2018 Reduktion um knapp 36 Millionen Tonnen – vier Prozent weniger Treibhausgase als 2017
Insgesamt 858,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente hat Deutschland 2018 ausgestoßen – 35,9 Mio. t bzw. 4 Prozent weniger als 2017 und 31,4 Prozent weniger im Vergleich mit 1990. Dies zeigen die Ergebnisse der Berechnungen, die das Umweltbundesamt (UBA) laut einer Medienmitteilung an die Europäische Kommission übermittelt hat. Am deutlichsten sind die Emissionen in der Energiewirtschaft zurückgegangen, deutlich weniger dagegen im Verkehr und der Landwirtschaft. „Dennoch scheint Deutschland seine Klimaziele für die Dekade nicht so weit zu verfehlen, wie ursprünglich geschätzt“, schreibt Florence Schulz am 22.01.2020 in EURACTIV.de.
Mit 433,5 Mio. t CO2-Äquivalenten im Nicht-Emissionshandelsbereich überschreitet Deutschland zwar sein Budget aus der Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision, ESD) von rund 425,2 Mio.t für 2018, kann aber in Summe durch angesparte Emissionsrechte aus den Vorjahren sein EU-Ziel auch 2018 erfüllen. Schulz: „Das Lastenteilungsverfahren teilt jedem Mitgliedsstaat gemessen an seiner Wirtschaftsleistung ein CO2-Budget zu, das dem aktuellen Klimaziel der EU in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Kleinindustrieanlagen und Abfall angepasst ist. Deutschland müsse damit für das Jahr 2018 keine Emissionszertifikate von anderen EU-Staaten einkaufen.“ Die offizielle Schätzung für die Emissionen 2019 will das UBA im März 2020 vorstellen.
Für 2017 ergibt sich durch die aktuellen Berechnungen ebenfalls eine Änderung. Von vorher 906,6 Mio. Tonnen reduzieren sich die Emissionen auf 894,3 Mio. Tonnen. Grund sind v.a. die immer erst im Jahr nach der Berichterstattung vorliegende endgültige Energiebilanz (die Datenbasis für einen Großteil der Emissionen des Energiebereichs). In den Grafiken ist dies bereits angepasst.
Erstmals seit 2012 sanken 2018 die Emissionen des Verkehrssektors. Mit fast 164 Mio. t liegen die Emissionen knapp unterhalb des Wertes von 1990 bzw. 3,3 Prozent unterhalb der Emissionen des Jahres 2017. Allein im Straßenverkehr sanken die Emissionen in 2018 im Vergleich zum Vorjahr durch einen verminderten Absatz an Ottokraftstoffen und Diesel um 5,6 Mio. t – und dies, obwohl der Bestand an Pkw weiter gewachsen ist (+1,3 Prozent) und die durchschnittlichen CO2-Emissionen neu zugelassener Pkw zugenommen haben (+1,9 Prozent, von 128 auf 130 g CO2/km). Auch die Fahrleistung von Lkw auf mautpflichtigen Straßen ist 2018 gegenüber 2017 weiter gestiegen (+2,6 Prozent). Der Rückgang der Emissionen dürfte daher vor allem auf die gestiegenen Kraftstoffpreise im Vergleich zum Vorjahr zurückzuführen sein (Benzin: +7 Prozent, Diesel: +11 Prozent). Pkw-Fahrten werden so verstärkt vermieden, die Fahrleistung aller Autos und damit die Emissionen sinken. Beim Lkw-Verkehr dürfte zudem verstärkt im Ausland getankt worden sein. (Am 32.06.2019 sprach das UBA noch von einer Steigerung der Treibhausgas-Emissionen im Verkehrsbereich.)
Schulz: „Andere Zahlen zeichnen jedoch ein Bild, wonach die Deutschen weiterhin an ihren Transportgewohnheiten festhalten: So nahm der Bestand an PKW um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Wie das Kraftfahrtbundesamt jüngst vermeldete, wurden in 2019 dazu erstmals mehr als eine Millionen SUVs in Deutschland verkauft. Kurz vor dem Jahreswechsel hatte der Frankfurter Flughafen außerdem berichtet, erstmals die Rekordmarke von 70 Millionen Passagieren in einem Jahr geknackt zu haben.“Die deutlichsten Minderungen erzielte, wie bereits in 2017, mit 16,3 Mio. t gegenüber dem Vorjahr (- 5,25 Prozent) die Energiewirtschaft (Minderung gegenüber 1990: -30,9 Prozent). Da mehr Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt wurde, der CO2-Preis im Emissionshandel anstieg und Kraftwerke stillgelegt wurden, ging der Einsatz sämtlicher fossiler Energieträger zurück. Den deutlichsten Emissionsrückgang verzeichnete die Steinkohle. Ein Grund war der Dürresommer 2018: Niedrige Wasserstände an den Flüssen führten zu geringeren Transportkapazitäten und damit zu höheren Steinkohlepreisen.
