Mehr als 1.000 km H2-Leitungen

IPCEI für Wasserstofftechnologie in Prüfung

Der im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie geplante Umbau der heimischen Grundstoffindustrie zu einer nachhaltigen Energienutzung soll auch mit ausländischen Partnern umgesetzt werden. Besondere Bedeutung hätten dabei zunächst die EU-Mitgliedsstaaten, aber auch andere Länder, die über entsprechendes Potenzial an Erneuerbaren Energien verfügten. Umweltfragen und die Einhaltung der Menschenrechte seien ebenfalls wichtige Aspekte für die Auswahl von Partnern im Rahmen einer internationalen Energiekooperation, schreibt die Bundesregierung dem parlamentseigenen Pressedienst heute im bundestag zufolge in einer Antwort (19/21359) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/21108). Ein neues „Important Project of Common European Interest (IPCEI)“ für Wasserstofftechnologie werde geprüft. Für den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur sehe der Netzentwicklungsplan den Neubau von 151 km Gasleitungen bis 2030 vor, davon 94 km für den reinen Wasserstofftransport. Zudem sollen demnach im selben Zeitraum 1.142 km Erdgasleitungen auf den Transport von Wasserstoff umgestellt werden. Auch Kavernen-Erdgasspeicher sollen mittelfristig umgerüstet werden. (hib/FNO)

Im Wortlaut: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dieter Janecek, Anja Hajduk, Katharina Dröge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Nachhaltige Entwicklung der energieintensiven Grundstoffindustrie“
– Drucksache 19/21108 –

Vorbemerkung der Fragesteller

Während Chemie- oder Zementindustrie derzeit noch relativ gut durch die Krise kommen, hat sich die Stahlnachfrage bereits halbiert (https://www.welt.de/wirtschaft/article209312613/Gegen-Chinas-Stahl-Schwemme-soll-Europa-die-Safeguard-Strategie-retten.html). Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank die Stahlerzeugung im Mai um 27 Prozent, nachdem sie im April bereits um 24 Prozent nachgelassen hatte (https://www.stahl-online.de/index.php/medieninformation/rohstahlproduktion-in-deutschland-mai-2020/). Jedoch wird sich der insgesamte Nachfragerückgang auch auf die anderen Industriesparten und deren Zulieferer auswirken. Die Grundstoffindustrie ist durch ihre hohe Wertschöpfung insgesamt ein wichtiger Pfeiler für den Wohlstand in Deutschland und sichert Beschäftigung für über 550 000 Menschen. Deshalb ist es wichtig, mit Weitblick zu agieren und die negativen Folgen des Wirtschaftseinbruchs durch die Corona-Pandemie entschlossen abzudämpfen.
Während die Stahlproduktion in Europa im Zuge der Corona-Krise gesunken ist, wurde die Produktion in anderen Ländern, wie China oder Russland, trotz sinkender Nachfrage weiterhin aufrechterhalten (https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/industrie-der-stahlbranche-droht-die-totale-ueberforderung/25884166.html?ticket=ST-2005998-M4Rk44ZMfgwYi1i3SWvf-ap3). Das schon zuvor bestehende Problem massiver Überkapazitäten, hat sich so nochmals verschärft. Wenn dieser Stahl zu Dumpingpreisen auf die europäischen Märkte gelangt, hat das schwerwiegende Folgen für die hiesige Industrie.
Die in der Europäischen Union (EU) seit Februar 2019 geltenden Safeguards zum Schutz der hiesigen Stahlindustrie vor Massen- und Billigimporten, auch als Reaktion auf die Strafzölle in den USA, sind zum 1. Juli angepasst worden. So greift das Quotenmanagementsystem statt jährlich nun vierteljährlich für alle länderspezifischen Zollkontingente. Daneben gilt ein Ausschluss bzw. eine Einschränkung des Rückgriffs der großen Exporteure mit länderspezifischen Zollkontingenten auf das verbleibende allgemeine Restkontingent im vierten Quartal. Auch länderspezifische Kontingente für die Produktkategorie 1 (Warmbreitband) für die größten Exportländer, gegen die nicht bereits Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen der EU verhängt sind, sind nun eingeführt worden (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2020:206:FULL&from=DE, L 206/27). Die Stahlindustrie hält diese Maßnahmen jedoch für unzureichend (https://www.stahl-online.de/index.php/medieninformation/neugeregelte-eu-safeguards-treten-in-kraft/). Auch die Bundesregierung hat in der Ausschusssitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 17. Juni 2020 zum Ausdruck gebracht, dass sie sich weiter gehende Anpassungen zum Schutz der Stahlindustrie gewünscht hätte.
Gleichzeitig bleibt die Herausforderung rund um die Dekarbonisierung der Grundstoffindustrie hochaktuell. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen in der EU um 40 Prozent sinken. Spätestens 2050 soll auch die Stahlindustrie „klimaneutral“ produzieren. Die coronabedingten weltweiten wirtschaftlichen Einschnitte haben zwar zeitweise für einen merklichen Rückgang der Emissionen gesorgt, über das Jahr kann jedoch höchstens mit einem Emissionsrückgang von 4 bis 7 Prozent gerechnet werden. Damit lägen die diesjährigen weltweiten Emissionen trotz Corona-Krise im Mittel der letzten zehn Jahre und gehörten somit immer noch zu den höchsten jemals gemessenen Emissionswerten (Quelle: Hans-Josef Fell; https://hans-josef-fell.de/das-ausloeschen-der-menschlichen-zivilisation-naht-mit-riesigen-schritten/). Für eine weitgehend CO2-freie Stahlindustrie werden Kapazitäten von etwa 58.000 Megawatt benötigt. Aus diesem Grund ist es zu begrüßen, dass nach langem Warten nun die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung erschienen ist, die klären soll, wie diese Kapazitäten geschaffen werden sollen. Jedoch ist durch die Strategie längst kein konkreter, klarer Fahrplan in Sicht.

