100 Wasserstofftankstellen bis Ende 2020 – immer noch keine Wasserstoffstrategie
Die nationale Wasserstoffstrategie befinde sich derzeit in der Ressortabstimmung, so die Antwort (19/18992) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/17936) der FDP-Fraktion. Die Regierung rechnet – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag – damit, dass bis Ende des Jahres 100 Wasserstofftankstellen für Autos in Deutschland in Betrieb sein werden. Für dieses und das Folgejahr seien zehn bis 15 Stationen jährlich geplant. Über den weiteren Ausbau könne 2021 in Abhängigkeit von dem bis dahin stattfindenden Fahrzeughochlauf und den weiteren Plänen von Autoherstellern entschieden werden. Die Regierung erwartet, dass das Thema Wasserstoffinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge an Bedeutung gewinnen wird. Projekte für Fahrzeug- und Infrastrukturentwicklung seien gestartet. (hib/PEZ)
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Jung, Frank Sitta,Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 19/17936 –
Einsatzpotential von Wasserstoff im Verkehrssektor
V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r
Angestoßen durch den Klimaschutz nehmen in den letzten Jahren batterieelektrische als auch brennstoffzellenbetriebene Antriebsformen an Bedeutung zu. Es überrascht daher nicht, dass Hersteller wie IVECO beide Modelle für Schwerlastwagen entwickeln (Pressemitteilung IVECO „CNH Industrial und Nikola Motor Company bauen Nikola TRE in Ulm“ vom 6. Februar 2020; abrufbar unter: iveco.com/cnhi-und-nikola-bauen-nikola-tre). Hierbei ist es entscheidend, dass bestimmte Antriebsformen nicht einseitig bevorzugt werden, sondern ein technologieoffener Ansatz gewählt wird. Nur so kann nach Ansicht der Fragesteller das Klimaschutzpotential im Straßenverkehr ausgeschöpft und die Wertschöpfung am Wirtschaftsstandort Deutschland gefördert werden. Daher muss neben Elektromobilität auch Brennstoffantrieben Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Haltung der Bundesregierung hierzu sollte bereits Ende 2019 durch die Nationale Wasserstoffstrategie bekannt gegeben werden. Aktuell ist ein Kabinettstermin im März 2020 im Gespräch. Eine derartige Verzögerung bei einem zukunftsträchtigen Thema kostet wertvolle Zeit. Hinzu tritt, dass auf dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit divergierende Stellungnahmen veröffentlicht worden sind.
1. Soll Wasserstoff übergangsweise aus fossilen Quellen gewonnen werden? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum?
2. Wird eine breite Wasserstoffgesellschaft nach Kenntnis der Bundesregierung möglich, oder werden nur einzelne Sektoren von der Wasserstoffwirt-schaft erfasst? Wenn ja, wie lautet der aktuelle Stand? Wenn nein, warum?
Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Diese Fragen werden im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie adressiert, die sich derzeit noch in der Ressortabstimmung befindet.
3.Werden wasserstoffbasierte Antriebsformen im Straßenverkehr (Pkw, Lkw) gefördert? Wenn ja, wie lautet der aktuelle Stand? Wenn nein, warum?
Wasserstoffbasierte Antriebsformen im Straßenverkehr werden seit Jahren gefördert (siehe hierzu die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 und Tabelle der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Automobile Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Bundes“ auf Bundestagsdrucksache 19/7521). Als aktuell laufende wichtige Projekte bzw. Aktivitäten können genannt werden (siehe zu Details und weiteren Projekten now-gmbh.de/de/bundesfoerderung-wasserstoff-und-brennstoffzelle/projektfinder):
Forschung und Entwicklung und Innovation
- Entwicklung und Fertigungsvorbereitung eines automobilen Hochleistungs-Stacks („AutoStack Industrie“);
- Erforschung alternativer Materialien und Fertigungsprozesse für kosten- und gewichtsreduzierte Druckbehälter aus endlosfaserverstärktem Kunststoff (Delfin);
- Entwicklung und Absicherung der Brennstoffzellen-Komponenten eines hochintegrierten High-Power Brennstoffzellenantriebssystems (FC-KOMP);
- Entwicklung und Erprobung eines Brennstoffzellen-Systems sowie einer mobilen und autarken Betankungseinrichtung im Anwendungsbereich von schweren Nutzfahrzeugen;
- Entwicklung von Abfallsammelfahrzeugen und Kehrmaschinen mit Brennstoffzellenantrieb auf Wasserstoffbasis;
- Entwicklung eines batterieelektrischen Stadtbusses mit Reichweitenverlängerung durch eine Brennstoffzelle.
