Neues Verfahren
Das am 01.08.2020 gegründete österreichische Startup Green Sentinel GmbH des Biotechnologen Daniel Scheiböck-Ortner hat noch nicht einmal eine Webseite und scheint bereits großes Interesse zu erregen: „Ursprünglich hatten wir geplant, bis 2025 15 Anlagen zu realisieren, doch schon unser erster deutscher Kunde hat Interesse an zehn Anlagen bekundet. Das hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen,“ sagt Scheiböck-Ortner auf greenstart.at.
Sein neuartiges RSR-Verfahren („Recovered Sludge Resources“) bereitet den „Abfall Klärschlamm“ vollständig zu werthaltigen Produkten auf. Weltweit einzigartig ist die Kombination aus Gewinnung eines gereinigten Biobrennstoffes aus dem organischen Anteil des Schlamms bei gleichzeitiger Rückgewinnung der enthaltenen Wertstoffe, wie z. B. Phosphor. Die Aufbereitung des Schlamms erfolgt entweder über stationäre Anlagen oder mittels mobiler Behandlungsanlagen direkt am Entstehungsort. Dadurch wird den Kläranlagen das gesamte Schlammhandling abgenommen, Entsorgungskosten eingespart und sichergestellt, dass künftige Pflichten z. B. zur Phosphor-Rückgewinnung bereits heute erfüllt werden.
„Man sollte nicht glauben, was alles im Klärschlamm steckt. Früher wurde er einfach auf die Felder ausgebracht, heute muss er aus ökologischen Gründen um teures Geld – rund 300 Euro pro Tonne – entsorgt werden. Aber es geht auch anders“, ist der Firmengründer überzeugt. Er entwickelte in zweijähriger intensiver Arbeit das sogenannte RSR-Verfahren (Recovered Sludge Resources), einen mehrstufigen Prozess, in dem anorganische Materialien entfernt, Rückstände oxidiert und Phosphor zurückgewonnen wird.
Phosphor und Brennstoff
Rückenwind erhält Green Sentinel durch die deutsche Klärschlammverordnung, die eine Phosphor-Rückgewinnung für mittlere und große Kläranlagen vorschreibt. Die Betreiber müssen bis 2023 ein entsprechendes Konzept dafür vorlegen. Auch in Österreich ist mit ähnlichen Vorschriften zu rechnen. „Das wahre Potenzial des Klärschlamms liegt jedoch nicht im Phosphor für die Düngemittelindustrie, sondern im hohen Heizwert, der über jenem von Braunkohle liegt“, erklärt Scheiböck-Ortner. „Unser Ersatzbrennstoff kann in gängigen Feststoff-Heizkesseln ab 50 kW eingesetzt werden.“
Daniel Scheiböck-Ortner ist Biotechnologe und hat drei Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Abwassertechnik und Industrieanlagenbau. Dabei betreute er auch Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Sein Team setzt sich aus jungen Technikern zusammen, die zusätzliche Erfahrung aus den Bereichen Verfahrenstechnik sowie Industrieanlagenplanung und Bau mitbringen. Darüber hinaus unterstützt ein unternehmenseigenes Expertenboard aus Branchenkennern und Betriebswirten mit seiner Expertise das junge Startup.
Startbereit
Am 01.08.2020 wurde die GmbH gegründet, Ende des ersten Quartals 2021 soll die erste Anlage fertig sein. Green Sentinel bietet stationäre Aufbereitungsanlagen für Kläranlagen und für Energieversorger, die schon bisher Klärschlamm thermisch verwerten, zum Kauf an. Betreiber kleiner Klärwerke können auch eine mobile Anlage anmieten.
greenstart, die Start-up-Initiative des österreichischen Klima- und Energiefonds, erwies sich als sehr nützlich (der Fonds unter Aufsicht des österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, soll Impulsgeber und Innovationskraft für klimarelevante und nachhaltige Energietechnologien sein, und Ideen, Konzepte und Projekte in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Mobilität, Marktdurchdringung und Bewusstseinsbildung unterstützen).
„Vor allem die Vernetzung ist für uns sehr wichtig“, sagt Scheiböck-Ortner. „Dabei sind der Klima- und Energiefonds und die Klima- und Energie-Modellregionen (KEM) für uns unverzichtbar.“ Er hofft, dass seine ganzheitliche Lösung für den Umgang mit Klärschlamm in möglichst vielen KEMs diskutiert und umgesetzt wird.
Großauftrag
Die ersten Anlagen werden aber wohl nach Deutschland gehen. Aber auch hierzulande ist das Marktpotenzial gewaltig. Denn in Österreich fallen jährlich 235.000 Tonnen Trockenmasse an Klärschlamm an – und die BetreiberInnen können mit der neuen Technologie zwischen 40 und 70 Prozent der Kosten im Vergleich zur Entsorgung einsparen.
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