Aktuell scheinen die Preise für Solarmodule nach unten keine Grenzen zu haben. Doch der chinesische Solarmarkt könnte das schnell ändern.
„Bereits im März 2019 berichtete ich erstmals von der vom Modulhersteller Hanwha Q-Cells auf drei Kontinenten eingereichten Patentrechtsklage gegen die Konkurrenten Longi Solar, JinkoSolar und REC. Damals war noch nicht klar, ob die Klage überhaupt zugelassen wird und was genau sie bezweckt.“ Martin Schachinger, CEO von pvXchange.com kommentiert den weltweiten Solarmarkt für das Portal energiezukunft.
Etwas mehr als ein Jahr später kam es nun zu ersten Urteilen. Diese fielen in den USA gegen, in Deutschland jedoch zugunsten der Klägerin aus. Das Landgericht Düsseldorf hatte die unrechtmäßige Nutzung der patentierten Technologie durch die Konkurrenten in erster Instanz bestätigt. Die Richter erkannten Hanwha Q-Cells einen Unterlassungsanspruch zu. Was dieses Urteil für die Betroffenen, insbesondere aber deren Kunden bedeutet, darauf will ich weiter unten kurz eingehen.
Zunächst aber ein Blick auf die Modulpreisentwicklung: der in den vergangenen Monaten einsetzende allgemeine Preisverfall geht vorerst weiter – Preiserleichterungen im oberen einstelligen Prozentbereich sind über alle Technologien hinweg bemerkbar. Die Nachfrage im europäischen Markt ist zwar stabil bis wachsend, doch gibt es vielerorts noch großvolumige Restposten, die sich durch Corona-bedingte Verzögerungen in der Projektrealisierung aufgestaut haben und erst langsam wieder abfließen. Die zu Quartalsende üblichen Lagerbereinigungen führten zu Preissenkungen an breiter Front, die auch zu Anfang des zweiten Halbjahres noch immer den Markt bestimmen. Hersteller und Händler unterbieten sich gegenseitig bei kurzfristig verfügbarer Lagerware, um Platz für neue Lieferungen zu machen.
Dieser Trend wird zumindest in Europa nur von kurzer Dauer sein, da die Aufholjagd schon in vollem Gange ist. EPC und Projektgesellschaften im In- und Ausland haben volle Auftragsbücher, Banken und Genehmigungsbehörden arbeiten den Stau ebenfalls zügig ab.
Eingetrübt wird die Freude am gut funktionierenden Markt allenfalls durch die Unsicherheit bei einigen Banken und Investoren, die durch den laufenden Patentrechtsstreit entstanden ist. Zwischenzeitlich wurde die sogenannte Bankability der drei beklagten Hersteller angezweifelt, Projekte mit deren Produkten drohten, nicht mehr finanziert zu werden. Zumindest JinkoSolar beteuerte von Anfang an, dass deren aktuelle Modulproduktion beziehungsweise die momentan verfügbaren Produkte nicht von der Klage betroffen seien. Die anderen beiden Konkurrenten blieben in dieser Hinsicht zurückhaltend und gaben keine öffentlichen Statements ab.
Aus dem Markt hört man jedoch, dass REC seine Produktpalette auf die Alpha-Serie reduziert hat, bei der n-Type-Zellen zum Einsatz kommen, welche aus technologischen Gründen nicht betroffen sein können. Auch Longi Solar reduziert wohl die Liefermengen bestimmter Produkte vorerst, bis mehr Klarheit in den Prozess eingekehrt ist, insbesondere aber die Forderungen von Hanwha Q-Cells bekannt gemacht werden.
Wie sollten betroffene Firmen nun auf das Gerichtsurteil reagieren?
Wer bei Neubestellungen auf Nummer sicher gehen will, der verlangt von seinem Lieferanten eine verbindliche Klarstellung der Patentsituation in Form eines gesonderten Bestätigungsschreibens. Dieses Schreiben ist vor allem dort sinnvoll, wo nicht ohnehin ein Liefervertrag existiert, der entsprechende Klauseln zur Rechtmäßigkeit der eingesetzten Technologien enthält. Auf keinen Fall sollte sich der Käufer vorschnell auf eine Änderung der Lieferbedingungen einlassen, ohne deren rechtliche Konsequenzen geprüft zu haben. Es wurden Fälle bekannt, wo Herstellervertreter ihren Kunden nahelegten, statt bei ihrem deutschen Lieferanten lieber direkt beim asiatischen Mutterkonzern einzukaufen, da die Patentrechtsklage ja nur in Deutschland greifen würde.
Spätestens dann, wenn die Module jedoch nach Deutschland geliefert und dort verbaut werden, taucht das Problem wieder auf, und zwar beim Käufer. Er übernimmt als Importeur dann nämlich die Haftung für die zweifelhaften Produkte. Auch bei einer Installation im europäischen Ausland dürfte der Käufer nicht automatisch aus dem Schneider sein, da es sich um ein europäisches Patent handelt und Hanwha Q-Cells seine Klage jederzeit ausweiten kann.
Durch klar formulierte Bestätigungsschreiben konnten die Bedenken der Banken und Investoren in den mir vorliegenden Fällen schnell ausgeräumt werden, so dass dem Projektfortschritt nichts mehr im Wege stand. In jedem Falle sollte man wachsam sein bei der Auswahl seiner Lieferanten und Produkte. Auf die Verfügbarkeit von monokristallinen Modulen im europäischen Markt oder auf die Produktpreise hat der Patentrechtsstreit zumindest aktuell noch keine Auswirkung – hier sind andere Mechanismen am Werk.
Wie weit können die Preise für Solarmodule noch sinken?
Aktuell scheinen auch bei den Produkten der Top-Hersteller nach unten keine Preisgrenzen zu existieren – Projektpreise im Megawattbereich von unter 18 Cent pro Watt-peak sind keine absolute Ausnahme mehr. Dieser Ausverkauf, der einigen kleineren Herstellern mit geringer Kapitalbasis unter Umständen zum Verhängnis werden kann, dürfte keinesfalls kostendeckend sein. Sollte diese Situation länger andauern, wird es zwangsläufig zu Marktbereinigungen kommen.
Nur die finanzstarken Hersteller können eine Phase der Tiefstpreise, wie wir sie gerade erleben, dauerhaft überstehen. Doch eine Stabilisierung wird allgemein durch den Nachfrageschub, insbesondere auch in China erwartet. Dort existieren Förderprogramme, deren Nutzung bisher schleppend voranschritt, die jedoch bis Jahresende noch in Anspruch genommen werden müssen. So ist von zu erwartenden Zubaumengen im Bereich von 25 bis 40 Gigawatt für das 3. und 4. Quartal die Rede.
Was das für den Weltmarkt bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen. Jedes nicht frühzeitig verbindlich gebuchte Modul wird Asien nicht mehr verlassen, da der chinesische Markt jegliche Produktionskapazitäten absorbieren wird. Dass solche Prognosen jedoch nicht immer zutreffen müssen, wissen wir aus der Vergangenheit. Dennoch sollte für kurz- bis mittelfristig zu realisierenden Bauvorhaben zügig Vorsorge getroffen werden, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben. Auf weiter fallende Preise zu setzen, ist reines Glücksspiel. – Martin Schachinger, pvXchange.com
->Quelle: energiezukunft.eu/weltweiter-solarmarkt-kampf-der-giganten-reloaded