BMVI zu CO2-Ausstoß des Schiffsverkehrs

Treibhausgas-Emissionen: ETS-Ausweitung auf Seeverkehr zuerst analysieren

Im internationalen Warenverkehr verursachen See- und Schienenverkehr geringere Treibhausgas-Emissionen als andere Verkehrsträger. Eine Ausweitung des ETS auf den Schiffsverkehr bedarf einer Analyse. Mit solcherlei Erkenntnissen – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag (hib 239/2020) am 03.03.2020 – beantwortet die Bundesregierung (19/17169) eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/16904). Solarify dokumentiert Fragen und Antworten; letztere fallen mitunter sehr zurückhaltend aus.

Containerhafen Barcelona - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Containerhafen Barcelona – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Zur Verringerung der Treibhausgase seien stets technische und betriebliche Maßnahmen notwendig, heißt es in der Antwort weiter. Der Meeresumweltausschuss der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) habe unter Zustimmung der 174 Mitgliedstaaten der IMO einen Emissionsminderungspfad festgelegt. Dieser stehe im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaübereinkommens. „Die Erarbeitung geeigneter und ergebnisorientierter Maßnahmen zur Umsetzung der Auftaktstrategie zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen der internationalen Seeschifffahrt bildet den aktuellen Schwerpunkt der Tätigkeit der Bundesregierung in diesem Bereich“, heißt es in der Antwort.

Für das Erreichen der Klimaschutzziele, die die Staatengemeinschaft mit dem Abkommen von Paris angenommen haben, sei eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen des gesamten internationalen Seeverkehrs erforderlich. „Eine mögliche Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf den Schifffahrtsbereich müsste zunächst im Hinblick auf die damit erreichbaren konkreten Emissionsreduktionen sowie mittel- und langfristig ausreichende Anreize zur Nutzung kohlenstoffarmer und kohlenstofffreier Kraftstoffe und die damit insgesamt verbundenen Vor- und Nachteile analysiert werden“, schreibt die Bundesregierung. (hib/HAU)

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta,Torsten Herbst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP– Drucksache 19/16904
„Emissionen des internationalen Seeverkehrs“

Vorbemerkung der Fragesteller

Der Seeverkehr ist in den vergangenen Jahrzehnten weltweit kontinuierlich gestiegen. Laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) erfolgen derzeit etwa 90 Prozent des Welthandels auf dem Seeweg. Dabei liegt bei etwa einem Drittel des globalen Schiffsverkehrs der Ziel- oder Abfahrtshafen in der EU. Folglich gehören Nord- und Ostsee zu den am häufigsten befahrenen Weltmeeren (www.bmu.de/themen/luft-laerm-verkehr/verkehr/seeverkehr/).
Aufgrund der niedrigen Klimabilanz ist das Schiff der geeignetste Verkehrsträger für den internationalen Handel, wenn es um die Einsparung von CO2-Emissionen geht (www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/WS/maritimer-umweltschutz.html). Darüber hinaus gibt die International Maritime Organization (IMO) an, die globalen Bemühungen um einen effektiven Klimaschutz durch eine Verringerung ihrer CO2-Emissionen zu unterstützen (www.imo.org/en/MediaCentre/HotTopics/Pages/Reducing-greenhouse-gas-emissions-from-ships.aspx).
Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nun bekannt gegeben, dass sie den Schiffsverkehr in den europäischen Emissionshandel aufnehmen werde. Durch das „cap and trade“ System ist nach Ansicht der Fragesteller dann eine Emissionsreduzierung langfristig im Seeverkehr unausweichlich.

1. Welcher für den internationalen Warenverkehr wichtige Verkehrsträger emittiert nach Kenntnis der Bundesregierung am wenigstens CO2 pro transportierte Tonne?

Das Ziel einer Dekarbonisierung des Verkehrsbereichs betrifft alle Verkehrsträger. Im internationalen Warenverkehr verursachen der Seeverkehr und der Schienenverkehr geringere Treibhausgasmissionen als andere Verkehrsträger.

2. Welche Alternativen sind der Bundesregierung für den Welthandel bekannt, der weniger CO2 emittiert als der Seeverkehr?
Keine. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
3. Wie viel Tonnage wurde von deutschen Reedereien nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren transportiert (bitte pro Jahr aufschlüsseln)?

Der Bundesregierung liegen keine eigenen Kenntnisse über die Tonnage deutscher Reedereien vor.

4. Wie viel CO2 haben deutsche Reedereien nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren emittiert (bitte pro Jahr aufschlüsseln)?
5. Welchen Anteil an den globalen CO2-Emissionen haben deutsche Reedereien nach Kenntnis der Bundesregierung?
6 Welchen Anteil an den CO2-Emissionen in der EU haben deutsche Reedereien nach Kenntnis der Bundesregierung?

Die Fragen 4 bis 6 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
In der Datenbank THETIS-MRV werden die CO2-Emissionen von Schiffen mit mehr als 5000 Bruttoraumzahl veröffentlicht, die während der Fahrten von ihrem letzten Anlaufhafen zu einem Anlaufhafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats und von einem Anlaufhafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zum nächsten Anlaufhafen sowie beim Aufenthalt in einem Anlaufhafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats freigesetzt werden (https://mrv.emsa.europa.eu/#public/emission-report).
Nach Auswertung der Daten durch Verschnitt der öffentlichen Liste nach Art. 21 MRV-Verordnung mit den IMO-Nummern deutschflaggiger Schiffe zum Stichtag 23. August 2019 waren 101 Schiffe unter deutscher Flagge für 2018 berichtspflichtig und haben CO2-Emissionen von 1,8 Millionen Tonnen  berichtet, von insgesamt ca. 138,6 Millionen Tonnen CO2 die in THETIS-MRV berichtet wurden.
Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine weiteren eigenen Kenntnisse vor.

7. Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung mehr CO2 in der Seeschifffahrt eingespart werden?
8. Tut die Seeschifffahrt nach Ansicht der Bundesregierung bereits genug, um CO2-Emissionen einzusparen, und wenn nein, warum nicht?10.Welche Position vertritt die Bundesregierung bezüglich einer CO2-Reduktion im Seeverkehr in der IMO?
[9. fehlt]
11. Sind die Maßnahmen der IMO aus Sicht der Bundesregierung ausrei-chend, um den CO2-Ausstoß zu senken?
12. Wenn nein, welche Maßnahmen sollten nach Ansicht der Bundesregierung darüber hinaus von der IMO ergriffen werden, um den CO2-Ausstoß zu senken?
13. Welche Maßnahmen sollten allgemein nach Ansicht der Bundesregierung ergriffen werden, um den CO2-Ausstoß im Seeverkehr zu senken?

Die Fragen 7, 8 und 10 bis 13 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Zur Verringerung der Treibhausgase sind stets technische und betriebliche Maßnahmen notwendig. Der Meeresumweltausschuss der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) hat unter Zustimmung der 174 Mitgliedstaaten der IMO einen Emissionsminderungspfad festgelegt. Dieser steht im Einklang mit den Zielen des Pariser Übereinkommens. Die Erarbeitung geeigneter und ergebnisorientierter Maßnahmen zur Umsetzung der Auftaktstrategie zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen der internationalen Seeschifffahrt bildet den aktuellen Schwerpunkt der Tätigkeit der Bundesregierung in diesem Bereich.
Im Übrigen wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Fragen Nr. 92 und 93 Bundestagsdrucksache 19/16574 verwiesen.

9. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung für die Einsparung von CO2 ausreichend, den europäischen Seeverkehr in den europäischen Emissionshandel aufzunehmen, und wenn nein, warum nicht?

Für das Erreichen der Klimaschutzziele, die die Staatengemeinschaft mit dem Abkommen von Paris angenommen hat, ist eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen des gesamten internationalen Seeverkehrs erforderlich. Eine mögliche Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf den Schifffahrtsbereich müsste zunächst im Hinblick auf die damit erreichbaren konkreten Emissionsreduktionen sowie mittel- und langfristig ausreichende Anreize zur Nutzung kohlenstoffarmer und kohlenstofffreier Kraftstoffe und die damit insgesamt verbundenen Vor- und Nachteile analysiert werden.

14. Kennt die Bundesregierung die Studie von Transport and Environment zum CO2-Ausstoß des europäischen Seeverkehrs (www.transportenvironment.org/sites/te/files/publications/Study-EU_shippings_climate_record_20191209_final.pdf), und wenn ja, welche Schlüsse zieht sie daraus?

Die Bundesregierung nimmt die Empfehlungen der Studie zur Kenntnis.

15. Erachtet die Bundesregierung den Vergleich des Seeverkehrs mit europäischen Städten als eine valide Quantifizierung von CO2-Emissionen?

Die Bundesregierung legt bei dem Ziel der möglichst weit gehenden Dekarbonisierung des Verkehrsbereichs derartige Vergleiche nicht zugrunde.

16.Sind aus Sicht der Bundesregierung die Emissionen in der Seeschifffahrt mit denen der Kohlevestromung vergleichbar?
17.Wenn ja, warum?
18.Wenn nein, warum nicht?

Die Fragen 16 bis 18 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
In den Jahren 2015 bis 2018 wurden durch die Braun- und Steinkohlekraftwerke in Deutschland folgende Mengen CO2  (in Millionen t) emittiert:

Weltweit wurden in den Jahren 2015 bis 2017 durch Kohlekraftwerke folgende Mengen CO2 (in Gigatonnen) emittiert (www.iea.org/reports/global-energy-and-co2-status-report-2019/emissions#abstract):


CO2-Emissionen bei der Elektrizitätserzeugung aus Kohle und CO2-Emissionen durch die Seeschifffahrt sind vergleichbar; Emissionen anderer Schadstoffe, die örtliche Auswirkungen haben können, unterscheiden sich wegen unterschiedlicher fossiler Energieträger, Verbrennungsprozesse und Abgasreinigungstechniken dagegen stark.

19. Welchen Stellenwert hat für die Bundesregierung die Senkung der CO2-Emissionen im Seeverkehr im Vergleich zum individualisierten Straßenverkehr?
20. Welchen Stellenwert hat für die Bundesregierung die Senkung der CO2-Emissionen im Seeverkehr im Vergleich zu anderen CO2-Emittenten wie z. B. der Kohleverstromung?

Die Fragen 19 und 20 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Nach dem Klimaschutzgesetz sind auch für den Verkehrsbereich jährliche Emissionshöchstmengen festgelegt. Zur Erreichung der Emissionsziele sollte jeder Verkehrsträger einen möglichst hohen Beitrag leisten. Der internationale Seeverkehr ist jedoch nicht Gegenstand der nationalen Gesetzgebung.

21. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus dem Stellen-wert, den sie der Seeschifffahrt beimisst?

Im Hinblick auf den Stellenwert der Seeschifffahrt für den Welthandel engagiert sich die Bundesregierung mit Nachdruck für einen effektiven Klima- und Umweltschutz, um die Seeschifffahrt als nachhaltigen Verkehrsträger weiterzuentwickeln. Weltweit einheitliche Regelungen der IMO gewährleisten einen effektiven Klimaschutz und vermeiden Wettbewerbsverzerrungen.

->Quellen: