Meinungsverschiedenheiten in Anhörung zum neuen Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude (GEG)
Einhellig haben es – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag – Sachverständige im Rahmen einer Anhörung im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie begrüßt, dass die Bundesregierung die Vorgaben für Gebäude-Energetik in einem Gesetz bündeln will (Energieeinsparungsgesetz, Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wärmegeset). Der Entwurf für das neue Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude (GEG – 19/16716) stößt allerdings auf zahlreiche Einwände.
Maria Hill vom Zentralen Immobilien Ausschuss plädierte dafür, hinsichtlich der energetischen Anforderungen an Neubau und Bestand keine Änderung am Gesetzentwurf vorzunehmen. Dies gelte auch für den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots trage wesentlich dazu bei, die Akzeptanz der Energie- und Wärmewende in der Bevölkerung zu erhalten und zu stärken. Um die Wende sozialverträglich im Gebäudebestand zu ermöglichen, bedürfe es zusätzlicher Fördermittel. Diese sollten einen relevanten Anteil der energiebedingten Kostenanteile an den Gebäuden ausüben.
Michel Durieux kritisierte namens des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, dass der verfolgte Zweck, das Ordnungsrecht zu entbürokratisieren und zu vereinfachen, mit dem Gesetzentwurf nicht erreicht werde. So enthalte er deutlich mehr Paragraphen als die Summe der zusammengefassten Einzelregelungen. Nur ein verständliches Gesetz könne dem, der das Gesetz anwenden muss, angemessen in Schulungsangeboten vermittelt werden. Eine Vereinfachung müsse bei der weiteren Überarbeitung oberstes Ziel sein.
Sandra Rostek vom Bundesverband Bioenergie monierte, dass für Biogas ein Primärenergiefaktor von 1,1 vorgesehen sei. Dies bedeute, bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines Gebäudes oder Wärmenetzes werde die Wärme aus Biogas gleichgesetzt mit der Wärme aus Erdgas, Flüssiggas, Heizöl und Steinkohle und läge nur leicht unter der Wärme aus Braunkohle. Dies widerspreche allen wissenschaftlichen Studien. Biogas werde künstlich schlecht gerechnet. Der Faktor müsse je nach Technologie und Einsatzstoff zwischen 0,1 und 0,3 liegen.
Der Verband kommunaler Unternehmen sieht insbesondere durch die Nutzung von Wärmenetzinfrastrukturen große Potenziale für den Klimaschutz im Gebäudebereich, machte Michael Wübbels klar. Durch Wärmenetze ließen sich sowohl Bestands- als auch Neubaubereiche miteinander verzahnen und erneuerbare Energien und Abwärme zunehmend in die Wärmeversorgung integrieren. Es müsse vermieden werden, dass die Verknüpfung zwischen Bestandsgebäuden und der Nutzung von Wärmenetzen vorschnell abgeschnitten werde. Durch einen ganzheitlichen Ansatz könnten neue Potenziale bei der lokalen Umsetzung der Energiewende gehoben werden. Die Stadtwerke als Energiespezialisten seien schon heute ein gefragter Partner bei Quartierslösungen. Den von ihnen betriebenen Wärmenetzen komme dabei als verknüpfendes Element, das die unterschiedlichen Wärmequellen untereinander und mit den Verbrauchern verbindet, eine besondere Rolle zu. Im GEG sollte daher auch geregelt werden, dass Wärmenetze, die vollständig mit Wärme aus erneuerbaren Quellen oder Abwärmequellen gespeist werden, einen Primärenergiefaktor von Null erhalten. Dadurch werde die politisch angestrebte Integration erneuerbarer Wärme und Abwärme in die Wärmenetze besser angereizt. Dazu sei die Einführung einer anlassbezogenen, verpflichtenden Energieberatung ein richtiger Ansatz.
Professor Lamia Messari-Becker (Universität Siegen) machte klar, dass sich das Ziel der Klimaneutralität im Gebäudebereich durch den Dreiklang von Energieeinsparung, effizienter Technik und den Einsatz erneuerbarer Energien erreichen lässt. Die Zusammenlegung der bestehenden Instrumente in den drei bestehenden Gesetzen könne einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Energieeffizienz mit dem Ausbau erneuerbarer Energien zu verbinden. Sie stellte fest, dass der Gesetzentwurf hinter den Zielen der Bundesregierung zurückbleibe. Dies gelte unter anderem für die zugrunde gelegten Energiestandards sowie die Weiterentwicklung und Verschärfung von energetischen Standards. Klimaneutralität sei so nicht zu erreichen. Der Niedrigstenergiestandard sei nicht Stand der Forschung.
Professor Dirk Müller (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen) meinte, der Gesetzentwurf bleibe hinter seinen Möglichkeiten zurück. Er lenkte den Blick darauf, dass moderne Gebäude über ein Energiemanagementsystem verfügen, mit dem der Betrieb aller Anlagen und die Nutzung lokaler regenerativer Energien optimiert werden kann. Auch Funktionen für einen netzdienlichen Betrieb könnten hier integriert werden, was bei einem zunehmenden Ausbau der Photovoltaik und der Elektromobilität an Bedeutung gewinne. Dieser Bereich solle im GEG berücksichtigt werden. Der energetische Nachweis für Kühlverfahren sollte analog zur Heiztechnik bilanziert werden.
Veit Bürger vom Öko-Institut meinte, die EU-Vorgabe, einen Niedrigstenergiegebäudestandard festzulegen, müsse ambitioniert umgesetzt werden. Ein wenig ambitionierter Standard würde zwar dazu führen, dass die Investitionskosten etwas niedriger ausfallen. Diesem Einmaleffekt stünden jedoch jahrzehntelange höhere Nebenkosten (Heizung und Warmwasser) gegenüber, die gerade Haushalte mit geringem Einkommen besonders belasteten. Dies gelte insbesondere auch mit Blick auf die CO2-Bepreisung, die 2021 ihre Wirkung entfalte. Gebäude müssten „in die Sanierung getrieben werden“.
Henning Ellermann (Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz) kam zu dem Befund, dass der Gesetzentwurf keinen Mehrwert für Klimaschutz biete. Der Entwurf enthalte sogar einige deutliche Aufweichungen im Vergleich mit den bestehenden Anforderungen. Die Überprüfung des Anforderungsniveaus müsse von 2023, wie jetzt geplant, auf 2021 vorgezogen werden. Absehbar sei, dass die EU-Kommission den vorgesehenen Neubaustandard nicht als Niedrigstenergiegebäude akzeptieren werde. Zudem würden weitere Vorschriften und Fristen verletzt.
Tim Bagner von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte an, sowohl der Neubau als auch energetisch sanierter bestehender Wohnraum müsse bezahlbar bleiben. Der Mangel an angemessenem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung dürfe durch erweiterte Anforderungen des GEG nicht verschärft werden. Zum anderen sollten neben der energetischen Verbesserung der Gebäude die Potenziale der Energieversorgung und -nutzung sowie der intelligenten Vernetzung von Geräte- und Netzinfrastruktur einbezogen werden. Diese Ziele erfülle der Entwurf nicht. (hib/FLA)
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