China mit schärferen CO2-Zielen

„Durchbruch in der Klima-Diplomatie“

Generalversammlung der UNO – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Am 22.09.2020 hat Chinas Präsident Xi Jinping vor der UN-Generalversammlung angekündigt, dass China seinen nationalen Klimabeitrag unter dem Pariser Klimaabkommen dieses Jahr nachbessern wird: „Unser Ziel ist es, den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 zu erreichen und CO2-Neutralität vor 2060″, sagte Xi. Das ist das erste Mal, dass China zusagte, seine Emissionen auf null zu reduzieren.

Denn bisher hatte China noch keinen Zielpunkt für Klimaneutralität formuliert. Der Begriff bedeutet, dass netto keine Klimagase mehr ausgestoßen werden. Nicht vermeidbare Emissionen müssen dann ausgeglichen werden, etwa durch Aufforstung. Damit sei Präsident Xi einer Medienmitteilung des chinesischen Außenministeriums zufolge einer Aufforderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nachgekommen. Diese hatten den Schritt in einem Telefonat mit Xi gefordert. Dabei teilten sie ihm auch mit, dass die EU ihr eigenes Klimaziel für 2030 deutlich anheben will – von 40 auf 55 Prozent CO2-Einsparung im Vergleich zu 1990.

Lutz Weischer von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch führt Xis Ankündigung denn auch auf europäischen Druck und Europas neues Klimaziel zurück. „Das ist ein Durchbruch in der internationalen Klimadiplomatie“: „Hier zeigt sich, dass die EU stark genug ist, andere große Staaten zu mehr Klimaschutz zu bewegen – wenn sie selbst ernsthafte Klimapolitik betreibt. Ohne den Vorschlag der EU-Kommission, das europäische Klimaziel für 2030 auf mindestens minus 55 Prozent zu erhöhen, wäre China nicht zu bewegen gewesen. Jetzt aber entsteht Dynamik nach oben. Entscheidend wird sein, dass die EU, China und weitere Länder in den kommenden drei Monaten wirklich liefern und konkrete, nachprüfbare Ziele sowie Umsetzungspläne beim UN-Klimasekretariat einreichen.“.

China mit höchstem CO2-Ausstoß weltweit

In diesem Jahr sind alle Vertragsstaaten des Pariser Abkommens gefordert, ihre Klimapläne deutlich zu erhöhen, um die Erreichung der Pariser Ziele zumindest im Bereich des Möglichen zu halten. Viele kleinere Länder haben das bereits angekündigt – jetzt endlich auch einige der großen Emittenten. Das ist aus Sicht von Germanwatch ein sehr wichtiger Schritt, der auch US-Präsident Trump weiter isoliere. Allerdings genügten diese verbesserten Ziele der EU und Chinas noch nicht als Beitrag, um den globalen Temperaturanstieg auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen.

China ist das Land mit dem höchsten CO2-Ausstoß weltweit, sein Anteil an den Emissionen beträgt 27 Prozent. Im Rahmen des Pariser Weltklimaabkommens hatte China bisher nur zugesagt, dass die Emissionen „um 2030“ ihren Höhepunkt erreichen und dann zurückgehen sollten.  Die neue Ankündigung bedeutet, dass Peking seine Klimaschutz-Pläne verschärfen muss. Der CO2-Ausstoß in China war zwar wegen des Corona-Lockdowns im Frühjahr stark zurückgegangen, inzwischen sind die Vorkrisenwerte aber wieder erreicht.

58 Prozent des Primärenergieverbrauchs werden in China noch immer aus Kohle gewonnen – und bis Mitte des Jahres sind mehr neue Kohlekraftwerke genehmigt worden als in den zwei Jahren zuvor. Auch exportiert werden sie eifrig. Im Zuge der „neuen Seidenstraße“ finanzieren chinesische Banken den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland, die dann von chinesischen Bautrupps errichtet werden.

Klimapolitik zu Hause und Forderungen an China: „Die Strategie der EU hat sich bewährt“

Weischer sagte im Deutschlandfunk auf die Frage, wie verlässlich solche Ankündigungen seien: „Es war in der Vergangenheit so, dass China internationale Zusagen im Umweltbereich eingehalten hat. Aber das werden die nächsten Monate in China auch zeigen. China braucht dafür einen Umsetzungsplan, genauso wie die EU für ihr stärkeres Klimaziel einen Umsetzungsplan braucht, und das werden jetzt die spannenden Auseinandersetzungen der nächsten Monate und wahrscheinlich auch Jahre sein. Ich erwarte, dass China deutlichere Maßnahmen ergreift bei der Kohlekraft, schneller von der Kohle wegzukommen und den von einigen Provinzen geplanten jetzt neuen Bau von Kohlekraftwerken zu stoppen oder deutlich zu verringern und beim Ausbau der Erneuerbaren Energien noch mal eine Schüppe drauflegt, so dass dieses Ziel auch erreicht werden kann.

Die Beziehungen zu China seien derzeit „sehr schwierig, da Menschenrechte und internationale Vereinbarungen von China eklatant missachtet werden. Doch gerade wenn es – aus guten Gründen – heftige diplomatische Spannungen gibt, ist es wichtig, Anker der Kooperation in Bereichen zu legen, an denen beide Seiten existenzielles Interesse haben. Beide Seiten haben ein starkes Interesse an der Funktionsfähigkeit des Pariser Klimaabkommens – auch als Testfall für den Multilateralismus. Und beide Seiten wissen, dass sie dabei gemeinsam mehr erreichen können.“

Was anderswo wie eine Sensation daherkommt, ist in China nur eine Randnotiz

Für den Plan, die bisherigen Klimaziele nun nachzubessern, sei das schon einmal eine gute Nachricht, sagte Susanne Dröge, die bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin die Klimadiplomatie verfolgt laut der Süddeutschen Zeitung vom 25.09.2020. „Das schafft eine kritische Masse.“ Schließlich könne die EU nicht als Einzige Druck für mehr Klimaschutz machen. Nicht von ungefähr lädt UN-Generalsekretär António Guterres nun für den 12. Dezember zu einer Art informellem Klimagipfel: Es ist der Versuch, mit der neuen Dynamik aus Peking und Brüssel weitere Zusagen von Staaten einzusammeln – so, wie es ursprünglich in Glasgow hätte passieren sollen. Der 12. Dezember ist der fünfte Jahrestag des Pariser Abkommens.

Was im Rest der Welt wie eine Sensation daherkomme, sei in China nur eine Randnotiz (SZ): So habe die Staatspresse zwar groß über die Rede Xis berichtet, doch statt um Klimaschutz sei es darin um Chinas heroischen Kampf gegen das Coronavirus und natürlich die Rivalität mit den USA gegangen: „Schließlich gab Xi sein Klimaversprechen nur wenige Minuten, nachdem Donald Trump gesprochen hatte. Der US-Präsident hielt eine gallige Wahlkampfrede, Xi wirkte dagegen beinahe umsichtig, der Zeitpunkt war exakt gewählt: Hier der Klimaleugner Trump und dort der Visionär Xi, der sich vorgenommen hat, das Weltklima zu retten.“

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