EU-Strategie und Industriepartnerschaften vorgestellt
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vizepräsident Frans Timmermans präsentierten am 08.07.2020 gleich zwei Strategien, die den Weg der Europäischen Union in die Energiewelt von morgen vorzeichnen und zugleich wirtschaftliche Impulse für die Zeit nach der Covid-19-Pandemie auslösen sollen. Zum einen die europäische Wasserstoffstrategie (European Hydrogen Strategy), zum anderen das Programm für eine Integration der Energiesysteme. Beide Konzepte hängen zusammen.
Die EU-Kommission will Europa zu einem Vorreiter beim Einsatz von Wasserstoff als Energieträger machen. Vor allem mit grünem Wasserstoff soll die europäische Industrie nach dem Willen der Kommission langfristig klimaneutral werden. In einer Übergangszeit sollen aber auch andere Herstellungsformen mit fossilen Energieträgern gefördert werden. Die EU will mit einer Allianz für sauberen Wasserstoff („European Clean Hydrogen Alliance“) Milliarden-Investitionen und eine Million neue Jobs anstoßen. Der Anteil von Wasserstoff im europäischen Energiemix könnte in den nächsten 30 Jahren von heute etwa zwei auf 13 bis 14 Prozent steigen, heißt es in Brüssel. Das Papier zur Integration der Energiesysteme enthält eine Reihe konkreter Pläne, etwa Vorschläge für eine Revision der EU-Energiesteuer an mit dem Ziel, diese an die EU-Umwelt- und Klimapolitik anzupassen und die Besteuerung für Produktion und Speicherung von Wasserstoff zu harmonisieren.
Aus der EU-Medienmitteilung: „Mit den beiden Strategien wird im Einklang mit dem Aufbaupaket „Next Generation EU“ der Kommission und dem europäischen Grünen Deal eine neue Investitionsagenda für saubere Energie vorgestellt. Die geplanten Investitionen haben das Potenzial, die wirtschaftliche Erholung von der Coronavirus-Krise anzukurbeln. Sie schaffen Arbeitsplätze in Europa und stärken unsere Führungsrolle und Wettbewerbsfähigkeit in strategischen Wirtschaftszweigen, die für die Resilienz Europas von entscheidender Bedeutung sind.
Integration des Energiesystems
Die EU-Strategie zur Integration des Energiesystems bildet den Rahmen für die Energiewende. Mit dem derzeitigen Modell, bei dem der Energieverbrauch im Verkehr, in der Industrie, im Gas- und im Gebäudesektor in „Silos“ mit jeweils getrennten Wertschöpfungsketten, Vorschriften, Infrastruktur, Planung und Betrieb erfolgt, kann Klimaneutralität bis 2050 nicht auf kosteneffiziente Weise erreicht werden. Die sich ändernden Kosten innovativer Lösungen müssen sich in der Art und Weise widerspiegeln, in der wir unser Energiesystem betreiben. Es müssen neue Verbindungen zwischen den Sektoren geschaffen und der technologische Fortschritt genutzt werden.“
Laut Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans könne „die neue Wasserstoff-Wirtschaft ein Wachstumsmotor werden, um die wirtschaftlichen Schäden durch Covid-19 zu überwinden“. Wasserstoff könne auch als Speicher für volatilen Sonnn- und Windstrom genutzt werden. Wasserstoff könne den Ausstieg aus fossilen Energieträgern in der Industrie, dem Verkehr, bei der Energieerzeugung und der Versorgung von Häusern unterstützen, erklärte die Kommission. Sie sieht die Wasserstoff-Strategie als Teil ihres „Green Deal“, der vorsieht, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen.
Paul van Son, Dii-Desertenergy-Chef, zeigt sich sehr zufrieden: „Der Geist der Desertec 3.0-Vision der Dii ist jetzt sogar von der Europäischen Kommission übernommen worden, wie von ihrem EVP Frans Timmermans bestätigt wurde, und mit der phänomenalen Ankündigung von NEOM, ACWA Power und AirProducts für grünen Wasserstoff. Ganz gleich, was uns die täglichen Themen sagen, in Bezug auf MENA befinden wir uns definitiv mitten in einem historischen Wandel in der Rolle und Position dieser riesigen Wüste und energiereichen Region“.
Brüssel will beim Wasserstoff in drei Phasen vorgehen: Bis 2024 soll die Produktion von sauberem Wasserstoff auf eine Million Tonnen und bis 2030 auf 10 Mio. t steigen. Zwischen 2030 und 2050 soll mit Erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff dann in großem Umfang zur Verfügung stehen. Derzeit werden nach EU-Angaben 9,8 Millionen Tonnen Wasserstoff in Europa produziert, vor allem unter klimaschädlichem Einsatz fossiler Energieträger.
Wasserstoff sei „keine Wunderwaffe“ auf dem Weg zur Klimaneutralität, könne aber dazu beitragen, räumte ein EU-Vertreter folglich ein. Wichtiger sei daher aus Sicht der Kommission, die Stromproduktion aus Wind und Sonne voranzutreiben. Neben der Wasserstoff-Strategie stellte die Kommission deshalb auch einen Plan für besser integrierte Energiesysteme vor, um effizienter, flexibler und billiger zu werden und das Ziel der Klimaneutralität zu unterstützen.
Außerdem will es über alle Energiesektoren hinweg deutlichere CO2-Preissignale setzen. Bis Juni 2021 will die Kommission Vorschläge für die Ausweitung des Emissionshandels vorlegen. Darüber hinaus sollen immer mehr Subventionen für fossile Energieträger abgeschafft werden – einerseits unter dem Gesichtspunkt des Beihilferechts, andererseits indem die Energiesteuer-Richtlinie novelliert wird.
->Folgt: BUND: „European Hydrogen Strategy bietet Chance für Nachhaltigkeitsstandards“