Weltenergierat veröffentlicht jährlichen Bericht „Energie für Deutschland“
Mit „Energie für Deutschland – Fakten, Perspektiven und Positionen im globalen Kontext“ informiert der Weltenergierat – Deutschland seit 1997 jährlich über aktuelle Fragestellungen der Energiewirtschaft sowie über die Energieentwicklung in der Welt, in Europa und in Deutschland. Dieses Jahr behandelt der Bericht das Schwerpunktthema „Wege in die Klimaneutralität“. Darin wird einer Medienmitteilung vom 22.06.2020 zufolge deutlich: Auch wenn immer mehr Regierungen und Unternehmen das Ziel der Klimaneutralität proklamieren, die wenigsten integrieren negative Emissionstechnologien in diese Strategie. Doch diese sollten eher heute als morgen in den Blick rücken, meint Carsten Rolle, Geschäftsführer des Weltenergierat – Deutschland: „Ohne die Integration von negativen Emissionen in Klimaschutzstrategien werden die Pariser Klimaziele nicht erreichbar sein. Umso drängender ist es für Politik und Gesellschaft, deren Weiterentwicklung und Anwendung zu diskutieren und zu fördern.“
Fokus Klimaneutralität: Immer mehr Länder und Firmen planen klimaneutral zu werden
Klimaneutralität ist bereits im Pariser Klimaabkommen als ein Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß anthropogener Treibhausgasemissionen auf der einen, und dem Abbau der Gase durch Senken auf der anderen Seite. Genau für diese „Senken“ braucht es negative Emissionstechnologien. Auf staatlicher wie auch auf Unternehmensebene verbleiben Treibhausgasemissionen, die kaum oder nur mit einem sehr hohen Kostenaufwand vermieden werden können. Hierdurch entsteht der naturgemäße Bedarf an „negativen Emissionen“, die der Atmosphäre entzogen werden müssen. Hinzu kommt der Bedarf an Kompensation der Emissionen, die durch Zeitverzug in den Klimaschutzbemühungen entstehen. „Je später das Ziel einer vollständigen Vermeidung aller anthropogenen Emissionen erreicht ist, desto höher wird später der Bedarf an negativen Emissionstechnologien bzw. Senken sein“, erklärt Rolle.
„Negative Emissionstechnologien“ werden kaum in Klimastrategien aufgenommen: Frühzeitige Förderung und Anwendung kann zu Wettbewerbsvorteilen führen
Negative Emissionstechnologien wie die der schweizerischen Firma Climeworks stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung (siehe solarify.eu/eine-lanze-fuer-negative-emissionen und solarify.eu/negative-emissionen). Sie unterscheiden sich in den Kosten pro eingesparter Tonne CO2, in ihren physikalischen Grenzen und in ihrem Einfluss auf die Umwelt. Aufforstungen als CO2-Senken sind derzeit die günstigste Variante mit 5-50 USD/t CO2; Direct Air Carbon Capture and Storage (DACCS) ist mit einer Kostenspanne von 100–300 USD/t CO2 heute noch sehr kostspielig. Weitere Technologien sind u.a. Biomasseverstromung mit Carbon Capture and Storage (BECCS), Biokohle zur Anwendung auf dem Boden und die Förderung von Kohlenstoffbindung im Boden durch Biomassewachstum.
Selbst die ambitionierteren nationalen Klimapläne umfassen derzeit nur Maßnahmen zur Vermeidung von Treibausgasemissionen. In wenigen Ländern (z.B. in Schweden und in der Schweiz) spielt der Einsatz von Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS) eine Rolle, allerdings im kleineren Maßstab. Kaum ein Land hat negative Emissionstechnologien in seine Strategien integriert, außer z.B. das Vereinigte Königreich, das sich als weltweit führender Anbieter von CCUS-Technologie in Kombination mit Biomasse positioniert.
Die Analyse zeigt klar: Ohne die Integration von negativen Emissionen in Klimaschutzstrategien werden die Pariser Klimaziele nicht erreichbar sein. Der internationale Austausch auch im Hinblick auf den Handel von Klimaschutzleistung wird hierbei essenziell werden, denn jedes Land hat unterschiedliche geografische und strukturelle Bedingungen für den Klimaschutz. „Die frühzeitige Förderung und Anwendung von negativen Emissionstechnologien durch Entscheider aus Politik und Wirtschaft wird bei einer weiteren Verstärkung der Klimaschutzambitionen auf internationaler Ebene zu Wettbewerbsvorteilen führen,“ so Carsten Rolle.
Als eingefleischter C2C-Fan weist Solarify auch an dieser Stelle wieder auf das Projekt von thyssenkrupp, dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr (MPI CEC) und 16 weiterer Unternehmen und wissenschaftlicher Einrichtungen hin: Bei Carbon2Chem®, in Duisburg bereits am Start, w erden Hüttengase aus der Stahlproduktion als Rohstoffquelle für die chemische Industrie erschlossen. Bei großtechnischer Umsetzung können rund rund 20 Millionen Tonnen der jährlichen CO2-Emissionen der deutschen Stahlbranche wirtschaftlich verwertet werden. Die Technologie ist auch in anderen CO2-intensiven Industrien einsetzbar. Carbon2Chem® wird vom BMBF mit rund 63 Millionen Euro gefördert.
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