Zwischen Wunsch und Wirklichkeit – wie steht es um die Energiewende?
Vollversorgung mit erneuerbaren Energien. 100 Prozent Energie aus Wind, Sonne und Co. – treibhausgasneutral bis 2050. Das ist das Ziel der deutschen Energiewende. Wie steht es aktuell um dieses Großprojekt? Das MDR-Dossier gibt Antworten zum Umbau des Energiesystems. 2020 wird wohl als das Jahr in die Geschichtsbücher eingehen, in dem die Erneuerbaren Energien erstmals mehr als die Hälfte des deutschen Stroms erzeugt haben. Was nach einer guten Nachricht für das Gelingen der Energiewende klingt, ist aber nur die halbe Wahrheit.
Der Stromverbrauch in Deutschland ist aufgrund der Corona-Pandemie deutlich geringer als in den Jahren zuvor. Das erhöht den Anteil der Erneuerbaren fast automatisch, da sie einen Vorzug bei der Produktion und Verteilung im Stromnetz erhalten. Insgesamt stehe es um die Energiewende nicht gut, sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin: „Wir haben uns bei der Energiewende derzeit nur auf die Stromerzeugung fokussiert, da ist uns durchaus einiges gelungen. In den 90er-Jahren waren wir noch bei drei Prozent Anteil Erneuerbare. Wir sind im ersten Quartal 2020 auf 50 Prozent gekommen. Aber wir haben die anderen Bereiche vergessen: Wärmeerzeugung, Verkehr, Industrieproduktion. Das sind alles Bereiche, wo wir sehr, sehr schleppend Erneuerbare Energien zugebaut haben. Und wenn wir uns anschauen, wie sieht die Energieversorgung aus, dann ist der Anteil Erneuerbarer Energien derzeit noch unter 20 Prozent.“ Das heißt: An der gesamten Endenergie, die in Deutschland gebraucht wird, haben die Erneuerbaren nur einen Anteil von knapp unter 20 Prozent. Wirft man nämlich einen genauen Blick auf die drei großen Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr, wird deutlich, wie lang der Weg zur regenerativen Vollversorgung noch ist.
Für das Zwischenziel 2030 hat die Bundesregierung jetzt allerdings ein Gesetz verabschiedet, das erstmals bindend wirkt und die einzelnen energieintensiven Sektoren umfasst. Ein gutes Zeichen, erklärt Claudia Kemfert, Expertin für Energieökonomie am DIW Berlin: „Bisher war es so: Man hat sich da freiwillige Selbstverpflichtungen gegeben. Jeder schaut mal, ob er das irgendwie schafft, die Emissionen zu senken. Und wenn man es nicht schafft, ist es eben so. Jetzt ist es anders. Mit einem solchen Klimaschutzgesetz gibt es die Anforderung, in den einzelnen Ressorts, sei es der Verkehrssektor, die Gebäudeenergie oder auch die Energiewirtschaft insgesamt, diese Klimaschutzziele zu erfüllen.“
->Quelle und vollständiger Artikel: mdr.de/wissen/energiewende-wunsch-und-wirklichkeit