Marktaktivierung
- Aufruf zur Antragseinreichung zur Förderung von Brennstoffzellenfahrzeugen im ÖPV und in Flotten – Frist 30. Juni 2018,
- Aufruf zur Antragseinreichung zur Förderung von Brennstoffzellenfahrzeugen in Flotten – Frist 31. Januar 2020,
- Aufruf zur Antragseinreichung zur Förderung von Flurförderzeug-Flotten mit Brennstoffzellenantrieb (April/2019) – Frist 31. Juli 2019,
- Aufruf zur Antragseinreichung zur Förderung von öffentlich zugänglichen Wasserstofftankstellen im Straßenverkehr (Mai/2019) – Frist 31. Juli 2019.
Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 und Tabelle der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/7521 wird verwiesen.
4.Wie wird sich die Tankinfrastruktur für Wasserstoff in Deutschland nach Einschätzung der Bundesregierung bis 2025 entwickeln?
Bis Ende 2020 werden mindestens 100 Wasserstofftankstellen (für Pkw; teilweise mit Möglichkeit der Busbetankung) in Deutschland in Betrieb sein. Für die Jahre 2020 und 2021 sind 10 bis 15 Stationen pro Jahr (abhängig von der regionalen Nachfrage) geplant. Über den weiteren Ausbau kann im Jahr 2021 in Abhängigkeit von dem bis dahin stattfindenden Fahrzeughochlauf und den weiteren Plänen der Autohersteller entschieden werden. Ausblick: In den nächsten Jahren wird voraussichtlich das Thema Wasserstoffinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge an Bedeutung gewinnen. Projekte für Fahrzeug- und Infrastrukturentwicklung sind gestartet.
5. Wie hoch wird der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor bis 2030 sein? Strebt die Bundesregierung an, das Ziel von 14 Prozent der Richtlinie(EU) 2018/2001 zu übertreffen? Wenn ja, um wie viel Prozent? Wenn nein, warum?
Die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) erfolgt im Rah-men der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Eine ambitionierte THG-Quote steigert den Anteil für erneuerbare Energien im Verkehr und kann in Kombination mit spezifischen Maßnahmen Anreize für nachhaltige Kraftstoffe im Verkehr schaffen. Die Bundesregierung setzt sich daher zum Ziel, den Mindestanteil erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors im Jahr 2030 signifikant über die EU-Mindestvorgaben hinaus zu erhöhen. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung dazu sind noch nicht abgeschlossen.
6. Welche Forschungsprojekte zu brennstoffzellenbasierten Antriebsformen strebt die Bundesregierung bis 2025 an?
Neben der Weiterentwicklung von Komponenten und Systemen für Brennstoffzellenantriebe und Wasserstoffspeicher (Hauptziel produktions- und produktbezogene Kostenreduzierung) sowie der Integration in verschiedene Fahrzeugklassen (Pkw, NFZ, Busse, LKW, Sonderfahrzeuge, Schiene, Schifffahrt und Flugzeuge) stehen Projekte, die den Hochlauf der Technologie im Hinblick auf Produktionstechnik, Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit der Materialkreisläufe unterstützen können, im Fokus der weiteren Förderung.
7. Strebt die Bundesregierung an, die Produktion von nichtfossilem Wasser-stoff durch Steuererleichterungen oder Umlagen zu subventionieren?
Die Bundesregierung hat mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz die Einführung einer CO2-Bepreisung für fossile Kraft- bzw. Brennstoffe in den Bereichen Verkehr und Wärme beschlossen. Zugleich wird mit den Einnahmen unter anderem die EEG-Umlage auf Strom reduziert. Davon profitieren technologieneutral sämtliche Sektorkopplungstechnologien und damit auch grüner Wasserstoff. Neben der Vielzahl an schon bestehenden Begünstigungen wird die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Nationalen Wasserstoffstrategie weitere Reformen der staatlich induzierten Preisbestandteile prüfen.
8. Welche Energiepartnerschaften strebt die Bundesregierung mit sonnenreichen und windreichen Ländern an, um die Wasserstoffwirtschaft zu fördern?
Die Bundesregierung nutzt bereits heute die schon bestehenden Energiepartnerschaften und andere bilaterale Programme mit sonnen- und windreichen Ländern, z. B. mit Australien, Marokko, Chile, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Südafrika, um die Wasserstoffwirtschaft zu fördern. Sie wird darüber hinaus die Zusammenarbeit mit weiteren Staaten suchen, die über besonders gute Bedingungen für eine nachhaltige Wasserstoffproduktion verfügen.
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