Industrielle Power-to-Gas-Groß-Anlage in der Schweiz

Deutsche Partner: microbEnergy, Schmack Biogas und Siemens

Die Viessmann-Töchter microbEnergy und Schmack Biogas bauen eben die nach eigenen Angaben weltweit größte Power-to-Gas-Anlage zur mikrobiologischen Umwandlung von Wasserstoff in Biomethan. Siemens liefert die die Elektrolyse-Technologie. Der schweizerische Energieversorger Limeco (Limmattal) startet das Projekt unter den Prämissen der „Energiestrategie 2050“, die für die Eidgenossenschaft auf Atomausstieg, die Reduktion von Treibhausgasen und den Ausbau von Erneuerbarer Energie wie Solar- oder Windkraft setzt.

Siemens-Elektrolyseur (Detail) auf der Intersolar 2018 – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Für Limeco-Geschäftsführer Patrik Feusi ist die PtG-Technologie der Schlüssel für ein regionales umweltfreundliches Energiekonzept: „Wir engagieren uns tagtäglich für die saubere Zukunft. Mit Strom aus unserer Kehrichtverwertungsanlage und dem Klärgas aus unserer Abwasserreinigungsanlage liefern wir die zwei wichtigsten Zutaten im Power-to-Gas-Prozess – und zwar am gleichen Standort! Darum macht das erste Schweizer Hybridkraftwerk genau hier in Dietikon Sinn.“

Nach dem Spatenstich im Frühjahr 2020 soll die Anlage in rund einem Jahr laufen. Für den Bau ist Schmack Biogas verantwortlich. Durch die Verbrennung von erneuerbarem Gas anstelle von Heizöl werden dann jährlich 4-5.000 Tonnen weniger CO2-Emissionen entstehen, was dem Verbrauch von ungefähr 2.000 Haushalten entspricht.

Idealer Standort für Sektorkopplung

Doris Schmack, Geschäftsführerin der microbEnergy, verfolgt mit der Sektorkopplung einen ganzheitlichen Ansatz und ist von den Voraussetzungen des Schweizer Standorts überzeugt: „Limeco ist mit seinen drei Geschäftsbereichen Abfall- und Abwasserentsorgung sowie Wärmeversorgung für ein Energiesystem mit Power-to-Gas prädestiniert. Der bei der Kehrichtverwertung erzeugte Überschussstrom wird zu Wasserstoff umgewandelt und mit Klärgas aus der Abwasserreinigungsanlage gemischt – so entsteht speicherbares erneuerbares Gas.“ Die PEM-Elektrolyseanlage (Proton Exchange Membrane – siehe: solarify.eu/pem) von Siemens verfügt über eine Leistung von insgesamt 2,5 MW kann damit bis zu 450 Nm³/h Wasserstoff erzeugen. Dieser wird dann zusammen mit dem Kohlendioxid aus dem anfallenden Klärgas zu Biomethan umgewandelt.

STORE&GO Solothurn arbeitet seit einem Jahr ebenfalls auf Archäen-Basis

Bereits am 28.01.2019 wurde die sogenannte STORE&GO-Anlage der schweizerischen Regioenergie in Solothurn eingeweiht. Seit Juni 2019 speist die auf der Electrochaea-Technologie basierende Power-to-Gas Anlage erneuerbares Methan in das Schweizer Gasnetz ein. Dafür hat die Anlage kürzlich den Schweizer Energiepreis Watt d’Or vom Bundesamt für Energie erhalten.