In der Landwirtschaft sanken 2018 die Treibhausgasemissionen ebenfalls deutlich gegenüber dem Vorjahr – um 2,5 Mio. t (-3,8 Prozent, Minderung gegenüber 1990: -19,8 Prozent). Ausschlaggebend waren ein geringerer Einsatz von Mineraldüngern sowie eine Abnahme der Tierbestände. Beides ist vermutlich u.a. durch die Trockenheit 2018 beeinflusst worden. Durch das geringe Pflanzenwachstum wurde weniger gedüngt und es kam in einigen Regionen zum Futtermangel, von dem insbesondere die Rinderbestände betroffen waren. Hinzu kamen eine verschärfte Düngegesetzgebung und die intensive Diskussion über tierschutzrechtliche Standards insbesondere bei der Sauenhaltung. Ob die Effekte dauerhafter Natur sein werden, bleibt abzuwarten.
Der leichte Rückgang im Bereich der industriellen Prozesse um 1,3 Prozent bzw. 0,8 Mio. t im Vergleich zum Vorjahr (Minderung gegenüber 1990: -33,1 Prozent) wurde vor allem durch einen verminderten Einsatz fluorierter Gase bedingt. Aufgrund der europäischen F-Gase Verordnung (517/2014/EG) ist die Verwendung verschiedener fluorierter Gase verboten. Alle anderen Effekte im Bereich Industrieprozesse heben einander auf.
Emissionen nach Treibhausgasen
Mit 88 Prozent dominierte auch 2018 CO2 die Treibhausgasemissionen – größtenteils aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Die übrigen Emissionen verteilen sich auf Methan (CH4) mit 6,1 Prozent und Lachgas (N2O) mit 4,1 Prozent, dominiert durch den Bereich der Landwirtschaft. Gegenüber 1990 sanken die CO2Emissionen um 28,2 Prozent, Methan um 56,6 Prozent und Lachgas um 45 Prozent.
Fluorierte Treibhausgase (F-Gase) verursachen insgesamt nur etwa 1,7 Prozent der Treibhausgasemissionen, haben aber zum Teil sehr hohes Treibhauspotenzial. Hier verläuft die Entwicklung weniger einheitlich: In Abhängigkeit von der Einführung neuer Technologien sowie der Verwendung dieser Stoffe als Substitute sanken die SF6– bzw. FKW-Emissionen seit 1995 um 40,1 bzw. 86,2 Prozent, wohingegen die H-FKW-Emissionen seitdem um 25,5 Prozent anstiegen. Die Emissionen des fluorierten Gases Stickstofftrifluorid (NF3) stiegen auf niedrigem Niveau seit 1995 um 122,1 Prozent an.
Hintergrund: Zielverteilung in den Sektoren außerhalb des EU-ETS
Mit den Rechtsvorschriften zur Zielverteilung wurden für die EU-Mitgliedstaaten verbindliche Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in den Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels für die Zeiträume 2013-2020 (Effort Sharing Decision, ESD) und 2021-2030 (Effort Sharing Regulation, ESR) festgelegt. Diese Ziele betreffen Emissionen aus den meisten Sektoren, die nicht unter das EU-Emissionshandelssystem (ETS) fallen, insbesondere die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, kleine Industrieanlagen und Abfall.
Die nationalen Ziele – für Deutschland eine Minderung um 14 Prozent zwischen 2005 und 2020 und 38 Prozent zwischen 2005 und 2030 – basieren auf dem relativen Wohlstand der EU-Mitgliedstaaten, der durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ermittelt wird. Für die 2030er-Ziele wurde teilweise auch die Kosteneffizienz von Klimaschutzmaßnahmen in den jeweiligen Mitgliedstaaten berücksichtigt. Die Ziele von weniger wohlhabenden EU-Mitgliedstaaten sind weniger ehrgeizig, da sie weniger finanzielle Ressourcen haben, um frühzeitig in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren und es wahrscheinlich ist, dass ihr verhältnismäßig hohes Wirtschaftswachstum vorerst auch zu höheren Emissionen führt.
Die Änderungen gegenüber der veröffentlichten ersten Schätzung der THG-Emissionen für 2018 (siehe Pressemitteilung 09/2019 vom 02.04.2019) gehen auf Aktualisierungen der damals vorliegenden vorläufigen statistischen Informationen zurück.
Anfang Januar 2020 war Agora Energiewende zu dem überraschenden Schluss gekommen, dass die Treibhausgase in diesem Jahr deutlich zurückgegangen waren und sich Deutschland somit unverhofft wieder in Richtung der eigenen Klimaziele für 2020 bewege. Demnach seien rund sechs Prozent weniger Abgase – 811 Mio t – emittiert worden. Das gehe vor allem auf einen gesunkenen Stromverbrauch und weiter auf den gewachsenen Anteil Erneuerbarer Energien auf 43 Prozent zurück, so die Forscher.
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