Als die deutsche Regierung 1974 das Rauchgasentschwefelungsverfahren für neue deutsche Steinkohlekraftwerke vorschrieb und Bundesumweltminister Klaus Töpfer 1983 die Technik dann auf alle Dreckschleudern – auch Altanlagen und Braunkohleverbrenner – ausweitete, war das Geschrei der Betroffenen groß: Das „Ende der deutschen Industrie“ malten einige Vertreter der Zunft als Menetekel an die Wand. Doch es kam anders: Die Technik ist heute einer der Exportschlager deutscher Hersteller. Inzwischen ist es längst eine Gesetzmäßigkeit, ein Ritual: Wann immer ein Industriezweig Auflagen befürchtet, wird vor Zweierlei gewarnt (und unverhohlen damit gedroht): Erstens laut und deutlich vor „Arbeitsplatzverlust“ und „Abwanderung“ – und zweitens leise und eher hintenherum mit Entzug der Parteispendensympathie. Allzu oft sind deutsche Regierungen davor eingeknickt, denn (die meisten) Parteien kennen nur zwei Währungen: Stimmen und Spenden. Scheint eine von beiden, oder – horribile dictu“ – gar beide in Gefahr des Verlustes, werden sie wach. Dabei ist bisher noch keine einzige der vielfältigen Drohungen und Warnungen wahr geworden. Jüngstes Beispiel: Die CO2-Grenzwerte für die Autoschmieden. Galt es unter deutschen Automobil-Unternehmen und Verbänden bis vor kurzem schlicht als ausgemacht, es handle sich bei diesen Werten statt um eine notwendige klimaschützende Auflage vielmehr um eine finstere Intrige von Brüsseler Verschwörern zu Lasten der wichtigsten deutschen Industrie, so wird eben klar, dass fast alle die Grenzwerte spielend einhalten: „Von Werten über 122 g CO2/km (2019) fielen die CO2-Emissionen von Neuwagen im ersten Halbjahr 2020 auf 111 g CO2/km, der größte Rückgang seit Inkrafttreten der Grenzwerte 2008″, heißt es im Untersuchungsbericht von Transport & Environment – und weiter: „Seit dem 1. Juli erfüllen die PSA-Gruppe, Volvo, FCA-Tesla und der BMW-Konzern die Grenzwerte bereits auf der Grundlage ihrer Leistungen im ersten Halbjahr 2020, während Renault, Nissan, der Toyota-Mazda-Pool und Ford nur noch 2 g CO2/km bzw. 1-2% aufholen müssen.“ Allerdings: „Daimler und Jaguar-Land Rover mit einem Abstand von 9 g CO2/km (9%) bzw. 13 g CO2/km (10%) haben bisher die geringsten Verbesserungen erzielt und sind am weitesten von ihren Zielen entfernt. Der Volkswagen-Konzern (in Erwartung des Verkaufs des ID.3) liegt mit 6 g CO2/km (oder 6% Diskrepanz) im Mittelfeld, zusammen mit Hyundai-Kia mit 7 g CO2/km (8%) bzw. 3g CO2/km (3%).“ Na also, geht doch! wird der geneigte Leser ausrufen. Nur bei VW werden sie sagen: Die Abgasskandal-Milliarden haben wir so locker weggesteckt, dass das Brüssel geschuldete CO2-Milliärdchen aus der Portokasse kommt“. Zyniker sind sie ja in Wolfsburg. -S_Y-