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BUND: „Beim Klimaschutz gibt es keine Wahl – nur ernst gemeinte Anstrengungen zählen“
Die „Klima-Charta“ von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kommentiert Antje von Broock, Geschäftsführerin Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier jetzt Klimaschutz zur Profilierung im Vorwahlkampf nutzen? Die einzige konkrete Maßnahme in seinem Plan ist die Idee der Reformierung des CO2-Handels. Das hätte er im September 2019, als die Koalition sich für ein Klimapäckchen statt für ein Klimapaket entschied, einfacher haben können. Nachbesserungen sind wichtig, wirken aber wohlfeil – insbesondere, nachdem der Ausbau der Windenergie und der Kohleausstieg wegen der Altmaierschen Untätigkeit lange verzögert wurden.
Es braucht vielmehr ernst gemeinte gesellschaftliche Anstrengungen, geleitet von Politikern, die die nötige ökologische wie auch soziale Transformation mutig einleiten. Daher ist es grundsätzlich gutzuheißen, dass Minister Altmaier die Wirtschaft mit ins Boot holen will. Doch insgesamt greifen die 20 Punkte seiner Klima-Charta zu kurz.
Die Bundesregierung hat insgesamt viel Zeit verspielt. Groß angelegte Beteiligungsprozesse für Klimapläne und Gesetze wurde aufgesetzt, die schließlich in ein mickriges Klimaschutzgesetz mündeten, das weder ausreicht, die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen noch die des Pariser Klimavertrags, um die Klimaerwärmung bestenfalls auf 1,5 Grad zu begrenzen. Für Wahlkampfmanöver jedenfalls eignet sich die drängende Klima-Problematik nicht.“
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Spannender Diskussionsvorschlag“
„Es ist ein interessanter und spannender Diskussionsvorschlag zur Stärkung des gesamtgesellschaftlichen Klimaschutzes und der Wirtschaftskraft, den der Bundeswirtschaftsminister heute vorgestellt hat. Wichtig ist, dass alle Anstrengungen und Maßnahmen, die jetzt aufgegleist werden, am Ende in konkreten Umsetzungen für Klimaneutralität münden. Unsere Herausforderung liegt aktuell nicht bei der Festlegung von Klimazielen, sondern darin, diese Ziele auch mit konkreten Maßnahmen zu erreichen.
Die Kommunalwirtschaft ist ein entscheidender Player bei der Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele und steht als kompetenter Partner bereit, um auch weiterhin vor Ort nach Kräften die Dekarbonisierung voranzubringen, wie sie es in den letzten Jahren bereits betrieben hat. Dafür sind langfristige Planungssicherheiten sowie mehr Verlässlichkeit erforderlich, die der Bundeswirtschaftsminister nun explizit anstrebt.
Wir werden den weiteren Diskurs um die vorgelegten Ideen und dem Ziel eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses mit kommunalwirtschaftlicher Kompetenz engagiert begleiten.“
PIK–Direktor Ottmar Edenhofer: „Thema rückt nun endgültig in die Mitte der Gesellschaft“
“Bundesminister Peter Altmaier hat heute eine bemerkenswerte Ansage gemacht. Wenn aus diesen Worten wirklich Taten werden, hat er die Chance, als ein Ludwig Erhard der Klimawende in die Geschichtsbücher einzugehen. Nur mit einer raschen Stabilisierung unseres Klimas gibt es auf Dauer Wohlstand und Sicherheit: Dieses Thema rückt nun endgültig in die Mitte der Gesellschaft. Entscheidend an Altmaiers 20-Punkte-Plan ist das Versprechen, dass die CO2-Bepreisung als Leitinstrument der Klimapolitik die europäischen Klimaziele voll abbilden soll, inklusive der jetzt absehbaren Anhebung für 2030 bis hin zur Klimaneutralität 2050. Aus ökonomischer Sicht muss auch der europäische Emissionshandel rasch reformiert werden, insbesondere durch Einführung eines Mindestpreises. Deutschland kann dies anstoßen. Und die nationale CO2-Bepreisung für Verkehr und Wärme muss zügig in den europäische Emissionshandel integriert werden. Die Bepreisung ist besser und billiger als Verbote oder Subventionen. Und gerechter, denn sie schafft Einnahmen, mit denen ein Sozialausgleich finanziert werden kann.”
