In Groningen startet Erzeugung klimafreundlichen Wasserstoffs mit grünem Strom aus Mega-Windpark
„Schon einmal haben die Niederländer die europäische Energielandschaft neu sortiert. Damals war es die Entdeckung von Erdgasreserven in Groningen, die das kleine EU-Land auf einmal in die Liga der ganz Großen katapultierte. Jetzt könnte das Land die nächste Energierevolution anstoßen“, schreibt Karin Witsch am 27.02.2020 im Handelsblatt. Am gleichen Tag gab Shell nämlich bekannt, dass „ein Konsortium aus Gasunie, Groningen Seaports und Shell Nederland das NortH2-Projekt starten“ will: Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Erneuerbarem Strom, der von einem Mega-Windpark erzeugt wird – 3 bis 4 Gigawatt 2030.
Damit könnten einige der Ziele des niederländischen Klimaabkommens umgesetzt werden. Darüber hinaus bestehe der „Ehrgeiz, die Leistung bis 2040 auf etwa 10 Gigawatt zu erhöhen“. Die Erzeugung von grünem Wasserstoff, zunächst in Eemshaven und später möglicherweise auch offshore, werde bis 2040 voraussichtlich bei rund 0,8 Millionen Tonnen pro Jahr liegen. Das vermeide etwa sieben Megatonnen CO2 pro Jahr. NortH2 habe die Unterstützung der Provinz Groningen und suche Partner, um das Konsortium zu erweitern und dieses Projekt zu realisieren.
Grüner Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Solarenergie erzeugt wird, ist von zentraler Bedeutung für das niederländische Klimaabkommen und den europäischen „Green Deal“. Derzeit verwendet die Industrie bereits große Mengen Wasserstoff, aber sie werden hauptsächlich aus Erdgas hergestellt. Der Ersatz durch grünen Wasserstoff kann erheblich zur Dekarbonisierung der Industrie beitragen.“
Zunächst sieht NortH2 den Bau komplexer Windparks in der Nordsee vor, die schrittweise auf eine Kapazität von etwa 10 Gigawatt anwachsen können. Dies würde ausreichen, um den derzeitigen Stromverbrauch von rund 12,5 Millionen niederländischen Haushalten zu decken. Dafür müssen viele Windkraftanlagen installiert werden. Die ersten könnten 2027 fertig sein und vollständig für die Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden. Darüber hinaus sieht der Plan den Bau eines großen „Elektrolyseurs“ in Eemshaven vor, der Windenergie in grünen Wasserstoff umwandeln wird. Das Konsortium erwägt auch, Elektrolyse offshore zu betreiben.
Schließlich ist ein intelligentes Verteilnetz in den Niederlanden und Nordwesteuropa erforderlich, um den grünen Wasserstoff hauptsächlich an die Industrie, später aber möglicherweise auch an die Verbraucher zu liefern. In diesem Projekt wird die Erdgasinfrastruktur von Gasunie, die heute hauptsächlich für Erdgas und grünes Gas genutzt wird, auch für die Speicherung und den Transport von Wasserstoff genutzt.
Marjan van Loon, Präsidentin von Shell Nederland: „Wir treten gemeinsam an, um die Niederlande in Sachen Wasserstoff weltweit an die Spitze zu bringen. Darüber hinaus tragen wir mit dem Vorhaben zur Erreichung der Ziele des niederländischen Klimaabkommens bei und beschleunigen somit die Energiewende. Dieses Projekt bietet Möglichkeiten über die gesamte Wasserstoffkette. Darüber hinaus passt es gut zu unseren New Energies-Ambitionen und unseren Ambitionen, neue Wege zu finden, um CO2-Emisionen zu reduzieren und mehr und sauberere Energie zu liefern, zu Hause, unterwegs und bei der Arbeit. Um dieses Projekt realisieren zu können, brauchen wir mehrere neue Partner. Gemeinsam müssen wir Pionierarbeit leisten und innovativ sein, um alle erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zusammenzubringen. Die Energiewende erfordert Mut, Kühnheit und Taten.“
Erste Windkraftanlagen 2027
Das Projekt soll noch in diesem Jahr mit einer Machbarkeitsstudie beginnen – allein der Windpark wird drei bis vier Milliarden Euro kosten. Wenn das Ergebnis stimmt, will das Konsortium bis 2027 den ersten Wasserstoff produzieren. Dies hängt unter anderem von den Genehmigungen der Regierungen, der Vergabe neuer Windparkstandorte in der Nordsee, den verfügbaren Standorten für die Wasserstoffanlage bzw. -anlagen und den endgültigen Investitionsentscheidungen der betroffenen Parteien ab. Die Realisierung hängt daher zum Teil von den Beiträgen verschiedener Industrie- und Energiepartner ab. Die Partner von NortH2 gehen davon aus, dass in den ersten Projektphasen möglicherweise verfügbare europäische und nationale Subventionen für die Dekarbonisierung von Energie erforderlich sein könnten.
Han Fennema, CEO Gasunie: „Die Niederlande haben eine führende Position beim Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft. Wir haben die Nordsee für die Erzeugung von Wind, die Häfen als logistische Drehkreuze, die industriellen Cluster, die den Umstieg auf grüne Moleküle machen wollen, und ein geeignetes Transportnetz. Das kommt im Norden gut zusammen mit Groningen Seaports, wo die Umwandlung in Wasserstoff stattfindet, der Lagerinfrastruktur Zuidwending und einer ambitionierten Provinz. Wenn wir unsere Klimaambitionen verwirklichen wollen, müssen wir rechtzeitig über eine groß angelegte Infrastruktur verfügen. Mit diesen Partnern und hoffentlich bald noch mehr Partnern helfen wir dem Markt, den Übergang zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen.“
Nördliche Niederlande
Der Norden der Niederlande ist gut positioniert, um das Zentrum des grünen Wasserstoffs in den Niederlanden und Nordwesteuropa zu werden. Die Nordsee hat ein erhebliches Potenzial für große Windenergieanlagen, und Eemshaven ist ein wichtiges Bindeglied zwischen offshore produzierter Windenergie und der Erzeugung von grünem Wasserstoff an Land. Die Erdgasinfrastruktur eignet sich für die Speicherung und den großflächigen Transport von Wasserstoff aus den nördlichen Niederlanden in die übrigen Niederlande und Nordwesteuropa.
Nächste Schritte
Diese Ankündigung ist der Beginn der Weiterentwicklung des Multi-Partner-Projekts zu einer breiten Koalition, die für den Erfolg dieses Großprojekts notwendig ist. Es ist auch der Beginn der Machbarkeitsstudien sowie der Diskussion mit den zuständigen europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Behörden über die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, um die erforderlichen Investitionsentscheidungen zu ermöglichen.
Das Handelsblatt zu den Möglichkeiten des Wasserstoffs über die Energiespeicherung hinaus: „Auch synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, lassen sich aus Wasserstoff herstellen, ebenso wie Methanersatz für die heimische Gasheizung. Besonders begehrt ist das vielseitige Molekül in der Industrie, die ihren Wasserstoff heute noch meist aus Erdgas herstellt. Doch die vielversprechende Technologie hat einen Haken: Sie rechnet sich nicht. „Die Erzeugung von grünem Wasserstoff ist heute noch teurer als die Nutzung fossiler Energieträger, aber die Möglichkeiten, jetzt in die Kostensenkungsphase zu kommen, sind da“, glaubt Energie-Experte Christoph Jugel von der Deutschen Energieagentur.“
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