White Paper von DLR und BDLI zeigt Perspektiven auf
Eine Energiewende in der Luftfahrt mit dem Ziel Zero Emission ist bis zur Mitte des Jahrhunderts möglich und bedarf eines umfassenden Innovationsschubs. Das betonen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) bei der gemeinsamen Übergabe des White Paper „Zero Emission Aviation – Emissionsfreies Fliegen‘“ an das BMWi am 14.10.2020 in Berlin.
Das Papier führe erstmals umfassend den aktuellen Forschungsstand sowie technologische Handlungsfelder auf dem Weg zum emissionsfreien Fliegen in allen Luftfahrtbereichen zusammen, heißt es in der gemeinsamen Pressemeldung. Dafür würden ein vielfältiger Technologiemix mit umfangreichen Entwicklungen in den Bereichen nachhaltige Kraftstoffe, neue Konfigurationen, Batterie- und Brennstoffzellentechnologie sowie verschiedene Hybridantriebslösungen und neue Gasturbinenkonzepte nötig sein. Die Transformation zur emissionsfreien Luftfahrt bis 2050 brauche die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie und Politik.
Prof. Rolf Henke, Mitglied des DLR-Vorstands, zuständig für Luftfahrtforschung und -technologie dazu: „Es ist jetzt Zeit, ein neues Kapitel der Luftfahrt aufzuschlagen. Unser ‚White Paper‘ zeigt den Weg zum emissionsfreien Fliegen für den ‚Green Deal‘ der Luftfahrt, der zu neuen Technologien, attraktiven High-Tech Arbeitsplätzen, faszinierenden Produkten führt und den gesellschaftlichen Wohlstand in Deutschland und Europa fördert. Mit der Transformation einer ganzen Branche hält dieser Weg aber auch große Forschungsanstrengungen bereit. Insbesondere werden fliegende Demonstratoren ein wesentliches Element sein, beim Thema Elektrisches Fliegen, bei Wasserstoff, bei neuen Kraftstoffen und bei neuen Flugzeugkonfigurationen.“
Reiner Winkler, BDLI-Vizepräsident Luftfahrt unterstreicht: „Jetzt stehen wir vor zwei nie dagewesenen Herausforderungen. Zum einen hat die Corona-Pandemie die wirtschaftlich schwerste Krise unserer Branche ausgelöst. Der Zusammenbruch des weltweiten Luftverkehrs bedingt eine dramatische Situation für die Hersteller ebenso wie für unsere tief gestaffelte Zulieferkette, die in der gesamten Bundesrepublik beheimatet ist. Zum anderen steht die Luftfahrt an der Schwelle zum klimaneutralen Fliegen. Wir haben uns ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2050 werden wir klimaneutral fliegen. Darum zielen seit langem bis zu 90 Prozent unserer Investitionen in Forschung und Entwicklung unmittelbar auf die Senkung von Emissionen ab.“
In der aktuellen Situation von massiver wirtschaftlicher Krise und maximaler technologischer Herausforderung bilde das vorliegende White Paper die Initialzündung für einen Aufbruch in disruptive Technologien. Zugleich verstärke es den bewährten Pfad der Kooperation zwischen Industrie und luftfahrt-orientierter Großforschung, heißt es weiter. Das Flugzeug der Zukunft solle zugleich klimaneutral und wettbewerbsfähig sein und es solle in Deutschland und Europa gebaut werden. Das White Paper werde eine wertvolle Grundlage sein, die Zusammenarbeit von Forschung, Industrie und Politik zu intensivieren, um mit der „Energiewende am Himmel“ zugleich den Klimaschutz und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.
Umfangreiche neue Technologien
Zero Emission Aviation erfordere einen großen Forschungsbedarf. Für das Ziel eines emissionsfreien Luftverkehrs müssten viele radikale Technologien parallel untersucht und hinsichtlich ihres Einsatzes in Abhängigkeit von Größe und Reichweite von Luftfahrzeugen bewertet werden. Im Bereich Urban Air Mobility und bei Regionalflugzeugen für kurze Reisen innerhalb von Ballungsgebieten zeigten batterie-elektrische Konzepte eine Perspektive, Luftfahrzeuge mit hybriden Antriebskonzepten auf Basis von Brennstoffzellen lösten perspektivisch heutige Flugzeuge auf der Kurz- und Mittelstrecke ab, so die Forscher.
Großes Potenzial für Emissionsminderungen auf der Mittel- und Langstrecke hätten nachhaltige Kraftstoffe in Verbindung mit neuen Gasturbinenkonzepten. Besonders der Einsatz von direkt verbranntem grünem Wasserstoff rücke dabei langfristig in den Fokus. Perspektivisch sei der Einsatz von turbo-hybrid-elektrischen Antriebskonzepten bis hin zu Brennstoffzellen auch auf der Langstrecke denkbar. Neue Flugzeugkonfigurationen böten die Möglichkeit neue Antriebstechnologien besonders effizient zu integrieren, heißt es weiter im Pressetext.
Die erfolgreiche Einführung von Schlüsseltechnologien für einen klimafreundlichen Luftverkehr benötige umfangreiche Flugversuche und damit ein planmäßiges Demonstratoren-Programm. Bis die globale Flugzeugflotte in rund 20 bis 30 Jahren durch die nächste Generation ersetzt werde, seien neben Investitionen in neue Technologien parallel finanzielle Mittel für die Verbesserung aktueller Luftfahrzeuge hinsichtlich ihrer Klimawirkung nötig.
Neue operative Maßnahmen wie die Implementierung einer klimaschonenden Routenführung könnten beispielsweise bereits in kürzester Zeit auf einen wesentlichen Teil der Flotte angewendet werden. Studien des DLR zeigten, dass bereits kleine Änderungen in der Flugführung mit lediglich um ein Prozent erhöhten Betriebskosten zu einer Verringerung der schädlichen Auswirkungen aufs Klima um bis zu zehn Prozent führen könnten.
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