Ostfriesland im Klimawandel: Starkregen, Hochwasser, Sturmflut

Klimawandel-Vorsorge

Durch den Klimawandel steigt der Meeresspiegel und mit ihm die Gefahr der Überflutung für Küsten und Inseln Ostfrieslands. Bislang sind die rund 1,2 Millionen Anwohner zum Beispiel durch Deiche am Meer und Schleusen und Pumpen im Inland vor Überflutungen geschützt. Welchen Bedarf an Schutzmaßnahmen es in Zukunft geben könnte, soll ein jetzt gestartetes, gemeinsames Projekt norddeutscher Einrichtungen und Hochschulen herausfinden. Das BMBF stellt dafür rund 2,3 Millionen Euro zur Verfügung. Koordiniert wird das Projekt WAKOS vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) – Zentrum für Material- und Küstenforschung.

Im Projekt WAKOS – „Wasser an den Küsten Ostfrieslands: Basis für maßgeschneiderte Klimaservices für die Anpassung“ erfolgt eine kombinierte Betrachtung des Küstenschutzes und der Binnenentwässerung. Der Projektkoordinator und HZG-Küstenforscher Ralf Weisse erklärt: „Bereits seit einigen Jahren existieren Forschungsprojekte in Ostfriesland, die sich mit dem Klimawandel und den Folgen für die Region befassen. Die WAKOS-Projektpartner haben sich alle aktiv an dieser Forschung beteiligt und ihre Ergebnisse fließen in dieses neue Verbundprojekt ein.“

So konnte zum Beispiel in einem Vorläuferprojekt gezeigt werden, dass das Anlegen von Wasserrückhalteflächen dabei hilft, Überlastungen der Binnenentwässerung einzudämmen und das Aufsteigen salzhaltigen Grundwassers zu vermeiden. Ebenso wurden Bedingungen für extreme Sturmfluten und der Umgang in der Bevölkerung damit erforscht.

Neben dem HZG zählen zu den Partnern der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz Forschungsstelle Küste (NLWKN-FSK), die Universität Hamburg (UHH), die Universität Oldenburg (UOL) und die Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth (Jade-HS). Die Wissenschaftler untersuchen dazu in fünf Teilprojekten mögliche Strategien im Umgang mit dem Meeresspiegelanstieg, Starkregen, Hochwasser und Sturmflut. Sie untersuchen auch, welche Informationen die Menschen in der Region benötigen und wie Informationen zum Handeln helfen.

Die HZG-Küstenforscher werden in ihrem Teilprojekt Klimamodellrechnungen anpassen und neu berechnen. Die mögliche zukünftige Entwicklung wird dabei in mehreren Szenarien betrachtet. Dazu werden verschiedene Bedingungen des Klimawandels eingegeben (Erhöhung der Temperatur um 1,5 sowie 2, 3 und 4 Grad Celsius) und anschließend Sturmfluten und Seegang simuliert. Erstmals soll das gemeinsame Auftreten extremer Sturmfluten, Starkregenereignissen, kritischer Entwässerungszustände bei steigendem Meeresspiegel, verzögerter Anpassung der Watten und Riffbögen sowie Veränderungen der Süßwasserreservoire der Inseln berücksichtigt werden. Weisse: „Wir werden Klimainformationen für die Küstenschutz-Konzepte zusammenstellen. Zunächst geht es darum, verschiedene Klimawandelszenarien darzustellen und den Bedarf an Information in der Region herauszufinden.“

Prof. Beate Ratter von der Universität Hamburg ist für den sozialwissenschaftlichen Teil des Projekts zuständig. Es gehe darum, den Informationsbedarf der Einheimischen zu analysieren, gemeinsame Strategien mit den Akteuren zu entwickeln und das lokale Wissen für die Forschenden zugänglich zu machen, erklärt sie. „Das ist ein kaum zu überschätzender Datenschatz in einer Region, die seit 1500 Jahren Erfahrung mit dem Küstenschutz hat“.

Die Universität Oldenburg ist mit zwei Arbeitsgruppen im Projekt vertreten: Unter der Leitung der Hydrogeologin Prof. Gudrun Massmann, untersucht ein Team, wie sich die Süßwasservorkommen unter den Inseln aufgrund des Klimawandels verändern und wie sich dies auf die Wasserversorgung der Inseln auswirkt. Mithilfe von Computersimulationen schätzen die Forscher ab, welche Rolle das allmähliche Versalzen des Süßwassers durch den Meeresspiegelanstieg und das plötzliche Versalzen durch Extremereignisse wie Sturmfluten spielen können.

Die Arbeitsgruppe Ökologische Ökonomie, unter der Leitung von Prof.  Bernd Siebenhüner und Leena Karrasch, analysiert, welchen Herausforderungen sich die Modellregion beim Anpassen an den Klimawandel stellen muss. Die Forscher identifizieren und beschreiben die Wechselbeziehungen gesellschaftlicher Prozesse, die mit dem Wandel einhergehen. Um dies zu ermitteln, führen sie unter anderem Experteninterviews und Gespräche in Fokusgruppen. Ziel ist, Konzepte zu entwickeln, die die Anpassungsfähigkeit und die Widerstandskraft der Region insgesamt stärken.

Die Jade-Hochschule leitet das Arbeitspaket „Daten und Modelle“. Hierbei geht es vorrangig darum, die regionalen Wasserhaushalts- und Wassermanagementmodelle für die Anwendung in Ostriesland zu verbessern. Zudem sollen zukünftige hydrologische Klimafolgen bestimmt und Szenarien für das Zielgebiet entwickelt werden. „Besonderer Charme des Projekts ist, dass alle beteiligten Arbeitsgruppen bereits zu verwandten Fragestellungen im Projektgebiet gearbeitet haben“, sagt Helge Bormann, Projektleiter an der Jade Hochschule. „Sie kennen damit die Region und die Akteure bereits gut und können auf vorhandenen Erfahrungen aufbauen.“

Die Forschungsstelle Küste im NLWKN bildet dabei die Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis: Hier werden zielgerichtet zusammen mit den Akteuren in der Region Ostfriesland Informationen und Bedarfe zusammengetragen und konkretisiert. Außerdem untersuchen die Wissenschaftler der Landeseinrichtung die morphologische Reaktionsfähigkeit des Insel- und Küstenvorfeldes auf die innerhalb des Projektverbundes entwickelten Klimaszenarien. „Denn von der Anpassungsfähigkeit der Riffe und Watten unter sich verändernden klimatischen Bedingungen hängt die zukünftige Belastung auf die Deiche, Strände und Dünen ab“, erklärt der Leiter der FSK, Andreas Wurpts.

->Quelle und weitere Informationen: