Bundesrat schlägt Erleichterungen für den Bau neuer Windkraftanlagen vor
Der Bundesrat wollte den Bau neuer Windkraftanlagen erleichtern, doch die Bundesregierung lehnt ab. Damit kommt die Debatte um den Bau erneuerbarer Energien in Deutschland kein Stück voran und verzögert sich noch mehr durch die Corona-Pandemie – schreibt Florence Schulz am 01.04.2020 auf EURACTIV.de.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland droht zu einem Stillstand zu kommen, trotzdem können sich Parteien und Institutionen seit Monaten nicht auf einen Weg aus der Krise einigen. Ein vom Bundesrat vorgelegter Gesetzesentwurf, der den Bau von Windkraftanlagen an Land vereinfachen soll, wurde nun von der Bundesregierung abgelehnt. Das geht aus einer am 30.03.2020 veröffentlichten Antwort der Bundesregierung hervor.
In dem Entwurf, der am 14.02.2020 vom Bundesrat angenommen wurde, fordern die Länder die Aussetzungen von Strafzahlungen für zu spät fertiggestellte Windkraftanlagen. Nach den derzeit geltenden EEG-Regelungen muss der Erbauer einer Windkraftanlage Strafzahlungen, sogenannte Pönalen zahlen, wenn das in einer Ausschreibung gewonnene Windkraftprojekt nicht innerhalb von zwei Jahren in Betrieb geht. Ob die Verzögerung dabei selber verschuldet ist oder nicht, spielt keine Rolle.
Grund der Verzögerung sind oft Klagen gegen Windräder, wie sie inzwischen fast jedes neue Projekt betreffen. Dabei verliert der Projektträger doppelt Geld, denn er muss nicht nur die Gerichtskosten finanzieren, sondern er verliert auch Monate der Förderung aus dem EEG. Die staatlichen Zuschüsse gelten für 20 Jahre, doch die Zeit läuft spätestens 30 Monate, nachdem der Zuschlag in der Auktion erteilt wurde. Die Gerichtsverfahren ziehen sich aber in der Regel über Jahre, in denen die Windräder nicht gebaut werden dürfen.
Der Entwurf, den das Land Nordrhein-Westfalen eingebracht hatte, zielt darauf ab, die Pönalen sowie die 30-Monatsfrist abzuschaffen, da sie zu „massiven finanziellen Unsicherheiten auf Seiten der Bieter“ führen und den Ausbau der Windkraft hemmen, so der Bundesrat.
1.300 Windräder stehen still
Tatsächlich sind die bürokratischen und rechtlichen Hemmnisse ein Grund, weshalb die Windkraft in Deutschland in einer tiefen Krise steckt. Da die Projektierer nur noch in Anlagen finanzieren wollen, die möglichst keine Klage mit sich bringen, werden die staatlichen Ausschreibungen für neue Windparks bei weitem nicht mehr gedeckt. Vergangenen Herbst wurden von den ausgeschriebenen 500 MW nach Angaben der Fachagentur Windenergie an Land nur 187,8 MW vergeben. Insgesamt befinden sich momentan etwa 1.300 Windkraftanlagen im rechtlichen Limbo, da sie genehmigt, aber noch nicht in Betrieb gegangen sind. Vertreter der Windbranche hatten den Vorschlag begrüßt, fordern aber, die juristischen Prüfungen neuer Anlagen und die Möglichkeiten, Klage zu erheben, generell einzuschränken.
Die Bundesregierung hat den Entwurf nun mit der Begründung abgelehnt, dass darin eine Möglichkeit für Projektträger liegt, den Strafzahlungen generell auszuweichen und sich noch weniger an die vorgegebene Zwei-Jahres-Frist zu halten „Das ist nicht im Sinne der Ausschreibung, da die Pönalen als Pfand für eine Realisierung der Zuschläge in der gebotenen Frist dienen“, heißt es in der Begründung.
Man sei sich der Problematik aber bewusst und prüfe, inwiefern das Problem der Rechtsklagen und Strafzahlungen in der angekündigten EEG-Novelle dieses Halbjahr einbezogen werden könnte, schreibt die Bundesregierung.
Windräder sind zum politischen Drehpunkt geworden
Die Windkraft in Deutschland steht, wie andere Anlagen für erneuerbaren Strom, vor einem Dilemma: Denn im kommenden Jahr werden die ersten Anlagen keine staatliche Förderung im Rahmen des EEG mehr erhalten. Eine finanziell solide Weiterführung oder weitere Förderungen existieren bisher nicht, im Gegenteil: Seit Monaten kommt die große Koalition nicht mit ihrem im Klimapaket erneuerten Versprechen voran, die bestehenden Hindernisse abzubauen.
Im Zentrum der Debatte steht vor allem die Begrenzung der Förderung für Solarzellen ab einer Schwelle von 52 GW und die von der Union vorgeschlagene pauschale Abstandsregel für Windränder. Schätzungen des Umweltbundesamtes zufolge würde eine pauschale Regelung von 1000 Metern die mögliche Fläche für neue Windränder in Deutschland allerdings um Hälfte reduzieren und das Ziel unmöglich machen, bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien zu erreichen.
Die Abstandsregelung für Windräder ist zu einem politischen Drehpunkt geworden, da auch andere dringende Entscheidungen, wie der Ausbau der Windenergie auf See und die Errichtung von Elektrolyseanlagen zur Herstellung von Wasserstoff davon abhängig gemacht werden. Besonders die Grünen machen Druck, die bestehenden Hemmnisse für Wind- und Solarenergie aufzuheben und haben im Bundesrat bereits zwei eigene Entwürfe eingereicht.
„Wenn sich die Bundesregierung nicht aus dieser Geiselhaft befreit, wird es bald keine Windindustrie in Deutschland mehr geben und der Solarausbau zum Erliegen kommen“, warnt Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock. Das schade nicht nur dem Klima, sondern auch dem Industriestandort Deutschland.
Corona-Pandemie verzögert Lösung
Doch spätestens seit der Corona-Pandemie steht die Debatte still. Nachdem der Energie-Staatssekretär Andreas Feicht (CDU) noch im Februar angekündigt hatte, die große Koalition werde sich noch im selben Monat auf eine Lösung einigen, wurde das Thema bei einem Bund-Länder-Gipfel am 11.03.2020 vertagt. Wann und inwiefern es zu einer Überarbeitung des EEG kommt, das am 01.04.2020, heute vor 20 Jahren, in Kraft getreten ist, bleibt offen.
Im Bundesrat sieht man die Idee einer generellen Abstandsregelung für Windräder kritisch. In seiner Sitzung Mitte März beschloss der Bundesrat, eine neue Arbeitsgruppe zu dem Thema einzuberufen.
Aber der Coronavirus bedeutet auch eine Entlastung für die Windbranche: Vergangene Woche hatte die Bundesnetzagentur angekündigt, die Strafzahlungen vorläufig auszusetzen.
->Quelle: Euractiv.de/bundesregierung-will-strafzahlungen-fuer-windkraftprojekte-nicht-abschaffen