Vatikan-Klima-Konferenz online

Gegen den Klimawandel mit „Wissen, Weisheit und Willen“

Zu einer „Kultur der Sorge“ hat Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin mit Blick auf die Folgen des Klimawandels aufgerufen. Um das Schlimmste vor allem für die Ärmsten in der Welt abzuwenden, brauche es Wissen, Weisheit und politischen Willen, unterstrich Parolin Radio Vatikan zufolge in einer Videobotschaft anlässlich des fünften Jahrestages des Pariser Klima-Abkommens. Aus diesem Anlass organisierte der Vatikan auch eine Onlinekonferenz.

Mit der Globalisierung werde die Gesellschaft nicht automatisch geschwisterlicher, gab Parolin zu bedenken. Er wandte sich an einen Runden Tisch, den die Botschaften des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und Italiens beim Heiligen Stuhl am 10.12.2020 zum Thema Klimawandel ausgerichtet haben.

Für eine Kultur der Fürsorge und die Zentralität der wissenschaftlichen Forschung

Parolin sprach sich in seiner Botschaft für ein „neues kulturelles Modell der Fürsorge“ aus – „für uns, für andere und für die Umwelt“. Diese Haltung gelte es einer weit verbreiteten „Kultur der Gleichgültigkeit, des Zerfalls und des Wegwerfens“ entgegenzusetzen, so der Kardinalstaatssekretär. Wesentlich dafür seien Wissen, Weisheit und politischer Wille, führte er aus. Parolin betonte zunächst die Zentralität der wissenschaftlichen Forschung, des interdisziplinären Austausches und der Notwendigkeit, unser Wissen zu erweitern, um dem Klimawandel wirkungsvoll entgegenzutreten.

Noch weit vom Erreichen der Ziele entfernt

Zugleich brauche es Weisheit und ethische Einsichten, bekräftigte der Kardinal: Die kirchliche Soziallehre könne hier auf eine „lange Erfahrung“ zurückgreifen. Papst Franziskus habe die Weltgemeinschaft bei ihrem Kampf gegen den Klimawandel zu „praktischer Solidarität“ und einer „besonderen Aufmerksamkeit für die Verletzlichsten aufgerufen“, erinnerte Parolin, der unter anderem auf die Enzyklika Laudato si‚ (siehe auch: solarify.eu/papst-rundschreiben) verwies. Mit der Enzyklika hat sich Papst Franziskus 2015 noch vor dem Pariser Gipfel in den Kampf gegen den Klimawandel eingereiht.

Fünf Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen gebe es gleichwohl noch viel zu tun: „Viele Studien zeigen, dass die aktuellen Verpflichtungen, die die Nationen zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung an ihn eingegangen sind, weit von dem entfernt sind, was tatsächlich notwendig ist, um die im Pariser Abkommen festgelegten Ziele zu erreichen.“ Parolin würdigte zugleich Vorschläge und Projekte der Nachhaltigkeit in Ökonomie und Energiewirtschaft, im Feld der Mobilität und der Fisch- und Holzwirtschaft.

Es braucht mehr politischen Willen

Mit Blick auf die politischen Entscheidungsträger vermisst der Vatikanvertreter die notwendige Entschiedenheit. Die globale Erwärmung und auch die aktuelle Corona-Krise forderten uns zu einem grundlegenden Wandel und zum Treffen „konkreter und unaufschiebbarer Entscheidungen“ auf, unterstrich Parolin. Der UNO-Klimagipfel COP26 in Glasgow 2021 müsse in diesem Kontext als Chance genutzt werden, eine grundlegende Wende einzuleiten.

