Auswirkungen der Corona-Krise auf deutsche Klimabilanz

Abschätzung der Emissionen 2020

Die Treibhausgasemissionen in Deutschland werden 2020 vor allem aufgrund der Corona-Krise um 40 bis 45 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Damit dies kein Einmaleffekt ist, auf den 2021 wieder höhere Emissionen folgen, ist ein grünes Wachstums- und Investitionsprogramm nötig, empfiehlt Agora Energiewende. Eine Einschätzung vom 20.03.2020.

Bildmontage © Gerhard Hofmann für Solarify

Deutschland wird sein Klimaschutzziel für 2020 – eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes um 40 Prozent gegenüber 1990 – voraussichtlich erreichen. Der Grund liegt vor allem in zwei Einmaleffekten: Der milde Winter mit ausgeprägten Winterstürmen hat die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien ansteigen sowie den Strom- und Energieverbrauch zum Heizen sinken lassen.

Hinzu kommen seit Mitte März die Folgen der Corona-Krise, die sich über eine Reihe von Szenarien bereits jetzt für das Gesamtjahr abschätzen lassen. So werden die Emissionen im Verkehrsbereich durch den zurückgegangenen Personenverkehr sinken, ebenso die abnehmende Nachfrage aus der Industrie nach Strom und Erdgas.

„Wir gehen aktuell davon aus, dass der Rückgang der Emissionen bei 40 bis 45 Prozent liegen könnte“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Dies ist aber per se keine gute Nachricht für den Klimaschutz. Denn zum einen werden die Emissionen nach der Krise wieder hochschnellen, zum anderen dürfte es nun zu Zurückhaltung bei klimaschutzrelevanten Investitionen kommen, etwa im Bereich der Erneuerbaren Energien, bei der Gebäudesanierung oder in der Industrie. Wachstums- und Konjunkturpakete, die jetzt geschnürt werden, sollten daher nicht nur die Folgen der Corona-Rezession bekämpfen, sondern sie müssen auch helfen, Deutschland langfristig klimasicher aufzustellen.“ Ein Wachstumspaket, das diese Elemente nicht berücksichtige und blind alte Technologien fördere, sei hier sogar schädlich, weil es höhere Emissionen auf Dauer zementieren würde. „Es ist daher jetzt nötig, dass zügig Konzepte für grüne Investitionsprogramme erarbeitet werden“, fordert Graichen. Damit befindet er sich in guter Gesellschaft mit IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol, der am 18.03.2020 grüne Konjunkturpakete von den Regierungen gefordert hatte (siehe: solarify.eu/iea-plaedoyer-pro-erneuerbare).

Agora Energiewende hat für die Bereiche Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude mögliche Entwicklungspfade der CO2-Emissionen für 2020 abgeschätzt. Im Ergebnis erwartet der Thinktank, dass die Emissionen im Jahr 2020 um mindestens 50 Millionen Tonnen CO2 im Vergleich zu 2019 sinken werden. Je nach weiterem Verlauf der Corona-Krise könnte der Rückgang auch rund 120 Mio. t CO2 betragen, heißt es. Dies bedeute eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 40 bis 45 Prozent gegenüber 1990. In einem mittleren Szenario betrage der Rückgang 80 Mio. t CO2 gegenüber dem Vorjahr beziehungsweise 42 Prozent gegenüber 1990.

Auch ohne die Corona-Krise würden die CO2-Emissionen aufgrund der Effekte der ersten zehn Wochen – warmer Winter, starke Windstromproduktion, niedrige Gaspreise – 2020 sinken, so Graichen. Dieser „Ohne-Corona-Effekt“ mache einen Rückgang von etwa 20 Mio. t CO2 aus. Das allein entspräche einem Rückgang der Emissionen gegenüber 1990 um 37 Prozent. Durch die Corona-Krise kämen insofern 30 bis 100 Mio. t CO2-Minderung hinzu.

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