Noch kurz die Welt retten?

Warum die Defossilierung von der Chemie abhängt – stoffliche Nutzung von CO2 als Rohstoff

„Wenn die Defossilierung gelingen soll, werden Chemie und Anlagenbau eine Hauptrolle spielen“, schrieb Dominik Stephan am 06.11.2020 auf process.vogel.de.“Will die Gesellschaft weg von ihrer verhängnisvollen Abhängigkeit von fossilen Ressourcen, braucht es mehr als ein paar Windräder und Solarzellen. Auch Emissionszertifikate oder das Elektro-Auto werden die Welt nicht im Alleingang retten.“ In Stephans lesenwertem Artikel geht es um Carbon2Chem.

Wollten wir wirklich unabhängig(er) von Kohle, Öl und Erdgas werden, brauche es neue Wertschöpfungsketten. Auch müsse die Frage erlaubt sein, woher der Kohlenstoff für Polymere, Pharmazeutika oder Power-­to-X-Projekte kommen solle. Denn noch sei es nicht soweit:

„Noch rauchen die 250 Meter hohen Schlote des größten Hochofens Europas in Duisburg – das thyssenkrupp-Stahlwerk produziert Jahr für Jahr Millionen Tonnen Roheisen. Dafür braucht es Kohle: Allein in Deutschland ist die Stahl­industrie jedes Jahr für etwa 51 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich. Am Alsumer Berg erprobt thyssenrupp eine mögliche Zukunft, in der aus Abgas wieder Rohstoffe werden. Knallgelb und mausgrau wirkt das Carbon2Chem-Technikum wie ein Farbtupfer inmitten der rostbraunen Hochofen-Landschaft. Eines der größten Stahlwerke Europas soll zum Vorreiter der Kreislaufchemie werden.

Die Kreislauf-Chemie hängt am Gas, genauer an der Hüttengas-Leitung des integrierten Stahlwerks. Die Abgase von Kokerei, Stahlverhüttung und Hochofen sollen ein neues Leben als Methanol oder Ammoniak (und damit schlussendlich als Rohmaterial für Dünger, Reinigungsmittel und Kraftstoffe) bekommen. Mehr als 20 Millionen Tonnen CO2 könnten alleine in Duisburg eingespart werden, sind die Carbon2Chem-Verantwortlichen optimistisch. Jetzt gehe es darum, „Wissenschaft nicht nur im Labor zu machen, sondern auf die Straße zu bringen”, so Prof. Robert Schlögl vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion, Mülheim an der Ruhr. Der Chemiker gehört zu den geistigen Vätern der Schornstein-Chemie, weiß aber auch um die Herausforderungen: Insbesondere der enorme Wasserstoffbedarf wird für die Entwickler zum Problem: Wollte man den gesamten Kohlenstoff der Stahlwerke in die Kreislaufwirtschaft überführen, seien Elektrolyse-Kapazitäten von 167 TWh nötig – etwa die Produktionskapazität sämtlicher Erneuerbare-­Energien-Anlagen des Landes. Dafür ließen sich 58 Megatonnen CO2 auf diese Weise einsparen, etwa 0,35 Mt pro aufgewendete TWh.

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