Der Heilige Stuhl begleite diesen Prozess mit seiner Sorge um die Schwächsten und seinem Einsatz für Bildung, ergänzte Parolin: Politische und technische Lösungen seien „nicht genug“, es brauche „einen erzieherischen Prozess, der vor allem junge Leute zu neuen Lebensstilen und einem neuen Sinn für unsere gemeinsame Menschheit ermutigt und der zu einem Wandel in unseren Sichtweisen führt.“

Klima-Konferenz: Ressourcen der Schöpfung nutzen – Papst: Erziehung zu Umweltschutz und Menschenwürde elementar

Was hat Corona mit dem Klimawandel zu tun? Wie kann man die Erderwärmung trotz Nichterreichen der Klimaziele noch aufhalten? Diese und andere Fragen standen im Fokus einer Online-Konferenz, die der Vatikan 09.12.2020 organisiert hat, so Silvia Kritzenberger auf Vatican News. Dabei kam neben Kurienkardinal Peter Turkson und der tschadischen Bürgerrechtlerin Hindou Oumarou Ibrahim auch der Klimaforscher und Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, zu Wort. „Faith, Science and Youth – A call for an ambitious Climate Summit“ lautete der Titel der Konferenz.

Covid-19 habe zwar uns ausgebremst, könne aber nicht den Klimawandel ausbremsen, stellte der deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber fest. Obwohl der Planet nun aufatmen könne und deutlich niedrigere Kohlenstoffdioxidwerte gemessen würden, seien wir von den Zielen, die bei der Pariser Klimakonferenz von 2015 abgesteckt wurden, noch weit entfernt, so das Fazit des Klimaexperten, der die katholische Kirche als wichtigen Akteur bei der Bewältigung der Klimakrise sieht.

Mehr Wert auf nachhaltiges Bauen legen

Ein großes Problem macht Schellnhuber im Bausektor aus. Beton sei eines der schlimmsten Materialien überhaupt, wenn es um Umwelt- und Klimafolgen gehe, stattdessen solle man auf nachhaltiges Bauen setzen und auf das zurückzugreifen, was uns die Schöpfung zur Verfügung stelle: organische Materialien und Energieträger wie Holz und Solarenergie, Ressourcen also, die nichts kosteten und keine negativen Nebeneffekte hätten.

Ein auch vom Vatikan unterstützter Trend, wie Kardinal Turkson, Präfekt des Vatikan-Dikasteriums zur Förderung der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, herausstellte. Konkret bemühe sich die Kirche auch darum, lokale Gemeinschaften bei der Umsetzung von Klimaprojekten wie beispielsweise der Ausstattung von Kirchen mit Solardächern finanziell zu unterstützen, so der Kardinal.

Die Notwendigkeit einer „ökologischen Umkehr“

Danach gefragt, wie der Glaube und die Botschaften von Papst Franziskus zur Bewältigung der Klimakrise beitragen könnten, verwies Turkson auf die Umwelt-Enzyklika „Laudato si“, in der Franziskus die Notwendigkeit einer „ökologischen Umkehr“ herausgestellt und betont habe, dass man aus jeder Krise eine Lehre ziehen müsse. Der Papst rufe dazu auf, von umweltschädlichen Gewohnheiten in Sachen Energieverbrauch und Konsum abzukommen. Die aktuelle Corona-Krise habe zwar neue Wege aufgezeigt, die Natur und Umwelt weniger zu belasten, aber erkennen lassen, dass auch diese Krise vor allem die Armen treffe: Menschen, die oft keinen Zugang zu sauberem Wasser und medizinischer Versorgung hätten. Daher der dringende Appell des Papstes, auf den Ruf der Natur und der Armen zu hören. In diesem Zusammenhang verwies Turkson auch auf das Amazonas-Netzwerk Repam, das sich auf der Grundlage von „Laudato si“ für die Belange der indigenen Völker und den Schutz der Umwelt einsetzt.

Indigene Völker: von Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen/

An dieser Stelle betonte die Koordinatorin der „Vereinigung indigener Peul-Frauen und Völker des Tschad“ (AFPAT), Hindou Oumarou Ibrahim, dass indigene Völker aufgrund ihrer Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen seien. Sie stellten zwar weniger als 5 Prozent der Weltbevölkerung, schützten aber 80 Prozent der globalen Biodiversität. Daher sei die Zusammenarbeit mit indigenen Gruppen besonders wichtig, so der Appell der tschadischen Bürgerrechtlerin. (vatican news – pr – skr)

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