Mit der STORE&GO-Anlage leistet die lokale Energieversorgerin Pionierarbeit im Rahmen des Methanisierungsprozesses. Die STORE&GO-Anlage erhält die Rohstoffe für die biologische Methanisierung direkt aus der Nähe: den Wasserstoff aus dem angrenzenden Hybridwerk und das CO2 aus dem Zweckverband der Abwasserregion Solothurn – Emme (ZASE) am Emmenspitz. Im biologischen Methanisierungs-prozess werden unzählige Archaeen – winzige einzellige Urbakterien – eingesetzt, die Wasserstoff zusammen mit Kohlendioxid in Wasser und Methan umwandeln. Rund 700 Billiarden Archaeen sind dafür im Tank der STORE&GO-Anlage im Einsatz. Das so produzierte Methan verfügt über eine identische chemische Zusammensetzung wie Erdgas und kann deshalb unbegrenzt ins Schweizer Erdgasnetz eingespeist werden – ein bedeutender Vorteil gegenüber Wasserstoff, der in der Schweiz lediglich bis zu
2 % beigemischt werden darf.

Power-to-X beginnt bei Viessmann schon 2012

Am Viessmann-Unternehmensstammsitz in Allendorf (Eder) wird schon seit fünf Jahren Methan, das mithilfe eines biologischen Verfahrens aus regenerativem Überschussstrom (z.B. Wind- oder Sonnenstrom) hergestellt wird, ins öffentliche Erdgasnetz eingespeist. Die weltweit erste Anlage ihrer Art ging Anfang März 2015 in Betrieb. Aus überschüssigem Wind- und Solarstrom wird durch Elektrolyse aus Wasser Wasserstoff hergestellt, der direkt genutzt oder in einem zweiten Schritt zusammen mit Kohlendioxid aus einer Biogasanlage auf mikrobiologischem Wege zu Methangas umgewandelt wird. Das Gasnetz in Deutschland hat mit seinen Rohrleitungen und unterirdischen Kavernen eine Speicherkapazität von mehreren Monaten. Der Energieträger kann so über lange Zeit gespeichert und unabhängig vom Ort der Erzeugung zur Stromproduktion, der Wärmeversorgung oder in Erdgasautos als klimafreundlicher Energieträger verwendet werden.

Während in bisherigen Power-to-Gas-Projekten die Methanisierung auf chemisch-katalytischem Weg erfolgte, hat das Viessmann Gruppenunternehmen MicrobEnergy ein in großem Maßstab funktionierendes Verfahren entwickelt, das eine Umwandlung des im Gärprozess in einer Biogasanlage anfallenden Kohlendioxids und des extern zugegebenen Wasserstoffs zu Methan auf mikrobiologischem Weg ermöglichte. Zur Gewinnung des Wasserstoffs wurde ein PEM-Elektrolyseur eingesetzt, der von Carbotech – einem weiteren Viessmann Unternehmen – gebaut worden war. Die biologische Methanisierung zeichnete sich durch eine hohe Flexibilität aus und war damit ideal geeignet, fluktuierende Energiemengen aus Wind- oder Sonnenkraft aufzunehmen. Die eigentliche Methanisierung übernahmen Mikroorganismen, die den in Flüssigkeit gelösten Wasserstoff und das Kohlendioxid durch ihre Zellwand aufnahmen und zu Methan „verdauten“. (Das gilt bis heute.)

Überschussstrom wird zu Methan

Eines der ersten biologisches Verfahren zur Methanherstellung präsentierte der damalige Microbenergy-Geschäftsführer Ulrich Schmack am 13.06.2012 in Berlin (im Rahmen der dena-Strategiekonferenz „Power to Gas“). Schon damals wurde Wasser mittels Überschussstrom aus Windkraft oder Photovoltaik elektrolytisch in Wasser- und Sauerstoff gespalten. Ersterer wurde dann in einem biologischen Verfahren in Methan umgewandelt (methanisiert). Das dazu benötigte Kohlendioxid kann nach wie vor beliebigen Ursprungs sein. Aus energiewirtschaftlichen Gründen biete sich als eine hocheffiziente CO2-Quelle mit großen Synergien der bundesdeutsche Biogaspark an, hieß es damals. Heute gibt es verschiedene Verfahren von Carbon-to-Chem (C2C – siehe solarify.eu/co2-reduzieren) bis Direct Air Capture (DAC – siehe: solarify.eu/co2-aus-der-luft).

->Quellen: