BUND: „Verheerende Zustände vieler Gewässer“
Am 20. Juni ist kalendarischer Sommeranfang und vielerorts sind schon jetzt Trockenheit und niedrige Wasserstände in den Flüssen an der Tagesordnung, die Gewässer in Deutschland sind nicht gegen die Auswirkungen des Klimawandels gerüstet. Angesichts der verheerenden Zustände vieler Gewässer in Deutschland fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einer einer Medienmitteilung vom 15.06.2020 zufolge einen Paradigmenwechsel im Umgang mit unseren Gewässern: Oberstes Prinzip in Zeiten des Klimawandels muss sein, Wasser in der Landschaft zu halten und Bächen und Flüssen ihre natürliche Dynamik innerhalb ihrer Auen zurück zu geben.
Nur knapp acht Prozent der Flüsse und Bäche in Deutschland erreichen den von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderten guten ökologischen Zustand. Knapp 40 Prozent der oberirdischen Gewässer sind europaweit durch vielfältige Stressoren wie Klimawandel, Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft oder Begradigungen belastet. „Wir heizen die Erde weiter auf, gleichzeitig entwässern wir die Landschaft. Deshalb ist es keine Überraschung, dass es unseren heimischen Gewässern so schlecht geht“, betont Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND mit Blick auf eine aktuelle Auswertung des BUND zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Gewässer.
Werden Moore und Auen trockengelegt, trocknet dadurch nicht nur zunehmend die Landschaft aus, sondern riesige Mengen an Treibhausgasen wie CO2 und Methan werden freigesetzt, die wiederum die globale Erwärmung anheizen. Steigt die Lufttemperatur und damit die Wassertemperatur, entweicht außerdem mehr und mehr natürlich vorkommendes Methan aus Gewässern. Bandt: „Methan ist ein gegenüber CO2 25-mal wirksameres Treibhausgas und verstärkt den Klimawandel zusätzlich.“
Die Temperaturentwicklung der vergangenen Jahre ist für die Natur dramatisch. Die Jahre 2014, 2018 und 2019 waren die drei wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung, darunter leiden Gewässer genauso wie Wälder, Tiere und auch die Landwirtschaft. Bandt: „Sinkende Grundwasserstände sowie steigende Wassertemperaturen haben fatale Folgen auf Mensch und Umwelt. Das Fischsterben im letzten Jahr wird nicht das letzte gewesen sein. Deshalb ist es zentral, der Klimakrise entschlossen zu begegnen. Die Bundesregierung muss alles tun, das selbstgesteckte Ziel, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, zu erreichen.“ In Zeiten von Klimakrise und Artensterben müssen Flüsse und Bäche, Teiche und Seen, die Hitze und Trockenheit gut verkraften und es braucht Landschaften, die Wasser zwischenspeichern können. Dies gelingt aus Sicht des Naturschutzverbandes nur, wenn der Gewässerschutz in allen Politikbereichen mitgedacht wird. Mit Blick auf die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft auf Gewässer und die Landwirtschaftskommission fügt Bandt an: „Ich erwarte von Bundesagrarministerin Julia Klöckner, dass sie die Zukunft der Lebensmittelproduktion gestaltet und nicht schon wieder einen naturverträglichen Umbau der deutschen Landwirtschaft verhindert. Das gleiche gilt für Bundesminister Andreas Scheuer, der endlich die Flüsse nicht mehr als nasse Autobahnen betrachten darf, sondern deren Rolle für die Grundwassersicherung für uns alle auch aktiv unterstützen muss.“
Es ist längst überfällig, dass die Bundesregierung den Verpflichtungen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie nachkommt. Dazu gehört ein verbessertes Wassermanagement, fordert Lilian Neuer, BUND-Gewässerexpertin und Mitautorin des Papiers: „Die Landschaft darf mit Drainagen nicht immer weiter entwässert werden, auch versiegelte Flächen in der Stadt leiten Regenwasser lediglich in die Kanalisation ab. Wasser muss aber in der Fläche bleiben, um in trockenen und heißen Zeiten dort zur Verfügung zu stehen, wo es gebraucht wird. Noch gibt es Wasserreserven, doch wir stecken mitten in der Klimakrise – und müssen jetzt handeln.“
In den vergangenen Jahrhunderten wurden zahlreiche Flüsse begradigt und Auen, Sümpfe und Moore trockengelegt. Zurück bleibt eine ausgetrocknete Landschaft, die Regenwasser nicht halten kann und so sinkende Grundwasserspiegel weiter begünstigt. „Gesunde Gewässer sind resistenter und können mit negativen Folgen der Klimakrise besser umgehen“, erklärt Neuer. „Wo möglich, müssen Auen renaturiert werden, denn nur naturnahe, lebendige Auen nehmen in Hochwasserperioden Wasser wie ein Schwamm auf und geben es bei niedrigeren Wasserständen langsam an den Fluss zurück. So kann dann in Zeiten mit geringerem Wasserdargebot die Wasserführung verbessert werden.“
Um die europäische Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen und die Gewässerkrise nachhaltig zu lösen, fordert der BUND:
- Den Flüssen mehr Raum geben statt sie einzudeichen, denn nur so können Aue und Fluss wieder verknüpft und die Biodiversität gestärkt werden. Auen müssen renaturiert werden.
- Wasser in der Landschaft halten statt es direkt abzuleiten, sodass sich die Grundwasserspeicher wieder auffüllen können.
- Flächenversiegelung stoppen, denn besonders in Städten wird das Wasser schnellstmöglich abgeführt und kann nicht versickern.
- Abbau von Querbauwerken, denn das Aufstauen der Flüsse erhitzt das Wasser, verschlechtert die Wasserqualität und versperrt Fischen den Weg, sodass diese ihre Laichgebiete nicht mehr erreichen können.
- Zum Schutz des Grund- und Trinkwassers müssen Vorsorge- und Verursacherprinzip umgesetzt werden, denn nur wenn vorausschauend gehandelt wird, kann die Gewässerqualität verbessert werden. Die Gewässer müssen vor Einträgen von Nähr- und Schadstoffen geschützt werden.
- Wassernutzungskonflikte müssen gerecht und nachhaltig gelöst werden.
- Statt Flüsse für immer größer werdende Schiffe weiter auszubauen und zu vertiefen, müssen die Schiffe an die Flüsse angepasst werden. Es muss überprüft werden, auf welchen Flüssen die Schifffahrt unter sich ändernden klimatischen Verhältnissen überhaupt noch sinnvoll ist.
- Auch in der Landwirtschaft ist ein nachhaltiges Wassermanagement notwendig, das beispielsweise eine bodenschonende Bearbeitung, den Rückbau von Drainagen und den Anbau standortangepasster Kulturen beinhaltet. Die EU-Agrarpolitik muss an die klimawandel-bedingten Herausforderungen angepasst werden.
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