1912: „Kohleverbrennung beeinflusst Klima“

Vor 108 Jahren sagte eine neuseeländische Zeitung den Klimawandel durch CO2 vorher

Wir wussten es schon mehr als 124 Jahre – oder hätten es wissen können: Wissenschaftliche Analysen, die auf eine menschliche Rolle bei der Erwärmung des Klimas durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe hinwiesen, gehen auf das Jahr 1896 zurück, mit Svante Arrhenius‘ bemerkenswertem Aufsatz „Über den Einfluss der Kohlensäure [Kohlendioxid] in der Luft auf die Temperatur des Bodens“. Bald darauf – so die New York Times – erschienen populärwissenschaftliche Texte zum Thema menschengemachter Klimawandel, so hieß er aber erst später.

Ende der 30er Jahre rührte Guy Stewart Callendar, ein britischer Ingenieur und Amateurmeteorologe, das Feld auf, indem er berechnete, dass steigende Kohlendioxidwerte das Klima bereits erwärmten. 1938 lautete ein Aufsatz zu diesem Thema: „Die künstliche Produktion von Kohlendioxid und sein Einfluss auf die Temperatur“.

Der früheste und prägnanteste Artikel aber war schon am 14.08.1912 in Neuseeland, der Rodney and Otamatea Times und der Waitemata and Kaipara Gazette in der Rubrik „Wissenschaft“ veröffentlicht worden, überschrieben mit: „Kohleverbrennung beeinflusst Klima“. Der Text: „Die Öfen der Welt verbrennen heute im Schnitt 2.000.000.000 Tonnen Kohle pro Jahr. Wenn sie bei der Verbrennung mit Sauerstoff reagiert, entstehen etwa 7.000.000.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid, die jährlich in die Atmosphäre entweichen. So wird die Luft zu einer dickeren Decke für die Erde und erwärmt sie. Die Auswirkungen könnten in einigen Jahrhunderten immens sein.“

Die gleiche Meldung war bereits einen Monat zuvor, am 17.07.1912, in der australischen Zeitung „Braidwood Dispatch“ erschienen. Sehr wahrscheinlich zum ersten Mal nach Arrhenius aber wurde der Sachverhalt 1912 in der Märzausgabe des US-Magazins „Popular Mechanics“ veröffentlicht, wobei besonders der Schluss auffällt:

„Die Ursachen der Veränderungen sind in etwa so interessant wie die Veränderungen selbst, und wenn sie bekannt sind, kann man sich fragen, ob wir das Klima in Zukunft nicht kontrollieren können. Während die Wärme, welche die Erde erwärmt, von der Sonne kommt, hängt das Klima grundlegend von der Erdatmosphäre und ihrer Zirkulation ab. Sie schirmt die Wärme tagsüber etwas ab und hält sie nachts in Grenzen. Die Winde tragen große Mengen vom glühenden Äquator in die höheren Breiten und erfrischen die äquatoriale Zone mit der kühleren Atmosphäre aus den Polarregionen.

Die Absorptions- und Abschirmeigenschaften der Atmosphäre hängen von ihrer Beschaffenheit ab. Es hat sich gezeigt, dass die Temperatur etwas höher wäre, wenn die Luft mehr Kohlendioxid enthielte, das bei der Verbrennung von Kohle oder pflanzlichem Material entsteht. Tatsächlich wurde vor allem von dem großen schwedischen Wissenschaftler Arrhenius die Theorie aufgestellt, dass die Erde ein warmes Klima hatte, als die Kohlendioxidmenge in der Luft reichlich vorhanden war, und ein kaltes c1imat, als sie knapp war. Es wird angenommen, dass, wenn die Atmosphäre das Zwei- oder Dreifache der heutigen Menge enthielte, das Klima wesentlich wärmer wäre, und dass, wenn sie die Hälfte von dem verlieren würde, was sie nicht hat, sich in Kanada wieder Gletscher bilden würden. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die Menge dieses Gases in der Atmosphäre langsam Schwankungen unterliegen könnte.

Da bei der Verbrennung von Kohle Kohlendioxid entsteht, kann man sich fragen, ob der enorme Einsatz dieses Brennstoffs in der heutigen Zeit nicht ein wichtiger Faktor dafür ist, die Atmosphäre mit diesem Stoff zu füllen und damit indirekt die Temperatur der Erde zu erhöhen. In den Vereinigten Staaten wurden 1911 etwa 500 Mio. Tonnen „Kohle abgebaut“. Angenommen, die vierfache Menge wurde auf der ganzen Welt gefördert und verbrannt. Wenn diese Menge an Kohle verbrannt wird, werden 7 Mrd. t Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben. Die Frage ist nur, ob dies ein nennenswerter Bruchteil dessen ist, was die Atmosphäre bereits enthält, und ob es wichtige Möglichkeiten gibt, es aus der Atmosphäre zu entfernen.

Die Atmosphäre enthält insgesamt 1.500 Billionen t Kohlendioxid. Folglich wird sich die Verbrennung von Kohle bei der gegenwärtigen Rate in etwa 200 Jahren verdoppeln, wenn sie nicht auf irgendeine Weise in enormen Mengen entfernt wird. Kohlendioxid wird der Atmosphäre durch das Wachstum von Pflanzen entzogen, und tatsächlich kam der Kohlenstoff in der Kohle aus der Luft durch die pflanzlichen Stoffe, aus denen sie entstanden ist. Aber wenn pflanzliche Stoffe verbrannt werden, verwesen oder von Tieren verzehrt werden, wird das Kohlendioxid in die Atmosphäre zurückgeführt. Es scheint nicht, als dass es auf diesem Weg einen größeren Gewinn oder Verlust in den nächsten wenigen Jahrhunderten geben wird. Ein wichtigerer Faktor sind die Ozeane, die heute enorme Mengen an Kohlendioxid speichern und unter geeigneten Bedingungen viel mehr aufnehmen können. Sie sind in der Tat die großen Regulatoren und waren im Wesentlichen an allen Variationen der Vergangenheit beteiligt. Aber die Wirkung des Meeres ist sehr langsam, und es kann gut sein, dass die enorme Verbrennung von Kohle in der heutigen Zeit so schnell Kohlendioxid produziert, dass sie wichtige klimatische Auswirkungen haben wird.

Es ist vielleicht etwas gefährlich, Vermutungen für die kommenden Jahrhunderte anzustellen, aber im Lichte all dessen, was bekannt ist, ist es vernünftig zu folgern, dass das Gehirn des Menschen nicht nur Maschinen konstruiert hat, mit denen er schneller als der Wind reisen, die Tiefen des Ozeans durchqueren, über die Wolken fliegen und die Arbeit von hundert Menschen verrichten kann, sondern dass seine Aktivitäten indirekt durch eben diese Dinge, die die Beschaffenheit der Atmosphäre verändern, über das Nahe und Unmittelbare hinausreichen und die kosmischen Prozesse selbst verändern. Es ist weitgehend der mutige, unternehmungslustige und geniale Amerikaner, dessen Gehirn die Welt verändert. Doch selbst der triste Ausländer, der sich beim schwachen Schein seiner Grubenlampe in die Erde gräbt, unterstützt nicht nur seine Familie und hilft, die verbrauchenden Öfen der modernen Industrie zu speisen, sondern trägt durch seine Arbeit im Schmutz und in der Dunkelheit zum Kohlendioxid in der Erdatmosphäre bei, so dass die Menschen in den kommenden Generationen mildere Brisen genießen und unter sonnigerem Himmel leben werden.“

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