Lösung eines Problems schafft ein neues

„Ewige Chemikalien“ entstanden in der Arktis – und wahrscheinlich weltweit

Ein selten zwingendes Beispiel dafür, wie die vermeintliche Beseitigung eines Problems ein neues aufreißt: Eine Eiskernanalyse aus der kanadischen Arktis zeige, dass die Chemikalien, welche die Ozon abbauenden Substanzen (FCKW) ersetzt haben, eine Zunahme nicht abbaubarer Verbindungen in der Umwelt verursacht haben, schreibt Annie Sneed am 12.06.2020 in Scientific American unter Berufung auf einen Aufsatz in den Geophysical Research Letters. Schon vor 15 Jahren hat der WWF die Arktis als „chemische Senke der Erde“ bezeichnet.

„Nicht nur nimmt die chemische Verseuchung der Arktis zu, sondern jetzt tauchen auch moderne Chemikalien in vielen arktischen Arten auf – neben älteren, von denen einige seit über 20 Jahren verboten sind“ (WWF, 17.02.2005).  Jetzt haben Forscher aus den USA und Kanada entdeckt, dass sich in der Region seit den 90er Jahren praktisch unzerstörbare Chemikalien angesammelt haben. Und das Vorkommen dieser „ewigen Chemikalien“ nimmt zweifellos weltweit zu, so die Wissenschaftler um Cora Young, Assistenzprofessorin für Chemie an der York University in Toronto. Und die möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Ökosystemen sind noch längst nicht vollständig bekannt. …

Um herauszufinden, ob sich die scPFCAs nach dem Montrealer Protokoll zu akkumulieren begonnen hatten, entnahmen Young und ihre Kollegen an zwei Orten in der kanadischen Arktis Eisbohrkerne. Solche Proben dienen als Zeitkapseln, sie zeichnen die Chemikalien auf, die aus der Atmosphäre abgeschieden und von den Eisschichten eingeschlossen werden, die sich Jahr für Jahr aufbauen. Die Tiefe der Kerne bedeutete, dass sie mehrere Jahrzehnte abdeckten: einer enthielt 38 Jahre Eis, ein anderer 50 Jahre.

Durch ihre Analyse stellten Young und ihre Kollegen fest, dass die Menge der scPFCAs in der Arktis erheblich zugenommen hat, beginnend 1990 – also genau zu der Zeit, als das Montrealer Protokoll in Kraft trat, heute gar zehnmal so viel wie davor. Durch Computermodellierung und den Vergleich von Trends in der chemischen Produktion kam das Team auch zu dem Schluss, dass die Ersatzchemikalien für FCKW entweder die ausschließliche Ursache für diesen Anstieg oder eine seiner Hauptquellen waren. (Die Forscher fanden heraus, dass die Fluorpolymerindustrie, die Chemikalien für Produkte wie Antihaftpfannen herstellt, eine weitere Quelle für scPFCAs war). Ihre Ergebnisse wurden im April in Geophysical Research Letters veröffentlicht.

Annie Sneeds Fazit in Scientific American:Aus diesen und weiteren Gründen sollten Persistenz und Mobilität bei der Ersetzung einer Klasse von Veredlungschemikalien durch eine andere berücksichtigt werden (Cousins et al., 2019), da dies häufig zu unvorhergesehenen, auf absehbare Zeit anhaltenden Umweltauswirkungen führen kann.“

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