EU-Mercosur-Abkommen: Greenpeace veröffentlicht Verhandlungstext
Greenpeace Deutschland liegt der unter Verschluss gehaltene Vertragstext zum EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen vor, den die EU und die vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay am 18.06.2020 abgeschlossen haben. Mehr dazu in der Greenpeace-Presseerklärung vom 08.10.2020.
Das Assoziierungsabkommen ist der übergeordnete Vertrag, das umstrittene Freihandelsabkommen nur ein Teil davon. Die Kenntnis des Abkommens ist entscheidend, um den Handelsteil überhaupt umfassend bewerten zu können.
“Das Abkommen ist und bleibt ein ‘Autos für Kühe’-Deal, der den Exportinteressen der EU dient. Der Verhandlungstext bestätigt: Umweltschutz ist hier zweitrangig”, kritisiert Jürgen Knirsch, Handelsexperte von Greenpeace. “Dabei erfordert der Zustand des Klimas und der Verlust der Arten dringende Maßnahmen.”
Umwelt- und Klimaschutz lediglich “erwünscht”
Das Abkommen stehe seit Jahren in der Kritik, durch Zollsenkungen besonders klimaschädliche Branchen wie den südamerikanischen Agrarsektor und die europäische Automobilbranche zu begünstigen. Der nun vorliegende Rahmenvertrag bestätige diese Befürchtung, so Knirsch.
Der Vertrag räume dem Schutz von Klima und Umwelt eine schwache Rechtsstellung ein: Anders als die Achtung der Menschenrechte oder die Verpflichtung zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, gelte der Schutz von Umwelt und Klima nicht als wesentlicher Bestandteil (essential element).
Ein Verstoß gegen einen wesentlichen Bestandteil durch eine Vertragspartei berechtige die andere Partei zu sofortigen Maßnahmen. Diese könne das Abkommen dann teilweise oder vollständig aussetzen. Umwelt- und Klimaschutz (wie etwa der Regenwald) kämen im Text zwar zur Sprache, es bleibe aber bei bloßen Absichtserklärungen. So werde das Pariser Klimaschutzabkommen lediglich begrüßt und die Vertragsparteien riefen zu dessen rascher Umsetzung auf, konkrete Verpflichtungen und Maßnahmen aber fehlten, kritisiert der Greenpeace-Experte.
Der Finanzsektor solle zwar ermutigt werden, in Kooperationsprojekte zu investieren, auch solle die Europäische Investitionsbank (EIB) an ihren Plänen in den Mercosur-Staaten festhalten. Es fehle aber die Vorgabe, die Investitionen an Nachhaltigkeitskriterien zu koppeln, so dass zum Beispiel die Finanzierung einer klimaschädlichen industriellen Landwirtschaft weiterhin möglich sei.
“Im einundzwanzigsten Jahrhundert müssen internationale Abkommen soziale Gerechtigkeit und den Schutz der Lebensgrundlagen in den Mittelpunkt stellen. Das Mercosur-Abkommen ist schlichtweg veraltet und nicht verbesserungsfähig. Es darf nicht verabschiedet werden”, so Knirsch. “Wir brauchen eine komplette Neuausrichtung der EU-Handelspolitik.”
Wie eine faire, soziale und ökologische Handelspolitik aussehen kann, hat Greenpeace bereits 2018 mit 10 Prinzipien für den Handel beschrieben.
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