Schluss mit Plaste – aber erst 2022 und dünner als 50 Mikrometer

Änderung des Verpackungsgesetzes

Das Plastiktütenverbot kommt, wen auch nicht so schnell wie von vielen erhofft: Am 26.11. 2020 beschloss der Bundestag die entsprechende Änderung des Verpackungsgesetzes. „Der Verbrauch leichter Kunststofftragetaschen und damit der Erfolg der 2016 geschlossenen Vereinbarung zwischen dem SPD-geführten Bundesumweltministerium und dem Handel soll konsequent fortgesetzt werden“, so eine Medienmitteilung der SPD-Fraktion.

Plastiktüten mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometer, die meist nur ein einziges Mal verwendet und dann unsachgemäß entsorgt werden, sind ab dem 01.01.2022 verboten. Der Verbrauch von Plastiktüten ist in Deutschland in den letzten Jahren zurückgegangen. Dennoch nutzen Verbraucherinnen und Verbraucher noch rund 1,6 Milliarden Plastiktüten pro Jahr, also rund 20 Plastiktüten pro Kopf.

Bundesumweltministerin Schulze: „Es geht auch ohne die Plastiktüte“

Plastikmüll – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Wenige Minuten genutzt und im schlimmsten Fall jahrzehntelang in der Umwelt – die Plastiktüte ist der Inbegriff der Ressourcenverschwendung. Diese Hopp-und-Weg-Mentalität ist nicht mehr zeitgemäß. Die Zeit ist mehr als reif für das Verbot der Plastiktüte. Allerdings dürfen jetzt nicht Wegwerfartikel aus anderen Materialien die Plastiktüte ersetzen. Die Zukunft ist nicht die Einweg-Papiertüte. Die Zukunft ist Mehrweg – und das ist gerade bei Tüten wirklich kein Problem. Gute Alternativen sind Einkaufs e, waschbare Stoffbeutel für Obst und Gemüse und wiederverwendbare Boxen für Waren von der Frischetheke.“

„Hemdchenbeutel“ von weniger als 15 Mikrometern werden nicht verboten. Sie sorgen vor allem für einen hygienischen Umgang mit offenen und leicht verderblichen Lebensmitteln wie zum Beispiel Fleisch- oder Wurstwaren. Für diesen Zweck gibt es noch keine gute Alternative. Daher kämen infolge eines Verbots womöglich mehr (Vor-)Verpackungen auf den Markt, was zu einer Zunahme des Verpackungsmülls führen könnte. Viele Handelsketten verzichten schon heute auf Verpackungen für lose Produkte, wo es möglich ist. Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von mehr als 50 Mikrometern wiederum sind vergleichsweise stabil und werden daher typischerweise häufiger verwendet.

1,6 Milliarden Plastiktüten werden in Deutschland pro Jahr verbraucht, das sind mehr als 3.000 Stück pro Minute. Aneinander gereiht würden die Tüten 20-mal den Äquator umrunden. Im Durchschnitt wird eine Plastiktüte nicht länger als 20 Minuten genutzt. Es dauert aber viele Jahrzehnte, bis sie sich abbaut, wenn sie einmal in die Umwelt gelangt – © BMU

Die besten Alternativen zur Plastiktüte sind Stofftaschen, Rucksäcke, Körbe oder andere Mehrwegbehältnisse, die lange Zeit wiederverwendet werden. Auch Mehrweg-Taschen aus Kunststoffgewebe, wie zum Beispiel Polyester sind gute Alternativen. Je häufiger sie benutzt werden, desto umweltfreundlicher werden sie. Bei Stoffbeuteln muss man darauf achten, dass sie entweder aus Recyclingmaterial stammen oder ihr Grundstoff aus der ökologischen Landwirtschaft stammt, zum Beispiel Flachs oder Baumwolle.

Papiertüten wiederum haben zwar den Vorteil, dass sie schneller verrotten, wenn sie in die Umwelt gelanten. Allerdings verursacht ihre Produktion vergleichsweise viele CO2-Emissionen und es wird dabei viel Wasser verbraucht, das in der Folge aufwendig gereinigt werden muss. Das heute vom Bundestag beschlossene Plastiktütenverbot muss noch den Bundesrat passieren. Die Abgeordneten haben als Datum des Inkrafttretens den 01.01.2022 gewählt.

 Rede von Svenja Schulze zum Ersten Gesetz zur Änderung des Verpackungsgesetzes

Im Bundestag hielt Bundesumweltministerin eine Rede zur 2./3. Beratung zum Ersten Gesetz zur Änderung des Verpackungsgesetzes: Die Plastiktüte wird verboten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,
immer noch werden in Deutschland 1,6 Milliarden Plastiktüten pro Jahr verbraucht. Oft werden sie nur wenige Minuten genutzt. Viel zu häufig landen sie dann in der Umwelt, wo es über 100 Jahre dauert, bis sie sich zersetzen. Die Tüte ist damit der Inbegriff der Ressourcen-Verschwendung. Gerade in Zeiten, in denen sich Mehrweglösungen wie wieder-befüllbare Kaffee-Becher oder Essensbehälter langsam durchsetzen und man sogar Weihnachtsbäume mieten kann. Diese Mentalität „Einmal nutzen, weg und hopp“ hat in der heutigen Zeit nichts mehr zu suchen.

Der Konsum von Plastiktüten ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen – auch dank einer Vereinbarung zwischen dem Umweltministerium und dem Handel. Jetzt ist die Zeit gekommen, den Verbrauch auf Null zu senken. Wir brauchen die Tüte nicht mehr. Die neue gesetzliche Regelung erreicht auch diejenigen, die sich bisher nicht an der freiwilligen Vereinbarung beteiligt haben.

Das Verbot gilt für Tüten, die besonders selten wiederverwendet werden. Davon ausgenommen sind sogenannte „Hemdchenbeutel“, also sehr dünne Tüten. Sie werden häufig aus hygienischen Gründen beim Verkauf von losen Lebensmitteln benötigt. Bei einem Verbot würden sie durch aufwändigere Verpackungen ersetzt. Das darf uns bei der Plastiktüte nicht passieren. Deswegen wird das Bundesumweltministerium beobachten, wodurch die Plastiktüte ersetzt wird und gegebenenfalls nachsteuern.

Das Verbot der Plastiktüte ist ein erster Schritt, dem weitere folgen. In der vergangenen Woche erst habe ich einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem zu Einwegplastik-Verpackungen für ToGo-Gerichte und -Getränke künftig immer auch eine Mehrweg-Alternative angeboten werden muss. Denn eines ist klar: Mehrweg ist die Zukunft – auch beim Einkaufen. Eine Mehrweg-Tragetasche aus Kunststoff ist bereits nach dreimal nutzen umweltfreundlicher als eine Einwegplastiktüte.

Ursprünglich sollte das Plastiktüten-Verbot ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gelten. Viele Geschäfte stehen durch Corona jedoch ohnehin unter erheblichem Druck und sollen ihre Restbestände nicht vernichten müssen. Ich stehe deshalb einer Anwendung des Verbots erst ab dem 1. Januar 2022 offen gegenüber.

In dieser Woche ist die Europäische Woche der Abfallvermeidung. Europaweit werden Projekte vorgestellt, die Alternativen zur Wegwerfgesellschaft aufzeigen. Das ist ein guter Zeitpunkt für das Verbot der Plastiktüte. Ich bin mir sicher: Wir werden sie nicht vermissen.“

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