“Damit der von Herrn Altmaier angestrebte historische Konsens von Wirtschaft und Klima funktioniert, ist es entscheidend, dass die Bundesregierung jetzt auch die globale Kooperation noch stärker in den Blick nimmt. Länder wie China, Indien und Indonesien müssen dazu angeregt werden, ihre Politik ebenfalls mit den Zielen des Weltklimaabkommens in Einklang zu bringen. Ein wichtiges Instrument ist hier die internationale Klimafinanzierung, also zum Beispiel verbilligte Kredite an Länder, die im Gegenzug aus der Kohle aussteigen oder wirksame CO2-Preissysteme einführen. Der Schwerpunkt muss auf Kooperation liegen. Der von Altmaier angesprochene europäische CO2-Grenzausgleich kann allenfalls in Ausnahmefällen helfen, aber nicht die generelle Stoßrichtung sein: Wenn wir Klima und Wirtschaft zusammenbringen wollen, dürfen wir nicht den Freihandel abschaffen.”
BEE-Präsidentin Simone Peter: „Klimaschutz im gesellschaftlichen Diskurs halten – auch im Wahljahr 2021″
„Es ist gut, wenn der Bundeswirtschaftsminister sich klare Ziele setzen und dafür eine starke Verbindlichkeit erreichen möchte. Ob dies mit der Auflistung eines weiteren Punkte-Plans gelingen kann, ist eher fraglich. Über Klimapolitik muss es einen breiten gesellschaftlichen Diskurs geben. Diesen mit einer Charta zu beenden, halten wir für falsch. Es braucht die Debatte und es braucht klare gesetzliche Erneuerungen. Eine Charta kann beides nicht leisten. Die Bekenntnisse in dem 20-Punkte-Plan passen nicht zu vergangenem ministeriellen Handeln und auch nicht zum aktuellen. Während der 140 Seiten starke Referentenentwurf für das EEG 2021 zirkuliert, kündigt der Plan eine umfassende Reform des EEG an. Ankündigungen helfen allerdings wenig, denn ehrliche Annahmen zum Bedarf CO2-freier Strommengen, darauf aufbauende stärkere Ausbauziele für die Erneuerbaren und der zügige Abbau von Hemmnissen müssen und dürfen nicht bis 2022 warten. Das kann und sollte in die laufende Novelle eingearbeitet werden. Genauso müsste die Novelle dann auf blockierende Regeln wie zu PV-Dachanlagen oder der Neufassung des §51 verzichten. Der heutige Aufschlag aus dem BMWi darf nicht der Versuch sein, ein uns alle betreffendes Thema aus dem Wahlkampf herauszunehmen. Er muss der Auftakt dafür sein, dass noch dieses Jahr gesetzliche Verbindlichkeiten im Energiesektor geschaffen werden. Wir als BEE sehen dabei vor allem folgende Punkte als wichtig an:
- Ehrliche Strombedarfsabschätzung
- Ambitionierte Ausbauziele für alle EE-Technologien
- Schnelleren Ausstieg aus der Kohle
- Höhere CO2-Bepreisung
- Umgehende Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
- Breite Chancendebatte zu den Vorteilen der Nutzung Erneuerbarer Energien
Der 20-Punkte-Plan beendet die Debatte nicht. Richtig ist: Es braucht einen breiten Konsens. Aber es braucht auch Verbindlichkeit. Diese erwächst nur aus einem umfassenden Gesetz, nicht aus losen Vereinbarungen, die als Charta deklariert werden, um zu beschwichtigen“, so Simone Peter.
->Folgt: DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner