Afrikanische Energiewende weiter schwierig

Fossile bleiben 2030 wohl bei zwei Dritteln

Die Energiewende in Afrika verläuft laut einer in nature energy publizierten Untersuchung der Universität Oxford schleppend, obwohl sich der Strombedarf dort in den nächsten zehn Jahre verdoppeln wird. Die Hoffnung, der Kontinent könne den Ausbau der fossilen Energiegewinnung zugunsten Erneuerbarer Energien gleich überspringen, erfüllt sich nicht. Also bleibt die fossile Energiegewinnung im Mittelpunkt und gefährdet die Klimaschutzziele. Daher appelliert die UNO an die Solidarität der Staatengemeinschaft.

CSP-Kraftwerk Kuraymat, Ägypten – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die Studienautoren haben unter Einsatz hochmoderner Technik des maschinellen Lernens die Pipeline von mehr als 2.500 derzeit geplanten Kraftwerken und ihre Chancen, ob sie auch tatsächlich in Betrieb genommen werden können, analysiert – mit der Schlussfolgerung, dass 2030 der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung, die nicht aus Wasserkraft gewonnen werden, je nach Region wahrscheinlich immer noch unter 10 Prozent liegen wird.

„Afrikas Strombedarf wird deutlich steigen, da sich der Kontinent industrialisieren und den Wohlstand seiner Bevölkerung verbessern will. Das würde die Chance bieten, die wirtschaftliche Entwicklung durch Erneuerbare Energien zu unterstützen“, erklärt Hauptautorin Galina Alova, Forscherin an der Oxford Smith School of Geography and the Environment.

Fachleute hatten bisher geglaubt, Afrika könnte seine riesigen Erneuerbaren Energieressourcen und deren schnell sinkende Preise nutzen, um bis 2030 möglichst komplett auf Erneuerbare Energieträger umzusteigen. Doch die Analyse zeigt, dass dem nicht so sein wird: 2030 werden immer noch zwei Drittel der gesamten Stromerzeugung in Afrika auf fossile Brennstoffe entfallen. Weitere 18 Prozent der Stromerzeugung werden aus Wasserkraftwerken stammen, nicht unproblematisch aufgrund des Klimawandels und der dadurch zu befürchtenden Wasserknappheit. Denn diese haben ihre eigenen Herausforderungen, wie z.B. die Anfälligkeit für eine zunehmende Anzahl von Dürren, die durch den Klimawandel verursacht werden.

Die Studie hebt auch regionale Unterschiede in der Geschwindigkeit des Übergangs zu erneuerbaren Energien hervor, wobei das südliche Afrika die Nase vorn hat. Es wird prognostiziert, dass allein Südafrika bis 2030 fast 40 % der gesamten prognostizierten neuen Solarkapazität in Afrika hinzufügen wird.

Abstract des Nature Energy-Artikels

„Energieszenarien stützen sich oft auf weitreichende Annahmen über die Zukunf, spiegeln aber nicht immer adäquat das durch geplante Energiegewinnungsprojekte verursachte Lock-in-Risiko und die Ungewissheit über ihre Realisierungschancen wider. Für diese Untersuchung haben wir ein Machine-Learning-Modell entwickelt, das eine hohe Genauigkeit bei der Vorhersage des Scheiterns und des Erfolgs von Energieerzeugungsprojekten zeigt. Dazu haben wir den größten Datensatz über historische und geplante Kraftwerke, der für Afrika verfügbar ist, mit Merkmalen auf Länderebene kombiniert. Wir fanden heraus, dass die wichtigsten Faktoren für die erfolgreiche Inbetriebnahme vergangener Projekte auf Anlagenebene liegen: Kapazität, Brennstoff, Eigentumsverhältnisse und Anschlussart. Wir haben das trainierte Modell angewandt, um die Realisierung der aktuellen Projektpipeline vorherzusagen. Im Gegensatz zu schnellen Übergangsszenarien zeigen unsere Ergebnisse, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft an der Stromerzeugung 2030 wahrscheinlich unter 10 % bleiben wird, obwohl sich die Gesamterzeugung mehr als verdoppelt. Diese Ergebnisse deuten auf ein hohes „Carbon Lock-in“-Risiko für Afrika hin, es sei denn, es kommt zu einem schnellen Dekarbonisierungsschock, der zu einer groß angelegten Stornierung der derzeit in der Pipeline befindlichen fossilen Kraftwerke führt.“ (nature.com/s41560-020-00755-9)

UN-Generalsekretär António Guterres kündigte denn auch beim virtuellen COP26-Treffen zum Thema ‚Clean Power Transition‚, Macrons One Planet Summit for Biodiversity am 11.01.2021 an, der Aufbau einer globalen Koalition für Kohlenstoffneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts sei zentrales Ziel der UN: „Alle Länder brauchen daher glaubwürdige mittelfristige Ziele und Pläne, die auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, brauchen wir dringend einen Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien“. Dass 789 Millionen Menschen – drei Viertel davon in Afrika südlich der Sahara – in den Entwicklungsländern immer noch keinen Zugang zu elektrischem Strom hätten, ist für den UN-General eine „Ungerechtigkeit und ein Hindernis für eine nachhaltige Entwicklung“.

Guterres nahm folglich die Industrienationen in die Pflicht: Um die Energiewende voran zu bringen, sei ein „starkes Engagement aller Regierungen“ nötig. „Wir brauchen eine angemessene internationale Unterstützung, damit die afrikanischen Volkswirtschaften und die Volkswirtschaften anderer Entwicklungsländer die umweltverschmutzende Entwicklung überspringen und auf einen sauberen, nachhaltigen Energiepfad übergehen können.“

Vor diesem Hintergrund wiederholte er seinen Appell an die Industrienationen als „moralischen Imperativ“, ihre jährliche Zusage von 100 Milliarden Dollar zur Unterstützung von Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern zu erfüllen. Denn trotz enormer Geldsummen, die für die COVID-19-Wiederbelebung und verschiedene Konjunkturmaßnahmen bereit gestellt worden seien, würden „nachhaltige Investitionen immer noch nicht priorisiert“. Dabei sei der Weg so einfach: „Wir haben die Werkzeuge. Lassen Sie sie uns mit politischem Willen freischalten!“

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