2.3 Investitionen in Innovation sowie Forschung und Entwicklung an Klimaschutz ausrichten
Das Erreichen der langfristigen Klimaziele setzt in hohem Maß klimaschutzrelevante Forschung, Entwicklung und Innovation voraus. Dies betrifft zum einen Entwicklungen und Innovationen mit dem Ziel einer Reduktion von Emissionen und der Steigerung von Energieeffizienz. Dazu gehören zum anderen aber auch Innovationen, z. B. im Industrie- und Dienstleistungssektor, bei deren Entwicklung Klimawirkungen nicht im Vordergrund stehen, die aber trotzdem Klimarelevanz besitzen.
In der ersten Kategorie fokussiert das „Zukunftspaket“ insbesondere auf Wasserstoff und die Elektrifizierung des motorisierten (Individual)Verkehrs. So ist die Ausrichtung der Nationalen Wasserstoffstrategie auf „grünen“ Wasserstoff sowie dessen Einsatz in Bereichen mit hohen Prozessemissionen (z. B. der Stahlindustrie) oder nur sehr begrenzt verfügbaren Emissionsminderungsalternativen (z. B. Flugverkehr) zu begrüßen. Für den Verkehrssektor fehlt jedoch ein ganzheitliches, nachhaltiges Gesamtkonzept im Sinne einer Mobilitätswen-de. Ein solches sollte insbesondere auch die bisher vernachlässigte aktive Mobilität per Fahrrad, Roller oder zu Fuß berücksichtigen.
Bei der Förderung von Querschnittstechnologien und allgemeiner Innovationsförderung werden Potenziale für den Klimaschutz allerdings nicht immer ausgeschöpft. Um die Potenziale auszuschöpfen, wäre es wichtig, bei Forschung, Entwicklung und Innovationen vergleichbar mit der Berücksichtigung von z. B. Daten- und Gesundheitsschutz in Zukunft auch den Klimaschutz zu berücksichtigen. Die konsequente Beachtung des Prinzips der zirkulären Wertschöpfung und die Lebenszyklusbetrachtung könnten dabei helfen und mittelfristig zur Zukunftsfähigkeit von Entwicklungen und Innovationen beitragen. So wäre es beispielsweise wünschenswert, dass bei der Förderung der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz (KI) auf die Einhaltung der Aspekte von Green IT verwiesen wird. Eine wichtige Zukunftsinvestition wäre daher der Ausbau der Forschungsförderung im Bereich zirkuläre Wertschöpfung und Green IT.
2.4 Ausbau der Infrastruktur: Klimaschutz im Blick behalten Klimaschutz ist in besonderer Weise auf den Ausbau von Infrastrukturen angewiesen, die eine Umstellung auf erneuerbare Energien, klimaneutralen Wasserstoff, Sektorkopplung und eine Reduktion des Energieverbrauchs ermöglichen. Insbesondere die Transformation im Energie- und Verkehrssektor ist in besonderer Weise abhängig von Netzinfrastrukturen (Strom, Gase, Wärme, Verkehr). Aber auch der Ausbau digitaler Infrastrukturen (Glasfaser-Breitband, 5G-Netz) schafft Möglichkeiten für intelligente Verkehrsvermeidung (Ersatz von physischen Transporten, Logistikoptimierung), intermodale Optimierung sowie über Energieeffizienzgewinne (z.B. durch die intelligente Steuerung von Energiesystemen)zur Emissionsminderung beizutragen. Beim Ausbau dieser Infrastrukturen sollte deren Resilienz stets berücksichtigt werden, um sie gegenüber externen Veränderungen, möglichen Belastungen und unerwarteten Ereignissen funktionsfähig zu erhalten.
Der notwendige Aus- und Umbau von Netzinfrastrukturen erfordert typischerweise relativ lange Planungs-, Zulassungs- und Umsetzungszeiträume, unterliegt spezifischen Infrastrukturregulierungen (EnWG, NABEG) und hat oft auch eine europäische Dimension (transeuropäische Netze). Infrastrukturanpassungen bilden damit einerseits eine zentrale Voraussetzung für die Erschließung wichtiger Emissionsminderungspotenziale, andererseits werden mit Infrastrukturentscheidungen wichtige (technologische) Pfadentscheidungen getroffen. Als bedeutendes fiskalpolitisches Instrument zur Stärkung der Konjunktur ist die Infrastrukturförderung zudem ein bedeutender Teil der Konjunkturpolitik.
Insofern bildet der geplante Aufbau von Ladeinfrastrukturen für die Elektromobilität, der Schieneninfrastrukturen sowie der Wasserstoffinfrastrukturen (auch im internationalen Bereich) einen wichtigen und unverzichtbaren Teil insbesondere des „Zukunftspakets“ des Konjunkturpakets. Eine stärkere Verzahnung technischer, wirtschaftlicher und regulativer Aspekte sowie stärker medienübergreifende Ansätze (Strom-/Gasinfrastrukturen, Gas-/Wasserstoffinfrastrukturen, Energie-/Verkehrsinfrastrukturen etc.) erscheinen jedoch dringend notwendig.
Auf der Ebene von Zielstellungen können auch mit dem Programm zur Entbürokratisierung, zur Beschleunigung des Planungsrechts –ohne Aufgabe der Mitwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Bevölkerung und von Umweltverbänden –zur Vereinfachung des Vergaberechts und zur Reform des Wettbewerbsrechts im Kontext des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets wichtige Beiträge zur zeitgerechten Umsetzung im Bereich der Energiewende-Infrastrukturen geleistet werden. Das Spannungsverhältnis zwischen Beschleunigung und Rechtssicherheit sowie Akzeptanz/Beteiligung und Individual- und Verbandsrechtsschutz offenbart jedoch, dass dieses Handlungsfeld systematisch, umfassend und auch längerfristig wissenschaftlich begleitet und auf der politischen Agenda verankert werden sollte.
Bei dem Ausbau der Infrastrukturen ist darauf zu achten, dass auch deren Resilienz gestärkt wird. Die Entwicklung zu klimaneutralen Versorgungsstrukturen sollte auch dann fortgesetzt werden, wenn ungewöhnliche Belastungen auf Wirtschaft und Gesellschaft zu-kommen. In hochkomplexen und vernetzten Systemen sind solche „schwarzen Schwäne“ weniger selten, als es die Wahrscheinlichkeitsrechnung scheinbar nahelegt. Jeder schwarze Schwan für sich mag mit einer geringen Wahrscheinlichkeit versehen sein, aber die Zahl der möglichen schwarzen Schwäne steigt mit dem Komplexitäts- und Vernetzungsgrad exponentiell an. Von daher ist es auch unter ökonomischen Gesichtspunkten klug, bei Investitionen darauf zu achten, dass die damit geschaffenen oder gestärkten Strukturen geringe Verwundbarkeit gegenüber ungewöhnlichen externen Ereignissen aufweisen. Es könnte beispielsweise sinnvoll sein, den grenzüberschreitenden Austausch von Strom und anderen Energieträgern stark zu forcieren, um schnell Energiedienstleistungen in die Region zu bringen, die von einem Ausfall betroffen ist. Damit würde zum einen ein Rückfall in leicht mobilisierbare fossile Alternativen vermieden, zum anderen aber auch die Akzeptanz in die Zuverlässigkeit der Energieversorgung in Zeiten der Transformation auf erneuerbare Energien gefördert.
->Folgt: 2.5 Soziale Ausgewogenheit und aktive Trägerschaft sichern