BDEW zur Debatte über privates Laden und das Modell der Spitzenglättung
Völlig überraschend hat das Bundeswirtschaftsministerium gestern den Referentenentwurf zum Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG) nach mehr als zwei Jahren gutachterlicher Vorbereitung vorerst zurückgezogen. Mit dem Gesetz sollte ein verlässlicher Rahmen geschaffen werden, der den schnellen Anschluss neuer Verbrauchseinrichtungen wie Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen, und dezentrale Speicher in die Niederspannungsnetze regelt. Hierzu erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
„Es ist völlig unverständlich, dass der ausgewogene Vorschlag zurückgenommen wurde. Elektromobilität ist erfolgreich, wenn das System mitgedacht wird. Das Schüren von unbegründeten Ängsten behindert den Erfolg der CO2-freien Mobilität der Zukunft. Es ist erstaunlich, dass die Automobilbranche dabei ist, ihr eigenes Zukunfts-Produkt schlecht zu reden, indem suggeriert wird, das Laden der Autos werde verhindert.
So wird mit konstruierten Beispielen ohne Not eine regelrechte Reichweiten-Angst herbeigeredet, die mit der Realität nichts zu tun hat. Dringend notwendig ist, auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren und nicht durch vermeintliche Probleme wesentliche Weichenstellung für eine raschen, unkomplizierten Hochlauf der Elektromobilität in Frage zu stellen. Auch die Automobilindustrie ist hier in der Verantwortung.
Es muss allen Beteiligten klar sein: Wir brauchen für den Erfolg der Elektromobilität ein jederzeit stabiles Stromnetz. Es geht um Strom für das Laden von Millionen von E-Autos. Hinzu kommen künftig Millionen neuer Wärmepumpen, die ebenfalls ans Stromnetz angeschlossen werden müssen. Dass ist für die Verteilnetze eine Herausforderung, für die sie insgesamt gut aufgestellt sind.
Aber: Wenn man es ernst meint mit Elektromobilität, dann braucht man nicht nur Lösungen für die ersten 10-20 Prozent Marktanteil in den Netzen, sondern auch für einen Anteil von 50 Prozent und mehr sowie für die Situationen, bei denen es lokal doch mal nicht so einfach ist. Und man braucht sie dann, wenn die Netze für diese Entwicklung geplant werden: Das heißt heute.
Die Herausforderungen können wir mit verschiedenen Maßnahmen meistern – ein kluger Baustein ist, in einem kurzen Zeitfenster die Ladeleistung an die aktuelle Situation im jeweiligen Stromverteilnetz anzupassen. Dass das dazu führen könnte, dass ein E-Autofahrer nur aufgrund dieses zeitlich eng begrenzten Eingriffs mit leerer Batterie dasteht, ist ein konstruiertes Beispiel.
Auch heute reizt niemand den Tank seines Benziners oder Dieselautos bis zum letzten Kraftstofftropfen aus, sondern fährt rechtzeitig zur Tankstelle. Zudem wissen alle, dass die E-Mobilität anders funktionieren wird als die „Verbrenner-Mobilität“, bei der die Autofahrer zwingend auf Tankstellen angewiesen sind: Künftig wird es die Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz und zu Hause geben. Dazu kommt schon jetzt eine große Zahl an – nicht ausgelasteten – öffentlichen Ladesäulen.
Ohne die Möglichkeit einer kurzzeitigen Anpassung der Ladeleistung müsste das Stromnetz-Verteilnetz in Deutschland flächendeckend für die sehr seltenen Fälle extremer Stromnachfragespitzen ausgebaut werden. Das würde über den ohnehin notwendigen Ausbau hinaus zusätzliche Milliarden-Investitionen erfordern. Bezahlen müssten dies am Ende alle Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland, ob sie ein E-Auto fahren oder nicht. Es kann aber nicht sein, dass hier die Kosten für alle Menschen steigen, obwohl es eine praktikable Alternative ohne Komforteinbußen für die Betroffenen gibt.
Dies werden wir in den jetzt angekündigten Gesprächen zu dem Entwurf deutlich machen.
Wichtig ist, dass jetzt ein verlässlicher gesetzlicher Rahmen für ein modernes, intelligentes und effizientes Netz geschaffen wird, der zugleich aber offen bleibt für zukünftige Anpassungen auf Basis von Praxiserfahrungen und sich ändernden Rahmenbedingungen.
Ein wichtiger Schritt ist das vom BDEW geforderte Monitoring, das in der Gesetzesvorlage auch vorgesehen war. Im Rahmen dieses Monitorings kann auch eine Evaluierung der Häufigkeit und Dauer der netzseitigen Begrenzungen erfolgen, um damit auf einer sachlichen Basis Aussagen über tatsächliche Entwicklungen und über sinnvolle Ansätze für die Weiterentwicklung der Spitzenglättung treffen zu können.
Dabei sollte zum einen die Entwicklung der Kosten und Aufwände im Blick behalten werden, so dass im Bedarfsfall Anpassungen vorgenommen werden können. Zum anderen sollte eine regelmäßige Überprüfung stattfinden, ob ergänzende marktbasierte Lösungen die Verfügbarkeit von Flexibilität im Verteilnetz erhöhen und für Verbraucher kostendämpfend wirken können.“
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