Batterieforschung bleibt aber in Münster
Das Handelsblatt ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Rechnungshof prangert unsaubere Standortvergabe bei Batterieforschung an“. Die taz titelte gar: „Gezinkte Karten“. Der Bundesrechnungshof wirft in seinem noch unveröffentlichten Bericht zum Standortbewerbungsverfahren Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) an den Haushaltsausschuss des Bundestages Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) vor, bei der Standortentscheidung für eine Batterieforschungsfabrik in Deutschland ihre Heimat Münster zu Unrecht bevorzugt und die Befangenheiten verschiedener Akteure im Verfahren missachtet zu haben. Die Ministerin sieht sich im Gegenteil darin bestätigt, und darin, dass sie „die Entscheidung bewusst nach unten delegiert“ habe.
Rechnungshof nicht überzeugt
Denn Karliczeks Wahlkreis Ibbenbüren liegt nicht weit von Münster. Nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes „fehlt eine unabhängige Bewertung aller Bewerbungen anhand der in den Bewerbungsunterlagen festgelegten Kriterien“. Auch sei „nicht überzeugend“, wie sich das BMBF zum Kriterium der „Anschlussfähigkeit an die IPCEI-Maßnahmen des BMWi“ geäußert habe. (Das BMWi fördert Batteriezellenprojekte als Important Projects of Common European Interest [IPCEI] mit rund drei Milliarden Euro). Die Projekte sind bislang vorrangig im Süden ansässig, beispielsweise bekommt der schwäbische Zellenhersteller Varta 300 Millionen Euro vom Bund und den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Im Raum Münster dagegen gibt es keine IPCEI-Projekte. „Auch wenn sachlich bedeutsame Gründe für die Entscheidung für den Standort in Nordrhein-Westfalen vorlagen, entstand an vielen Stellen des Verfahrens zumindest der Anschein, dass es eine Fokussierung auf diesen Standort gegeben hat“, schreibt der Bundesrechnungshof. Und schließlich: „Das BMBF konnte die wesentlichen Beanstandungen nicht entkräften.“ Fazit: „In weiten Teilen war das Verfahren nicht ausreichend transparent“.
Petra Hannen im pv magazine: „Das Bundesforschungsministerium hat aber laut Rechnungshof den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ausreichend beachtet und nur dem Land Nordrhein-Westfalen – nicht jedoch Wettbewerbern wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen – detaillierte Informationen zu den benötigten Grundstücken und Gebäuden zur Verfügung gestellt. Außerdem seien die Kriterien für die Standortauswahl zum Teil nicht hinreichend konkret und damit nicht prüfbar formuliert gewesen. Die Bewertung der Kriterien sei sogar im Laufe des Verfahrens mehrmals geändert worden, wovon Münster profitiert habe; entsprechend beanstandete der Rechnungshof den „Anschein, dass es eine Fokussierung auf diesen Standort gegeben hat“.
Karliczek: „Entscheidung für Standort Münster war und ist richtig“
Karliczek kündigte an, aus dem Rechnungshof-Bericht „Lehren für künftiges Verwaltungshandeln ziehen“ zu wollen. Sie betonte jedoch gleichzeitig, dass der Bundesrechnungshof die Standortauswahl nicht in Frage stelle. „In dem Bericht wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass sachlich bedeutsame Gründe für den Standort Münster gesprochen haben“, so Karliczek. „Die Entscheidung für das Konzept zum Standort Münster war und ist richtig. Das Konzept war das exzellenteste unter mehreren sehr guten Vorschlägen. Allein die Exzellenz der Bewerbung hat für das Bundesministerium für Bildung und Forschung und für das Bundeswirtschaftsministerium im Juni 2019 den Ausschlag gegeben.“
Ob das Vergabeverfahren für die Batteriefabrik Folgen für Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat, bleibt nach Einschätzung von Experten abzuwarten. Ob ein Abteilungsleiter im Forschungsministerium in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium über den 500-Millionen-Euro-Zuschlag hätte entscheiden dürfen, wird geklärt werden müssen. Die Transparenzinitiative „Frag den Staat“ veröffentlichte jedenfalls die (teils geschwärzten) Originaldokumente aus dem Forschungsministerium am 03.09.2020 auf ihrer Homepage (tagesschau.de).
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