1.a) Welche Kriterien fließen bei der Auswahl der möglichen Partnerländer durch die Bundesregierung, die laut Nationaler Wasserstoffstrategie der Bundesregierung anstrebt, in Zusammenarbeit mit Partnerländern, z. B. im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, Produktionsmöglichkeiten systematisch zu erschließen (https://www.bmbf.de/files/die-nationale-wasserstoffstrategie.pdf, S. 6), mit ein?
b)Inwiefern gewichtet die Bundesregierung menschenrechtliche Aspekte, insbesondere vor dem Hintergrund der Antwort auf die Schriftliche Frage 40 des Abgeordneten Dieter Janecek auf Bundestagsdrucksache 19/19363, dass die Bundesregierung unter anderem mit Saudi-Arabien im Austausch sei?

Die Teilfragen a) und b) werden zusammen beantwortet.
Die Frage, mit welchen Ländern eine vertiefte Kooperation zu Wasserstoff erfolgt, orientiert sich an den übergeordneten Zielen der Nationalen Wasserstoffstrategie und unterliegt einer ständigen Evaluierung seitens der Bundesregierung. Der Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten in der Europäischen Union kommt dabei im EU-Energiebinnenmarkt eine besondere Bedeutung zu. In Betracht kommen generell insbesondere Partnerländer, die ein sehr gutes Potenzial im Hinblick auf den Ausbau von erneuerbaren Energien aufweisen, eine Wasserstoffinfrastruktur aufbauen oder aber bereits Interesse an Zertifizierungsfragen bekundet haben. Daneben sind aber auch Umweltfragen, soziale Verantwortung und die Einhaltung von Menschenrechten stets wichtige Aspekte im Rahmen der internationalen Energiekooperation. Mit Blick auf Kooperationen mit Schwellen- und Entwicklungsländern soll u. a. das International PtX-Hub Berlin dabei unterstützen, diese Fragen von Beginn an zu adressieren und unsere Partner bei der Entwicklung von geeigneten Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Markthochlauf zu unterstützen.

2. Inwieweit will die Bundesregierung den Austausch „mit anderen EU-Mitgliedstaaten“, insbesondere im Bereich der Nord- und Ostsee, aber auch in Südeuropa intensivieren (Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, S. 6), wo nach Information des Staatssekretärs Andreas Feicht (Antwort auf die Schriftliche Frage 40 des Abgeordneten Dieter Janecek auf Bundestagsdrucksache 19/19363) bislang noch gar kein Austausch mit europäischen Ländern besteht?

Auch innerhalb der EU sollen gemäß der Nationalen Wasserstoffstrategie die Investitionen für Forschung, Entwicklung und Demonstration für grünen Wasserstoff verstärkt werden. Aktuell wird die Schaffung eines neuen „Important Project of Common European Interest (IPCEI)“ für den Bereich der Wasserstofftechnologie für gemeinsame Projekte mit anderen Mitgliedstaaten geprüft. Die Bundesregierung steht dazu bereits mit der Europäischen Kommission und mit EU-Mitgliedstaaten im Austausch. Auch durch die kürzlich von der Europäischen Kommission veröffentlichte EU-Wasserstoffstrategie wird die Zusammenarbeit in der EU gestärkt.

