Kipp-Prozesse: Größerer Teil des Amazonas-Regenwaldes bedroht
Ein größerer Teil des Amazonas-Regenwaldes als bislang bekannt läuft Gefahr, einen Kipp-Punkt zu überschreiten, an dem er austrocknen und zu einer Art Savanne werden könnte. Das zeigt eine Studie auf der Grundlage von Computermodellen und Datenanalyse, die jetzt von einem Team von Wissenschaftlern – darunter Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung – in Nature Communications veröffentlicht wurde.
Regenwälder reagierten sehr empfindlich auf Veränderungen, die sich über längere Zeiträume auf den Niederschlag auswirkten. Wenn der Regenfall unter einen bestimmten Schwellenwert falle, könnten Gebiete sich in ein völlig anderes Ökosystem verändern, warnen die Forscher.
„In etwa 40 Prozent des Amazonasgebietes ist der Regenfall heute auf einem Niveau, dass der Wald in beiden Zuständen – Regenwald oder Savanne – existieren könnte“, sagt Haupt-Autor Arie Staal, ehemals Postdoc-Forscher am Stockholm Resilience Center und am Kopernikus-Institut der Universität Utrecht. „Wenn Tropenwälder wachsen und sich über eine Region ausbreiten, wirkt sich dies auf den Niederschlag aus – die Wälder erzeugen ihren eigenen Niederschlag, weil die Blätter Wasserdampf abgeben, und dieser fällt als Regen weiter nach unten. Niederschlag bedeutet zugleich auch weniger Brände, und damit wiederum mehr Wald. Wenn hingegen die Wälder schrumpfen, fällt weniger Regen, und dies führt zur Austrocknung. Das kann dann zu mehr Bränden und Waldverlust führen: ein Teufelskreis, Unsere Computersimulationen fangen diese Dynamik gut ein.“
Die Forscher untersuchten die Widerstandsfähigkeit der tropischen Regenwälder auf dem amerikanischen Kontinent, in Afrika, Asien und Ozeanien anhand von zwei Fragen: Was wäre, wenn alle Wälder in den Tropen verschwinden würden, wo würden sie wieder nachwachsen? Und das umgekehrt: Was passiert, wenn die Regenwälder die gesamte tropische Region der Erde bedecken würden? Solche Extremszenarien helfen den Wissenschaftlern, Widerstandsfähigkeit und Stabilität echter Tropenwälder besser zu verstehen. Sie können auch helfen vorherzusehen, wie die Wälder auf veränderte Niederschlagsmuster reagieren werden – diese sind zu erwarten, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen in die Atmosphäre weiter steigt.
Artikel:
Staal, Arie, Fetzer, Ingo, Wang-Erlandsson, Lan, Bosmans, Joyce H.C., Dekker, Stefan C., van Nes, Egbert H., Rockström, Johan & Tuinenburg, Obbe A. (2020): Hysteresis of tropical forests in the 21st century. Nature Communications [doi:10.1038/s41467-020-18728-7]
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