Startschuss für Projekt „Zero Emission – Wasserstoffstandort Lampoldshausen“ – DLR-Forschungs- und Demonstrationsplattform H2ORIZON
„Das Raketentestgelände im Harthäuser Wald soll den Wasserstoff, den es massenhaft verbraucht, demnächst selbst herstellen. Und nicht nur das: Es könnte der Startschuss für eine Wasserstoff-Region Heilbronn-Franken sein“, meldete die Heilbronner Stimme am 09.07.2020. Und: Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) überreichte einen Zuwendungsbescheid in Höhe von rund 16 Millionen Euro dafür, dass das DLR-Raketentestzentrum im Harthäuser Wald in zwei Jahren mit grünem Wasserstoff weitgehend CO2-frei betrieben wird.
50 km nördlich von Stuttgart, am DLR-Institut für Raumfahrtantriebe in Lampoldshausen, einem der größten Wasserstoffnutzer Europas, entsteht derzeit ein Stück Energiezukunft. In Lampoldshausen steht auch der derzeit größte Windpark Baden-Württembergs. Auf Basis dieser Infrastrukturen bauen DLR und ZEAG Energie AG ein wasserstoffbasiertes, vernetztes Energiesystem auf – Sektorenkopplung von Energiewirtschaft, Verkehr und Raumfahrt im Megawatt-Maßstab.
Im Mittelpunkt des Projekts „Zero Emission – Wasserstoffstandort Lampoldshausen“ steht die Erzeugung und der Einsatz von „grünem“ Wasserstoff : Der DLR-Standort Lampoldshausen soll nachhaltig mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff versorgt und die gesamte Wasserstoff-Prozesskette unter den speziellen Bedingungen eines energieintensiven Standorts für Tests von Raumfahrtantrieben erprobt werden.
Das Anlagenkonzept im Projekt H2ORIZON besteht aus zwei wesentlichen Komponenten.
- Eine ist die regenerative Wasserstofferzeugung auf Basis von Windenergie. Die Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse (kurz PEM-Elektrolyse) hat eine Anschlussleistung von rund 1 Megawatt und wird direkt an den Windpark „Harthäuser Wald“ angeschlossen. Der Wasserstoff wird aufbereitet, verdichtet und direkt in spezielle Transportfahrzeuge, sogenannte Tube Trailer, für die Verteilung abgefüllt.
- Zum anderen wird mit H2ORIZON eine neue Anlage zur Versorgung des DLR-Standorts mit Wärme und Strom errichtet. Die beiden Gasmotoren-Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer Gesamtleistung von 1,6 Megawatt (thermisch) bzw. 1,4 Megawatt (elektrisch) werden neben der konventionellen Versorgung mit Erdgas auch direkt an die Wasserstofferzeugung angeschlossen.
Neben dem DLR deckt die ZEAG Energie AG als ältester Drehstromversorger der Welt den Bereich der Energiewirtschaft ab und kennt die Herausforderungen beim Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen und Stromnetzen sowie die Bedingungen für die erfolgreiche Teilnahme am Energiemarkt.
Die Infrastruktur und das Know-how der beiden Projektpartner stehen als „Testfeld H2ORIZON“ seit Januar 2019 potenziellen Partnern aus Industrie, hier insbesondere auch kleinen und mittleren Unternehmen, und der Wissenschaft verfügbar gemacht. Mit dem „Testfeld H2ORIZON“ wollen es DLR und ZEAG ermöglichen, dass am DLR-Standort Lampoldshausen neue technologische und konzeptionelle Lösungen rund um das Thema Wasserstoff erforscht, entwickelt, demonstriert und validiert werden.
„Ganz werden wir das nicht schaffen in den zwei Jahren, aber es soll ein relevanter Anteil werden“, sagt die DLR-Projektverantwortliche Daniela Lindner der Heilbronner Stimme. . Corona habe schon so manche Lieferung ausgebremst. In Zahlen bedeute das: In normalen Jahren verbrauche das DLR für seine Triebwerktests rund 380 Tonnen Wasserstoff, flüssig und gasförmig. Mit zwei Elektrolyseuren sollen künftig mit dem grünen Strom aus dem Windpark im Harthäuser Wald 280 Tonnen produziert werden.
Wasserstofftechnologie in die Anwendung bringen
„Im Projekt ‚Zero Emission – Wasserstoffstandort Lampoldshausen‘ wird erstmals ein DLR-Standort nachhaltig auf der Basis von „grünem“ Wasserstoff mit Energie versorgt und so der Infrastrukturausbau für „grünen“ Wasserstoff innerhalb Deutschlands unterstützt“, erläutert Prof. Karsten Lemmer, DLR-Vorstand für Energie und Verkehr, der seine Expertise auch im Wasserstoffrat der Nationalen Wasserstoffstrategie einbringt. Der DLR-Standort Lampoldshausen bietet eine einmalige Entwicklungs- und Testumgebung, um Wasserstofftechnologien und Verfahren in der Praxis zu erproben, weiterzuentwickeln und in die Anwendung zu bringen. Gleichzeitig verfügt das DLR in Lampoldshausen über eine jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit großen Mengen von Wasserstoff – und benötigt diese auch: Denn das DLR-Institut für Raumfahrtantriebe gehört mit seinen Triebwerktests für die europäische Trägerraketenfamilie Ariane (Foto li.) zu den größten Wasserstoffnutzern in Europa.
Auf dem Weg zum CO2-neutralen Standort
Ein weiterer Bestandteil des Vorhabens ist die CO2-Neutralität des DLR-Standorts Lampoldshausen. Im Mittelpunkt stehen die nachhaltige Versorgung mit Strom und Wärme sowie der Einsatz von Brennstoffzellen-Fahrzeugen innerhalb des 51 Hektar großen Geländes. Methoden des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz optimieren die Betriebsführung im laufenden Betrieb. In Verbindung mit einer mobilen Wasserstofftankstelle werden darüber hinaus Forschungsfragen im Kontext der Wasserstoffversorgung für innovative Antriebe künftiger Mobilität untersucht.
Angewandte Forschung im H2-Technikum
Das dritte Kernthema adressiert die Erweiterung der Testaktivitäten am Standort Lampoldshausen über die Raumfahrt hinaus: Das DLR nutzt sein einzigartiges Know-how im Umgang mit Wasserstoff-Großprüfständen sowie die vorhandene Sicherheitsinfrastruktur, um eine Forschungs- und Entwicklungsplattform für Wasserstofftechnologien zu schaffen. Dieses H2-Technikum soll es Partnern aus Industrie und Wissenschaft ermöglichen, Technologien für den Einsatz in der Wasserstoffwirtschaft unter realen Bedingungen zu entwickeln und zu erproben. Damit unterstützt das Projekt den Technologietransfer in die Wirtschaft.
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