3. Für welche konkreten Maßnahmen und Prozesse soll das Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference (CfD; Maßnahme 15, Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung) eingesetzt werden?

Das Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference wird derzeit ausgearbeitet und näher konkretisiert. Zum jetzigen Zeitpunkt können daher noch keine detaillierten Angaben zu den konkret förderfähigen Maßnahmen und Prozessen gemacht werden. Fest steht jedoch, dass Investitionen in und der Betrieb von klimafreundlichen und nachhaltigen Industrieverfahren in energieintensiven Grundstoffindustrien mit prozessbedingten Treibhausgasemissionen (z. B. Stahl-, Chemie- und Zementindustrie) gefördert und der Betrieb von Elektrolyseanlagen unterstützt werden sollen.

4 .Wie kann die Umwandlung von Grünstrom in Wasserstoff nach Ansicht der Bundesregierung wirtschaftlich gestaltet werden? Welchen konkreten Fahrplan verfolgt die Bundesregierung hierbei?

Die Bundesregierung wird im Zuge der Weiterentwicklung und Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie – unter Konsultation der relevanten Stakeholder – den Zeitplan sowie die notwendigen Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Umwandlung von „Grünstrom“ in Wasserstoff weiter ausarbeiten und dabei verschiedene Instrumente (z. B. Contracts for Difference, Befreiung der Elektrolyse von der EEG-Umlage, etc.) prüfen bzw. nutzen und aufeinander abstimmen.

5. Wird die Bundesregierung sich kurzfristig für den Ausbau von Transport- und Lagerkapazitäten für die Wasserstoffinfrastuktur einsetzen, und welche Projekte sind hier in welchem Zeitrahmen vorgesehen?

Die Bundesregierung begrüßt Projekte der Industrie zum Ausbau von Transport- und Lagerkapazitäten im Rahmen der Wasserstoffinfrastruktur. Im Konsultationsdokument des Netzentwicklungsplans (NEP) Gas 2020-2030, welches am 4. Mai 2020 zur Konsultation gestellt wurde, schlagen die Fernnetzbetreiber vor, bis 2030 insgesamt 1.142 km Erdgasleitungen auf reinen Wasserstofftransport umzustellen und 151 km neue Gasleitungen, davon 94 km für den reinen Wasserstofftransport, zu bauen. Der Entwurf des Szenario-Rahmens für den Netzentwicklungsplan Gas 2020-2030 berücksichtigt 21 Wasserstoffprojekte. Die Bundesregierung geht davon aus, dass mittelfristig vorhandene Kavernen-Erdgasspeicher technisch auf eine Wasserstoffnutzung umgestellt werden können.

6. Wie wird die Bundesregierung Beimischungsquoten für Grünen Stahl (vgl. „Handlungskonzept Stahl“, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/20200303-altmaier-kerkhoff-zukunft-der-stahlindustrie-gemeinsam-gestalten.html) umsetzen,
a) in welchem Umfang,
b) für welche Branchen?

Die Teilfragen a) und b) werden zusammen beantwortet.
Die Bundesregierung setzt sich national und auf europäischer Ebene dafür ein, Lösungen zu prüfen, wie Märkte für klimaneutrale und Kreislaufprodukte in energieintensiven Industriesektoren stimuliert werden können. Eine Quote für CO2-armen bzw. CO2-freien Stahl in Endprodukten wird von der Bundesregierung derzeit als eine Möglichkeit zur Stimulierung von Leitmärkten für grünen Stahl angesehen. Die Einführung schrittweise ansteigender Quoten für den Einsatz klimafreundlicher bzw. -neutraler Grundstoffe ist auch in anderen energieintensiven Industriesektoren denkbar. Die Einführung von Beimischquoten wird derzeit geprüft. Von daher kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage über Umfang und erfasste Branchen gemacht werden.

7. Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung die Finanzierung des Umbaus der Grundstoffindustrie finanziell fördern, zum Beispiel durch Investitionszuschüsse für den Ersatz fossiler Technologien und Verfahren?
Wie konkret will die Bundesregierung die Beihilfen, von denen im Papier „Handlungskonzept Stahl“ die Rede ist, ausgestalten, und in welchem Zeitplan?

