„Widerstandsfähigkeit stärken und technologisch souveräner werden“

Rede Karliczeks zum Bundesbericht Forschung und Innovation 2020

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, hielt am 19.11.2020 eine Rede vor dem Deutschen Bundestag in Berlin zum Bundesbericht Forschung und Innovation 2020 (BuFI). Der am 13.05.2020 von der Bundesregierung beschlossene und am 19.11.2020 in den Bundestag eingebrachte Bericht bietet einen umfassenden Überblick über die Aktivitäten des Bundes und der Länder zu Forschung und Innovation. Der alle zwei Jahre erscheinende Bericht stellt die aktuellen Strukturen, Prioritäten und die Ziele der Forschungs- und Innovationspolitik in Deutschland dar – vor allem Digitalisierung und technologische Souveränität, pharmazeutische Forschung und Entwicklung von klimafreundlichen Technologien. Solarify dokumentiert die Rede.

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Hoffnung ist das Wort, das die Menschen in unserem Land derzeit mit Innovation und Forschung verbinden, Hoffnung, dass wir dieses Virus und seinen Schrecken schnellstmöglich in den Griff bekommen. Aber auch ohne die Pandemie, die die Welt in Atem hält, würden wir heute über die Bedeutung von Innovationen, über den Bundesbericht Forschung und Innovation und auch über das Expertenkommission Forschung und Innovation-Gutachten debattieren. Nur eines war vorher anders: Selten verbanden sich mit Forschung und Innovation so konkrete Hoffnungen für die Menschen und ihre Gesundheit. Alle Welt hofft auf den Impfstoff, einen Impfstoff, der unter anderem in innovativen, forschenden Unternehmen in Deutschland entwickelt wird, von Unternehmen, die aktuell vielversprechende Impfstoffkandidaten in der Pipeline haben. Daran zeigt sich: Deutschland kann Innovation, Deutschland kann Biotechnologie, und Deutschland kann Start-up.

Bundesbericht Forschung und Innovation – Titel © BMBF

Aber all das ist kein Selbstläufer. Dass wir diese Erfolgsgeschichten haben, ist das Ergebnis technologieoffener und kluger Forschungsförderung. Diese Bundesregierung setzt auf die Kraft von Fortschritt und Innovation. Wir investieren seit Jahren in Forschung und Innovation. Gute Forschung, erfolgreiche Innovation braucht einen langen Atem. Und genau dieses Fundament ist es, das uns jetzt in dieser Krise stärker macht als andere, worauf wir aktuell aufbauen und damit auch erfolgreich sind. BioNTech ist das beste Beispiel dafür.

BioNTech ist ein Start-up. Mittlerweile kennt jeder dieses Unternehmen. In unserer Forschungsförderung ist dieses Unternehmen eine alte Bekannte. Wir, das Bundesministerium für Förschung und Bildung, fördern dieses Unternehmen seit seiner Gründungsphase 2007: zu Beginn mit GO-Bio, unserer Gründungsoffensive Biotechnologie, dann über den Spitzencluster-Wettbewerb und jetzt im Sonderprogramm zur Impfstoffentwicklung. Im Laufe der Jahre haben Özlem Türeci und Ugur Sahin und ihre Mitstreiter Forschung und Entwicklung mit langem Atem betrieben. Das zahlt sich jetzt aus. Nur weil wir uns in Deutschland diesen langen Atem auch in finanziell schwierigen Zeiten leisten, haben wir solche Erfolge mit Unternehmen wie BioNTech.

Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel für die Stärke unseres Innovationslandes: Bereits im Januar – da hat hier noch niemand von Pandemie gesprochen – haben Wissenschaftler um Professor Christian Drosten an der Charité einen PCR-Test entwickelt und gehörten damit weltweit zu den Pionieren. Dieser Test hat uns geholfen, besser durch die erste Welle der Pandemie zu kommen als andere – eine kleine, schnelle Innovation mit großer Wirkung.

Aber wir sind auch in anderen Innovationsfeldern Spitze. Ich will ein paar Beispiele nennen: Gerade hat ein deutsches Institut im weltweiten Computer Science Ranking Platz eins in der Cybersicherheit erreicht, nämlich CISPA in Saarbrücken, ein Helmholtz-Institut, das – noch jung an Jahren – von uns gegründet worden ist, um Sicherheitslösungen in digitalen Systemen zu entwickeln. Oder auch unsere Gauß-Rechner: Auf der gerade veröffentlichten Liste der 500 schnellsten Supercomputer der Welt stehen Supercomputer aus Deutschland auf den vordersten Plätzen. Wir spielen auch dort, in der Weltliga der Supercomputer, ganz vorne mit.

So sehen relevante und kraftvolle Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen aus. Deswegen lassen Sie uns einen Moment innehalten und stolz sein auf unseren Innovationsstandort, auf das, was bis zum heutigen Tag schon geschafft worden ist. Lassen Sie uns einmal genießen, was wir bis heute geschafft haben.

