Neuartiger Bioreaktor wandelt unter extremen Druck CO2 und H2 in Erdgas um
Ein neuartiger Bioreaktor für die biologische Methanogenese ermöglicht die Produktion von Bio-Methan erstmals unter extrem hohen Druckverhältnissen: Mit bisher unerreichter Effizienz werden CO2 und H2 zu Methan (C2H4) umgewandelt. Die signifikante Steigerung im Vergleich zu herkömmlichen Bioreaktoren (s.u.) verdankt sich Milliarden an extreme Druckverhältnisse gewöhnte von Archäen, die bereits im Erdurzeitalter lebten. Die österreichische Krajete GmbH, die den Bioreaktor konzipierte und nun auch eine erste Pilotanlage errichtete, hat am 23.01.2020 auf diesen Erfolg hingewiesen.
„Unsere Anlage arbeitet mit bisher unerreichten Umsatzraten, da hoher Druck chemische Umsetzungsprozesse beschleunigt“, erläutert Alexander Krajete, Geschäftsführer der Krajete GmbH. „Zusätzlich erfolgt die Gasfermentation der Archäa unter Zugabe von Wasserstoff. Das bewirkt, dass das bei der normalen biologischen Gärung entstehende CO2 zu weiterem Methan umgesetzt wird und nicht wie bei Biomasse-Vergärung als Verunreinigung mitgeliefert wird. Die Anlage schafft also mit hoher Ausbeute fast reines Methan statt ungereinigten Biogases. Basierend auf diesem Prinzip können fast alle CO2-haltigen Emissionsgase direkt veredelt werden.“ Krajete weiter: „Aus dem Chemie-Anlagenbau ist es bekannt, dass höhere Drücke zu höheren Umsatzraten führen. Dieses einfache Konzept auf einen Bioreaktor anzuwenden ist nicht trivial, denn die dort eingesetzten Mikroorganismen müssen diese Druckverhältnisse aushalten können. Und das tun die meisten eben nicht.“
Gezähmte Ur-Mikroben
Die Krajete GmbH griff daher auf ihr langjähriges Know-how mit sogenannten Archäen zurück – einer Gruppe von Mikroorganismen, die seit Milliarden Jahren existieren und heutevor allem dort vorkommt, wo extreme Temperaturen oder Drücke herrschen. Bereits 2013 gelang es, Archäa für die Erdgas-Herstellung zu „zähmen“. Ein Erfolg, den man sich mit fünf Patenten absicherte. Mit der Entwicklung des High Performance Bioreaktors kann nun das volle Potenzial dieses Ansatzes abgeschöpft werden. „Unsere Pilotanlage zeigt, dass wir mit 15 bar Druck über 500 Liter Methan pro Stunde aus nur 10 Litern Flüssigkeit erhalten. Das ist ein weltweit unerreichter Spitzenwert für biosynthetisches Erdgas,“ so Krajete.
Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung waren druckresistente Sensoren, die wesentliche „Vitalparameter“ der Gasfermentation messen (pH, Redoxpotenzial). Diese wurden von einem weltweit führenden Anbieter aus Deutschland speziell für den High Performance Bioreaktor entwickelt. Dazu kam die Erstellung eines speziellen Know-hows wie das Leben unter Hochdruck erhalten und kontrolliert werden kann. Denn keineswegs darf der Druck in der Anlage rasch verändert werden – trotz der Notwendigkeit zu Medienzugabe oder Probenentnahme. Ein rascher Druckwechsel würde die Archäa enorm stressen und zu Leistungsminderung bzw. Absterben führen. Das neue Anlagenkonzept ist nicht nur für Kleinanlagen geeignet, sondern kann auch für Großanlagen angewendet werden.
Das in Pasching bei Linz angesiedelte Unternehmen nutzt die Fähigkeit methanogener Mikroorganismen, auf biologischem Wege Methan aus CO2 und H2 zu erzeugen. So gelingt es, CO2 über das Zwischenprodukt Methan als Rohstoff für eine breite Palette an Anwendungen nutzbar zu machen. Stets im Fokus steht dabei die Idee eines geschlossenen Kohlenstoffkreislaufes.
Vorläufer der mikrobiellen Elektromethanogenese
In der Schweiz ist Ende Mai vergangenen Jahres erstmals mittels Urbakterien erneuerbares Methan erzeugt worden. Wie das Portal powertogas.info der dena am 03.07.2019 mitteilte, wurde auf dem Areal Aarmatt der Regio Energie Solothurn wurde schon am 31.05.2019 mithilfe des von Electrochaea entwickelten Biomethanisierungsprozesses aus erneuerbarem Strom erstmals erneuerbares Methan hergestellt. Nur ein paar Tage später sei bereits die erste Einspeisung ins Gasnetz erfolgt. Von hohem Druck war damals noch nicht die Rede.
Schon am 10.08.2018 meldete Solarify: “Wissenschaftler des amerikanischen Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) haben in Zusammenarbeit mit dem kalifornischen Energieversorger Southern California Gas (SoCalGas) und der Stanford University mit Hilfe von Grünstrom und Mikroben Kohlendioxid direkt in Erneuerbares Erdgas umgewandelt. Ein bayerisches Unternehmen (gemeint war Electrochaea in Planegg bei München) macht etwas Ähnliches.
Die Viessmann-Töchter microbEnergy und Schmack Biogas bauen eben die weltweit größte Power-to-Gas-Anlage zur mikrobiologischen Umwandlung von Wasserstoff zu Biomethan. Siemens liefert die die Elektrolyse-Technologie. Der schweizerische Energieversorger Limeco (Limmattal) startet das Projekt unter den Prämissen der „Energiestrategie 2050“, die für die Eidgenossenschaft auf Atomausstieg, die Reduktion von Treibhausgasen und den Ausbau von Erneuerbarer Energie wie Solar- oder Windkraft setzt. Begonnen hat Viessmann bereits 2012 mit den ersten mikrobiologischen Versuchen.
->Quellen:
- krajete.com/prozessmethanogenese
- pv-magazine.de/klimarettung-a-la-oesterreich-aus-co2-wird-gruenes-gas
- sonnenseite.com/mikroben-aus-der-urzeit-veredeln-co2-mit-hochdruck
- krajete.com/facilities
- solarify.eu/erneuerbares-methan-mittels-urbakterien-hergestellt
- pressetext.com/20120614016
- viessmann.de/Pressetext-09032015-08.docx
- viessmann-newsroom.de/grunes-licht-fur-erste-industrielle-power-to-gas-anlage-im-schweizerischen-dietikon