Die Bundesregierung wird Investitionen in klimafreundlichere bzw. klimaneutrale Produktionsprozesse zur Vermeidung prozessbedingter Treibhausgasemissionen in der energieintensiven Grundstoffindustrie mit Förderprogrammen, wie dem Nationalen Dekarbonisierungsprogramm und dem Programm zur CO2-Vermeidung und -Nutzung in den Grundstoffindustrien, unterstützen. Entsprechende Dekarbonisierungsprojekte können außerdem bereits seit letztem Jahr im Förderfenster „Dekarbonisierung in der Industrie“ des BMU-Umweltinnovationsprogramms gefördert werden. Die im Handlungskonzept Stahl und in der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung genannten weiteren Fördermaßnahmen (z. B. das Ausschreibungsprogramm für den Wasserstoffeinsatz in der Industrieproduktion oder das Pilotprogramm Carbon Contracts for Difference für die energieintensive Grundstoffindustrie) werden derzeit ausgearbeitet. Auch beihilferechtliche Fragen müssen noch geklärt werden. Die derzeitigen Zeitpläne lassen sich aus Ziffer 10 des Handlungskonzepts ableiten.

8. Wie wird die Bundesregierung Investitionssicherheit für die Dekarbonisierung der industriellen Anlagen und Prozesse gewährleisten?

Eine Möglichkeit zur Schaffung von Investitionssicherheit sind Carbon Contracts for Difference (CfD) sowie die anderen in der Antwort zu Frage 7 genannten Programme. Ein CfD-Pilotprogramm für die energieintensive Grundstoffindustrie mit prozessbedingten Treibhausgasemissionen ist in der Nationalen Wasserstoffstrategie verankert (siehe Frage 3). Die Bundesregierung wird sich zudem dafür einsetzen, dass nationale Maßnahmen von bestehenden EU-Programmen berücksichtigt werden, um ungewollte negative Wechselwirkungen zu vermeiden.

9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die weltweiten Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt?
a) Welche Auswirkungen werden diese Überkapazitäten nach Kenntnis und Einschätzung der Bundesregierung auf die Stahlindustrie in Deutschland und Europa haben?

Nach Kenntnis der Bundesregierung belaufen sich die weltweiten Überkapazitäten im Bereich der Rohstahlproduktion auf mehrere hundert Millionen Tonnen. Die OECD geht für das Jahr 2019 von einer globalen Rohstahlproduktionskapazität in Höhe von 2.362,5 Millionen Tonnen sowie einer tatsächlichen Rohstahlproduktion in Höhe von 1.845,5 Millionen Tonnen aus, woraus sich für das Jahr 2019 globale Überkapazitäten in Höhe von rund 514 Millionen ergeben.
Hauptursache sind nach Einschätzung der Bundesregierung marktverzerrende Subventionen und andere Formen nicht marktkonformer staatlicher Unterstützung in verschiedenen Stahl produzierenden Ländern. Die globalen Überkapazitäten bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie, die in einem zunehmend nicht mehr von Chancengleichheit geprägten wirtschaftlichen Umfeld agieren muss. Die Bundesregierung setzt sich daher im Global Forum on Steel Excess Capacity dafür ein, in multilateralem Rahmen Lösungen für das Problem globaler Überkapazitäten zu erarbeiten und marktwirtschaftliche Anpassungsprozesse auf dem globalen Stahlmarkt zu stärken.

b) Welche Mengen an Stahlimporten werden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die bisherigen handelspolitischen Schutzinstrumente vom europäischen Binnenmarkt ferngehalten (bitte nach dem jeweiligen Instrument auflisten)?

Der Bundesregierung liegen keine derartigen Daten in Bezug auf die verschiedenen handelspolitischen Schutzinstrumente vor. Allein im Fall Chinas haben die derzeit 54 Maßnahmen im Stahlbereich nach Angaben der EU-Kommission zu einem Rückgang des jährlichen Exportvolumens von zuletzt 4,7 Millionen Tonnen auf jetzt 90.000 Tonnen geführt.

10. Sind die jetzigen Safeguard-Mechanismen aus Sicht der Bundesregierung ausreichend für einen Schutz der heimischen Industrie?

Die Bundesregierung begrüßt die EU-Schutzmaßnahmen auf Stahl. Diese stellen nach Einschätzung der Bundesregierung grundsätzlich ein geeignetes Instrument dar, um Überkapazitäten auf dem heimischen Markt, die aufgrund einer Importzunahme von Stahlprodukten aus Drittstaaten entstehen, angemessen zu begegnen. Die beschlossenen EU-Maßnahmen haben in den unterschiedlichen Kategorien von Stahlprodukten zu einer deutlichen Reduzierung der Importmengen beigetragen. Die Bundesregierung wird den weiteren Prozess weiterhin sorgfältig begleiten und abhängig von der Marktentwicklung auch auf weitergehende Verschärfungen drängen.

11. Welcher handelspolitische Spielraum besteht nach Einschätzung der Bundesregierung für eine Verschärfung der handelspolitischen Schutzinstrumente und insbesondere der Safeguard-Maßnahmen im Hinblick auf die WTO-Rechtsprechung (WTO = Welthandelsorganisation)?