Natürlich muss das, was heute schon gut ist, noch besser werden: noch innovativer, noch agiler, noch schneller. Denn der Wettbewerb mit Asien und Amerika ist hart und schnell. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, das unterscheidet uns: Wir sehen die Erfolgsgeschichten aus Saarbrücken, Mainz, Dessau, Tübingen und Berlin als Ansporn, kraftvoll weiterzumachen und mit langem Atem zu investieren. Ja, liebe FDP, lassen Sie uns gerne darüber reden, wie wir einen guten Biotechstandort noch besser machen. Es freut mich, wenn Sie unsere Anstrengungen unterstützen. Dazu gehört dann auch, dass wir ohne ideologische Scheuklappen über den Rechtsrahmen für neuartige Technologien wie die Genschere CRISPR/Cas9 reden, denn wir wollen dieses Instrument zum Wohle der Menschen nutzen.“

Insgesamt haben Staat und Wirtschaft im Jahr 2018 knapp 105 Milliarden Euro bzw. 3,13 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Im europäischen Vergleich geben nur Schweden, die Schweiz und Österreich noch mehr für FuE-Zwecke in Relation zum BIP aus. Absolut betrachtet ist Deutschland Spitzenreiter in der EU. Mit einem Anteil von 69 Prozent trägt die Wirtschaft den Großteil der Investitionen. Haupttreiber für Forschung und Entwicklung sind die Automobilbranche sowie der Bereich der Datenverarbeitung. Der Bund setzt mit seinen FuE-Ausgaben Schwerpunkte im Bereich der Gesundheit und der Energie (essen.ihk24.de/bundesbericht-forschung-und-innovation-2020).

„Widerstandsfähigkeit stärken und technologisch souveräner werden, das sind die beiden Ziele, für die wir in dieser Krise und auch danach die Maxime hochhalten, nicht nur in der Gesundheitsforschung. Wir haben gerade im Kabinett beschlossen, die Mikroelektronik mit 400 Millionen Euro zu fördern. Es geht dabei um nichts weniger als die Frage, wie wir in der digitalen Welt wettbewerbsfähig bleiben und eigene Standards setzen. Die Mikroelektronik ist die Schlüsseltechnologie in der digitalen Welt: Sensoren in autonom fahrenden Autos, selbststeuernde Industrieproduktionen, die Kommunikationsinfrastruktur der Zukunft: All das braucht Chips und Prozessoren. Wir brauchen souveräne Kompetenz auf diesem Feld, um die Mikroelektronik aktiv mitzugestalten, und das möglichst nachhaltig und energieeffizient.

Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Der weltweite Wettbewerb ist hart und schnell. Und wir wollen und werden in diesem Wettbewerb bestehen, wenn wir auf Agilität und Flexibilität, gute Netzwerke, auf zügigen Transfer aus der Forschung in die wirtschaftliche Anwendung setzen. Damit können wir dieses Land an der Spitze halten, und damit können wir den Wohlstand unseres Landes bewahren und ausbauen. Wir haben die Fachkräfte dafür. Wir haben das Innovationspotenzial. Wir müssen mutig, kontinuierlich und optimistisch weiter daran arbeiten. Wir können das! Wir sind das Innovationsland Deutschland, und wir wollen es bleiben. Dafür bitte ich ganz herzlich um Ihrer aller Unterstützung.“

Eine BMBF-Medienmitteilung
„Aufgeräumt und übersichtlich, vor allem aber interaktiv: In Zusammenarbeit mit Tech4Germany, der Digitalisierungsinitiative unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzleramtes, wurde die Website des Bundesberichts Forschung und Innovation (BuFI) erfolgreich nutzerzentriert weiterentwickelt und ist im neuen Look ab sofort unter www.bundesbericht-forschung-innovation.de online verfügbar.
Die runderneuerte Website des BuFI ermöglicht einen einfachen und direkten Zugang zum Bundesbericht sowie weitergehenden Daten und Informationen zum deutschen Forschungs- und Innovationsgeschehen. Bildete die Seite bisher vor allem die Texte aus der Printausgabe des alle zwei Jahre erscheinenden Berichts ab, stehen nun die ergänzenden Online-Angebote im Mittelpunkt: Beispielsweise können sich ab sofort Nutzerinnen und Nutzer ausgesuchte Daten und Zeitreihen für Kennzahlen zu Forschung und Entwicklung in Deutschland in interaktiven Diagrammen anzeigen lassen.
Dazu zählen Informationen zu Investitionen, Beschäftigten oder zu Forschungs- und Entwicklungsergebnissen. Auch internationale Vergleiche sind möglich. Weitere Angebote umfassen Darstellungen der FuE-Politik der Länder sowie ein Überblick über die Forschungseinrichtungen, die in Deutschland außerhalb der Wirtschaft und der Hochschulen Forschung und Entwicklung betreiben. Die Website bietet dazu eine umfangreiche Auswahl an Downloadmöglichkeiten an.“

->Quellen: