ewi-Analysen – Transportkosten strittig – eine Alternative
Die Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff weisen weltweit eine hohe Bandbreite auf. Deutschland verfügt im internationalen Markt für grünen Wasserstoff nicht über eine ideale Ausgangslage. Kurz- bis mittelfristig könnte blauer Wasserstoff eine kostengünstigere Bezugsoption sein, zeigen Analysen des Kölner Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI). Andere, etwa die BASF, favorisieren türkisen Wasserstoff schreibt Notker Blechner auf tagesschau.de.
Für die unterschiedliche Herstellung des Wasserstoffs haben Experten eine ganze Farbenlehre entwickelt. Es gibt braunen, weißen, grauen, blauen, roten, grünen, gelben und türkisen Wasserstoff (siehe: solarify.eu/wasserstoff-farbenlehre). „CO2-armer (grüner) Wasserstoff gilt als zentraler Baustein der Energiewende – aber auch (noch) als teuer. Aufgrund der schlechteren Potenziale für Erneuerbare Energien ist die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse an den besten Wind- oder Solarstandorten der Welt rund 40 Prozent günstiger als in Deutschland (mit Strom aus Windkraftanlagen auf See). Allerdings fallen für den Import nach Deutschland erhebliche Transportkosten an, die im Falle des Schiffstransports etwa in derselben Größenordnung wie die Herstellungskosten liegen,“ so die Experten des ewi.
Allerdings gehen darüber die Meinungen auseinander. Schon 2016 ergab eine Untersuchung in Finnland (siehe core.ac.uk/download/pdf/82617548.pdf), dass die Transportkosten weniger als 1 % der Produktionskosten ausmachten. Und IHS Markit publzierte jüngst eine Vorausschau, dass grüner Wasserstoff bald weniger als zwei Euro kosten werde (siehe solarify.eu/wasserstoff-bald-weniger-als-2-euro). Bei diesem Preis fallen die Tansportkosten nicht sonderlich ins Gewicht.
Insgesamt ist der Import von grünem Wasserstoff – je nach Szenario – laut ewi nur dann günstiger als die heimische Herstellung, wenn dieser über umgewidmete Erdgas-Leitungen aus Ländern mit hohem Solar- oder Windpotential eingeführt werden kann. In dem Fall würde der Vorteil geringerer Erzeugungskosten im Ausland, zum Beispiel in Spanien oder Norwegen, den Nachteil höherer Transportkosten nach Deutschland in Summe leicht überwiegen.
Das zeigt das ewi in zwei neuen Veröffentlichungen. Im Forschungspapier „Estimating Long-Term Global Supply Costs for Low-Carbon Hydrogen” haben die Autoren Szenarien zur Entwicklung der langfristigen Bereitstellungskosten von CO2-armem Wasserstoff in 90 Ländern berechnet. Im EWI Policy Brief „Wasserstoff: Bezugsoptionen für Deutschland“ geht es um Folgerungen für Deutschland. Außerdem stellt das EWI ein Excel-Tool zur Verfügung, das es ermöglicht, Wasserstoffproduktions- und Importkosten für verschiedene Länder zu ermitteln.
Blauer Wasserstoff kurz- bis mittelfristig kostengünstiger
Zumindest im kommenden Jahrzehnt ist sogenannter blauer Wasserstoff voraussichtlich günstiger als grüner. Blauer Wasserstoff wird aus fossilem Erdgas hergestellt. Das anfallende CO2 wird dabei weitgehend via Carbon Capture and Storage (CCS) abgeschieden und gespeichert, sodass Treibhausgase vermieden werden. Allerdings sind CCS-Anwendungen derzeit gemäß der geltenden Rechtslage in Deutschland praktisch ausgeschlossen. „Aufgrund der geringeren Erzeugungskosten könnte sich blauer Wasserstoff dazu eignen, möglichst kosteneffizient den schnellen Hochlauf eines Wasserstoffmarktes in den kommenden Jahren voranzutreiben“, sagt EWI-Manager Simon Schulte, der die Analysen gemeinsam mit Gregor Brändle und Max Schönfisch verfasst hat. „Das gilt insbesondere dann, wenn der Erdgaspreis auf niedrigem Niveau bleibt. Insgesamt gilt: Alle Varianten, CO2-armen Wasserstoff herzustellen, sind nur bei einem ausreichend hohen CO2-Preissignal konkurrenzfähig“, so Schulte. „Nur dann haben Unternehmen und Haushalte einen Anreiz, von CO2-intensiven Energieträgern auf CO2-armen Wasserstoff zu wechseln.“Die Publikationen erfolgten im Rahmen des „Forschungsprogramm Wasserstoff: Die Rolle von Gas in der Energiewende“, einer Initiative der Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e. V. (siehe: solarify.eu/die-rolle-von-gas-in-der-energiewende)
BASF setzt auf türkisen Wasserstoff aus Methanpyrolyse
Die DZ Bank sieht – so Blechner auf boerse.ard.de – in einer Studie „große Chancen für das türkise Wasserstoff-Projekt von BASF, da es die Ressource Erdgas emissionsfrei nutzt“. Das dort angewandte Verfahren der Methanpyrolyse benötige nämlich nur ein Fünftel der Energie, die für die Wasserelektrolyse gebraucht wird. Laut BASF werden bei der Herstellung von einer Tonne türkisem Wasserstoff mit Methanpyrolyse nur 10 MWh Energie verbraucht, beim grünen Wasserstoff sind es 55 MWh Energie. Bei der konventionellen Produktion von grauem Wasserstoff über die so genannte Dampfreformierung werden zwar noch weniger, nämlich sechs MWh Energie gebraucht, allerdings entstehen dabei auch zehn Tonnen CO2.
Aktuell baut BASF am Standort Ludwigshafen eine Testanlage, die Anfang 2021 in Betrieb gehen soll. Der bei der Pyrolyse anfallende Kohlenstoff könnte in der Aluminium-, Stahl-, oder Bauindustrie oder als Graphitersatz für Batteriematerialien eingesetzt werden, sagt Projektleiter Dieter Flick. Bis das Verfahren großtechnisch in einer Produktionsanlage angewandt wird, dürfte es wohl noch bis 2030 dauern. Blechner: „BASF sieht sich als Vorreiter bei der Methanpyrolyse. Auch die Tochter Wintershall Dea, das Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) tüfteln an der Technologie. Angeblich arbeitet auch Gazprom an einem Verfahren der Methanpyrolyse.“
->Quellen:
- ewi.uni-koeln.de/policy-brief-h2-kosten
- solarify.eu/wasserstoff-bald-weniger-als-2-euro
- Forschungspapier (englisch)
- Policy Brief
- Download Excel-Tool (englisch)
- tagesschau.de/technologie/tuerkiser-wasserstoff-basf
- boerse.ard.de/alternative-tuerkiser-wasserstoff
- bundestag.de/sv-ragwitz-data.pdf
- iass-potsdam.de/IASS_Discussion_Paper_Internationale_Wasserstoffpolitik
- h2-news.eu/gwf-ge_03_2020_Buenger.pdf