„Green New Deal“ der USA
Die globale Erwärmung müsse umgehend und umfassend angegangen, vermindert und letztendlich gestoppt werden, dabei reiche das Ziel der Klimaneutralität in Industriestaaten bis 2050 bei Weitem nicht aus. Wir bräuchten ganzheitliche Politikkonzepte, welche die großen Emittenten dieser Erde möglichst bis 2030 defossilisieren könnten – schreibt der Energieexperte Hans-Josef Fell in seinem Blog am 24.01.2020. Seit 2018 laufen solche Entwürfe meist unter Etiketten wie „Green New Deal“ (GND). Dieser Begriff und erste Konzepte kämen ausgerechnet aus dem Land, dessen Präsident sich vehement gegen jedes klimapolitische Handeln sträube, den USA.
Angelehnt an den „New Deal“ unter Präsident Roosevelt, der eingeführt wurde, um die Weltwirtschaftskrise der 1920er/30er zu bekämpfen und auf Sozial- und Wirtschaftsreformen setzte, wurde dieser Ansatz nun um „neue“ Ideen erweitert, dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der nachhaltigen Ressourcennutzung. Die Kernpunkte des „Green New Deals“ lauten:
- Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien bis 2035,
- Ausbau eines nachhaltigen öffentlichen Nah- und Fernverkehrs und
- strikte Emissionsreduktion, die sich nicht auf den Emissionshandel verlässt.
Diese Ideen gehen damit weit über das hinaus, was z.B. Deutschland oder die EU vorhaben und bereits als ambitioniert bezeichnen, auf allen Ebenen. Der demokratische Senator Ed Markey und die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez (ebenfalls Demokraten) veröffentlichten im Februar 2019 das erste umfassende Papier, das alle im Green New Deal aufgeführten Maßnahmen enthält.
Mittlerweile schlossen sich viele namhafte Politiker, Organisationen und Einzelpersonen, dem Vorhaben der Realisierung des GND an – unter ihnen die Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz und Paul Krugmann sowie der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, schließlich nahezu 100 Abgeordnete und 15 US-Senatoren. Bedeutend ist hierbei, dass sich sechs der demokratischen Präsidentschaftskandidaten zu dem Green New Deal bekennen. Während drei von Ihnen bereits aufgegeben haben, sind es vor allem zwei der verbliebenen Kandidat, die mit als Favoriten im Rennen um die Präsidentschaftswahl im November 2020 gelten: Bernie Sanders und Elizabeth Warren.
Beide gehören dem links-progressiven Lager der demokratischen Partei an und gelten am ehesten als politische Anti-These zu Donald Trump. Beide haben sich Laufe ihres Wahlkampfes mehrfach für den Green New Deal stark gemacht. Sanders Ziele sind dabei am weitestreichend, so fordert er, die Sektoren Verkehr und Strom bis 2030 vollständig auf Nullemissionen zu bringen. Unter seiner Präsidentschaft, so Sanders, werden die USA „die Welt bei der Umstellung ihres Energiesystems weg von fossilen Brennstoffen anführen, Millionen von Arbeitsplätzen schaffen und eine weniger verschmutzende Gesellschaft schaffen. Das ist etwas, bei dem wir keine Wahl haben.“
Doch auch die andere erfolgversprechende des linken Lagers, Elizabeth Warren macht sich stark für den Green New Deal, sie will den Stromsektor bis 2035 und den Individualverkehr bis 2030 auf 100% Erneuerbare Energien umstellen: “Der Klimawandel stellt eine dringende Bedrohung dar, aber er bietet auch die größte Chance unserer Zeit: die Chance, unsere Wirtschaft mit 100% sauberer Energie wieder aufzubauen und dabei 10,6 Millionen gute, gewerkschaftlich organisierte Arbeitsplätze zu schaffen.”
Neben den vielversprechenden politischen Ansätzen ist auch die US-amerikanische Medienlandschaft vielfältiger als man vermuten könnte. Während der Sender Fox News mit Vorliebe Fake News über die Erderwärmung verbreitet und den menschengemachten Klimawandel immer wieder anzweifelt – ähnlich wie Trump und mit gegenseitiger Unterstützung – stellen andere Medien aktiv die Frage nach echtem Klimaschutz – und wie er erreicht werden kann.
Zu diesen Medien gehören unter anderem die Plattform vox.com und das National Public Radio, kurz NPR. Journalisten beider Medien arbeiten u.a. eng zusammen bei der Produktion von Podcasts. Sowohl die neuste Ausgabe des vox-Podcasts „the impact“ als auch die aktuelle Ausgabe des NPR-Podcasts „planet money“ beschäftigen sich mit der Geschichte der Energiewende.
Zwei der Journalisten haben mich im vergangenen Jahr in meiner Heimatstadt Hammelburg besucht und mit mir genau darüber gesprochen, wie im Laufe der 2000er Jahre der Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland durch das EEG und von Deutschland aus der weltweite Ausbau Fahrt aufnahm. Daher heißen die Podcast-Folgen „Green New Germany“ (vox) und „Der German Green Deal“ (NPR). Im Laufe der Sendungen geht es aber eben auch darum, wie dieser German Green Deal bzw. das EEG zunehmend verschlechtert wurde, durch die steigende Anzahl der von der EEG-Umlage ausgenommenen Unternehmen bis zur Umstellung von der festen Einspeisevergütung zu Ausschreibungen.
Für den Klimaschutz der Welt wird die kommende US Präsidentenwahl eine entscheidende Rolle spielen. Sollten Sanders oder Warren gewinnen, wird die Welt noch eine echte Chance zum Erhalt der menschlichen Zivilisation haben. Mit einer Wiederwahl von Präsident Trump sieht es dagegen sehr düster aus. Wenn dann die USA unter einem demokratischen Präsidenten bzw. einer demokratischen Präsidentin den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben will, finden Sie in den Anfängen des EEG eine gute Grundlage, wie die Umstellung auf 100% Erneuerbare gelingen kann und gleichzeitig können sie aus den deutschen Fehlern lernen, damit der Green New Deal in den USA zum erhofften Erfolg wird – und so einen der größten Emittenten der Welt auf Nullemissionen umstellt.
->Quelle: Hans-Josef-Fell.de/trotz-trump-in-den-usa-grosse-bewegungen-fuer-den-klimaschutz