Das Recht der Europäischen Union im Bereich der handelspolitischen Schutzinstrumente bietet nach Einschätzung der Bundesregierung hinreichenden Spielraum, um mit den vorhandenen Instrumenten (Antidumping, Antisubventionen und Schutzmaßnahmen) die WTO-rechtlich zulässigen Grenzen auszuschöpfen. So sind derzeit 54 Maßnahmen im Stahlbereich in Kraft. Ob weitere Verschärfungen der neuen Schutzmaßnahmen erforderlich werden, ist in Abhängigkeit von der aktuellen Marktentwicklung zu entscheiden.

12. Welche konkreten Anpassungen der handelspolitischen Schutzinstrumente und insbesondere der Safeguard-Maßnahmen hält die Bundesregierung für notwendig, um die hiesige Stahlindustrie ausreichend zu schützen, und für welche konkreten Anpassungen hat sich die Bundesregierung im Rat der EU eingesetzt?

Zu Teil 1 der Frage wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen.
Im Rahmen der Anpassung der Safeguard-Maßnahmen, die zum 1. Juli 2020 erfolgt ist, hat die Bundesregierung sich zusammen mit mehreren anderen EU-Mitgliedstaaten dafür eingesetzt, die aktuelle Anpassung (wie Einführung einer vierteljährlichen statt wie bisher der jährlichen Verwaltung der länderspezifischen Kontingente) vorzunehmen. Weiterhin hat die Bundesregierung sich bereit erklärt, den Zugang von Ländern, für die länderspezifische Kontingente gelten, zu den Restkontingenten einzuschränken, um zu verhindern, dass lieferstarke Drittländer regelmäßig die nicht genutzten Quoten kleinerer Lieferanten ausfüllen. Voraussetzung hierfür war, dass die EU-Kommission ein umgehendes engmaschiges Monitoring der Importentwicklungen und ggf. eine weitere Überprüfung und Anpassung der Maßnahmen durchführt. Demgemäß begrüßt die Bundesregierung das fortlaufende Monitoring der EU-Kommission, mit dem diese die Auswirkungen der derzeitigen Safeguard-Maßnahmen überprüft und auf der Grundlage dieser Auswertung erforderlichenfalls etwaige weitere Anpassungen entwickelt. Die Bundesregierung wird den weiteren Prozess aktiv begleiten und den Austausch mit EU-Kommission und unter den EU-Mitgliedsstaaten in enger Abstimmung mit Vertretern der Stahlwirtschaft und der IG Metall fortsetzen.

13. Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige Höhe der Zollquoten im Rahmen der Safeguard-Maßnahmen, und sollte die Zollquote nach Auffassung der Bundesregierung gesenkt werden?

Die von der EU-KOM festgelegten Quoten basieren auf den von der EU-KOM im Untersuchungszeitraum ermittelten Einfuhrmengen und entsprechen den Vorgaben des WTO-Schutzmaßnahmenabkommens. Eine weitere Senkung der Zollquoten wäre nach Auffassung der EU-KOM und der Bundesregierung nicht mit dem WTO-Recht vereinbar. Zulässig sind Anpassungen des Quotenmanagements, wie sie bei der letzten Anpassung der Schutzmaßnahmenverordnung von der EU-KOM vorgeschlagen und von der ganz überwiegenden Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten einschließlich der Bundesregierung gebilligt wurden. Diese Anpassungen führen zu erheblichen Einfuhrbeschränkungen insbesondere bei lieferstarken Drittländen.

14. Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige Regelung zur Übertragbarkeit der Residualmengen aus den Quoten auf künftige Quartale, und sollte diese Regelung nach Auffassung der Bundesregierung angepasst werden, und wenn ja, wie konkret?

Die Regelung zur Übertragung der Residualmenge in das folgende Quartal hält die Bundesregierung zunächst für sachgerecht. Durch diese Verbesserung kann – entgegen der ursprünglichen Regelung – zeitnaher auf die Residualquote zugegriffen werden.

15. Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige Regelung zum Zugriff auf die Residualquoten für Länder, die bereits über eine länderspezifische Quote Zugang zum Markt hatten, und sollte die Regelung nach Auffassung der Bundesregierung angepasst werden, und wenn ja, wie konkret?

Die Bundesregierung hält die Beschränkung des Zugriffs auf die Residualquote für Länder, die bereits über eine länderspezifische Quote verfügen, für sachgerecht und sieht nach aktuellem Stand kein Erfordernis für eine weitere Anpassung.

->Quellen: