitionen in Kraftstoffe – wie Wasserstoff und moderne Biokraftstoffe – zu erhöhen, welche die Vorteile des Öl- und Gas-basierten Energiesystems – ohne Netto-Kohlendioxidemissionen bieten können. Innerhalb von zehn Jahren müssten diese kohlenstoffarmen Kraftstoffe etwa 15% der Gesamtinvestitionen in die Kraftstoffversorgung ausmachen, wenn die Welt im Kampf gegen den Klimawandel vorankommen soll. In Ermangelung kohlenstoffarmer Brennstoffe würden die Übergänge viel schwieriger und teurer.
Breite Koalition aus Regierungen, Investoren, Unternehmen nötig
„Die Dringlichkeit, Maßnahmen gegen den Klimawandels zu ergreifen, erfordert eine breite Koalition, die Regierungen, Investoren, Unternehmen und alle Player umfasst, die sich wirklich für die Reduzierung der Emissionen einsetzen“, mahnte Birol. „Diese Herausforderung erfordert, dass die Öl- und Gasindustrie fest und voll an Bord ist.“
Kohlenstoffarme Elektrizität werde zweifellos in den Mittelpunkt des künftigen Energiemixes rücken. Allerdings würden Investitionen in Öl- und Gasprojekte auch bei raschen Übergängen zu sauberen Energien weiterhin erforderlich sein. Wenn die Investitionen in bestehende Öl- und Gasfelder vollständig eingestellt würden, würde der Rückgang der Produktion um etwa 8% pro Jahr betragen. Dies sei größer als jeder plausible Rückgang der weltweiten Nachfrage, so dass Investitionen in bestehende und einige neue Felder weiterhin notwendig sein würden.
Einige Firmen könnten es vorziehen, an einer Spezialisierung auf Öl und Gas festzuhalten – und sich möglicherweise mit der Zeit mehr auf Erdgas zu verlagern – solange diese Brennstoffe nachgefragt werden und die Investitionsrenditen ausreichend seien. Allerdings müssten sich diese Unternehmen fragen lassen, ob sie die richtigen Antworten auf neue und allgegenwärtige Herausforderungen zu bieten haben. Besonders hoch sei der Einsatz für die staatlichen Ölgesellschaften, die mit der Verwaltung der Kohlenwasserstoffressourcen der Länder betraut seien – und für ihre staatlichen Eigentümer und die Gastgebergesellschaften, die in der Regel stark von den damit verbundenen Öleinnahmen abhängig seien.
Auf die nationalen Ölgesellschaften entfalle weit über die Hälfte der weltweiten Produktion und ein noch größerer Anteil der Reserven. Einige seien leistungsstark, aber viele seien schlecht aufgestellt, um sich an die sich ändernde globale Energiedynamik anzupassen. Globale Energietrends hätten eine Reihe von Ländern dazu veranlasst, ihre Verpflichtung zu Reformen und zur Diversifizierung ihrer Wirtschaft zu erneuern, und grundlegende Änderungen der Entwicklungsmodelle vieler großer Ressourcenbesitzer schienen unvermeidlich. Nationale Ölgesellschaften könnten in diesem Prozess wichtige Stabilitätselemente für die Volkswirtschaften liefern, wenn sie effektiv arbeiteten und auf die Risiken und Chancen achten würden.
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