Verkehrsbedingte CO2-Emissionen können bis 3 Millionen Tonnen mehr verursachen
Die infolge der Corona-Pandemie einbrechenden Fahrgastzahlen in Bussen und Bahnen drohen die miserable CO2-Bilanz des Verkehrs weiter zu verschlechtern. Das zeigen Berechnungen einer am 19.05.2020 veröffentlichten und viel beachteten Greenpeace-Kurzstudie. Aus Sorge vor Ansteckungen wollen viele Menschen auch mittelfristig öffentliche Verkehrsmittel meiden. Dadurch könnten allein in den deutschen Metropolen die mit dem Auto zurückgelegten Personenkilometer um 20 Milliarden pro Jahr steigen. Die Folge wären zusätzliche 3 Mio.t CO2-Emissionen.
„Damit Corona nicht auch die Verkehrswende infiziert, müssen Städte jetzt mehr Platz für Radfahrende und Fußgänger schaffen“, sagt Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann. „Mit besseren Rad- und Fußwegen können Städte verhindern, dass Menschen wieder in ihr Auto gezwungen werden. Das ist eine riesige Chance, um beim Umstieg auf sichere, saubere und klimafreundliche Verkehrsmittel voran zu kommen.“
Weltweit nutzen Städte die Corona-Krise, um Straßenraum neu zu verteilen. Brüssel erklärte kürzlich die komplette Innenstadt zur Tempo 20 Zone, Fußgänger und Radfahrer haben Vorrang vor Autos. Mailand und Madrid widmeten zahlreiche Straßen in Fahrrad- und Fußgängerzonen um, damit Menschen sich in sicherem Abstand bewegen können. Auch Berlin sperrte bereits Autospuren ab, um mehr Platz für Fahrradfahrende zu schaffen. Laut einer ebenfalls am 19.05.2020 veröffentlichten Greenpeace-Abfrage unter den zehn größten deutschen Städten, findet das Berliner Beispiel dort bislang keine Nachahmung.
Bundesweite Demonstration für sichere Pop-up Fahrradwege
Gemeinsam mit anderen Umweltverbänden wollen Greenpeace-Ehrenamtliche am 13.05.2020 in mehr als 30 Städten dafür demonstrieren, schnell neue Radwege einzurichten. Die Umweltschützer richten so genannte Pop-up Radwege ein: Dabei wird die rechte Spur einer mehrspurigen Autostraße mit Pylonen abgetrennt und für Radfahrende geöffnet. Städte können auf Basis der Straßenverkehrsordnung solche Umwidmungen vornehmen. „Die rechtlichen Möglichkeiten für sichere Radwege sind da, der Bedarf auch. Was fehlt, ist der politische Wille“, so Tiemann.
Mit seit Jahrzehnten stagnierenden CO2-Emissionen gerät der Verkehr mehr und mehr zum Sorgenkind der deutschen Klimapolitik. Um den CO2-Ausstoß auf den Straßen zu senken, empfahlen vergangene Woche auch die Regierungsberater des Sachverständigenrats für Umweltfragen, Radfahrende und Fußgänger zu stärken und Autoverkehr in Städten unattraktiver zu machen (siehe: solarify.eu/sru-fordert-budgetierung-deutschland-muss-2038-co2-neutral-sein-nicht-erst-2050).
Forderungen
Die Bundesregierung plant derzeit milliardenschwere Konjunkturprogramme, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Förderung klimafreundlicher Verkehrsmittel muss dabei eine maßgebliche Rolle spielen. Damit ein grünes Konjunkturprogramm Wirtschaft und Verkehrswende voranbringt, müssen die Maßnahmen klimafreundliche Mobilität fördern. Greenpeace fordert deshalb:
- Ausbau Radinfrastruktur
Die Bundesregierung kann die Kommunen finanziell unterstützen, indem sie die bisherigen Fördermittel für den Radverkehr im Bundeshaushalt auf 2,8 Milliarden für den Zeitraum 2020 bis 2023 verdoppelt. Neben dem Ausbau von Radwegen sollten die Mittel auch in zusätzliche Forschung über das Potenzial vom Fuß- und Radverkehr als Beitrag zu mehr Lebensqualität und Klimaschutz sowie eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Fuß- und Radverkehrsplanung fließen. - Mobilitätsprämie für alle
Der Kauf von Fahrrädern und anderen klimafreundlichen Mobilitätslösungen muss mit einer Prämie gefördert werden. Mit Hilfe einer Ausweitung des bundesweiten Förderprogramms auch auf private Lastenräder kann der Bund helfen, einen großen Teil der bisher mit dem Auto durchgeführten städtischen Wege zu ersetzen. - Platz für Fuß und Rad
Verkehrsflächen sollten zugunsten von Rad- und Fußwegen umgewidmet werden. Deutsche Städte sollten Beispielen wie Berlin, Brüssel, Mailand oder Paris folgen und schnell Platz vom Autoverkehr nehmen und in mehr Radwege, Fußgängerzonen und Spielstraßen umwandeln. Der Radverkehrsanteil in den zehn größten deutschen Städten könnte so bis 2030 auf 30 Prozent gesteigert werden. - Autoverkehr reduzieren
Mit einer City Maut, weniger Parkplätzen und höheren Parkgebühren kann die Anzahl der Autos und deren Schäden für Gesundheit und Umwelt verringert werden. Um Klimaziele zu erreichen und die Lebensqualität in Städten zu verbessern, müssen langfristig zwei von drei Autos in Städten durch Alternativen ersetzt werden. Die Einführung von autofreien Kiezen kann kurzfristig zur Verkehrsberuhigung und Rückgewinnung von Platz beitragen.
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