Simulation des FHWS-Labors für Thermodynamik
Ressourcenschonung und Klimawandel sind in aller Munde – der Klimaschutz ebenso: Schweinfurt will „Grüne Stadt Schweinfurt 2030“ werden. Für die Umsetzung dieses hochgesteckten Ziels wurden neben Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft sowie der Energieversorgung die Wissenschaften an einen Tisch geholt – konkret die Fakultät Maschinenbau an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS). Diese entwickelte im Rahmen eines Forschungsprojekts ein Simulationsprogramm, um Nutzung, Speicherung und Verteilung regenerativer Energie z.B. über Wasserstoff auf Basis eines umfangreichen Datenpools theoretisch durchzuspielen.
Das Computermodell kann anschließend dazu dienen, technische, politische wie wirtschaftliche Schlussfolgerungen zu ziehen und Entscheidungen zu treffen. Langfristig soll eine Infrastruktur bereitgestellt und geschaffen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit von Industrieregion und Arbeitsplätzen zu gewährleisten, die Stadt CO2-frei zu gestalten und sie wirtschaftlich mit Energie zu versorgen. Die FHWS unterstützt damit aktiv die notwendige Transformation der Industrie vor Ort und ermöglicht eine ökologische Ökonomie, die klimaneutral ist und bezahlbar bleibt. Das Programmsystem kann mit den entsprechenden Anpassungen auch auf andere Regionen und Kommunen angewendet werden.
Energieversorgung: Simulation mit einem digitalen Zwilling
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund um Dekan Prof. Johannes Paulus an der FHWS haben als Konzept des Simulationsprogramms den Ansatz eines sogenannten „digitalen Zwillings“ gewählt. „Der Aufbau eines digitalen Zwillings ist der erste Schritt zur Konzeption und Errichtung einer realen Anlage.“ Simuliert wird das Stadtgebiet Schweinfurt und dessen Versorgungsstruktur über eine Sektorenkopplung mit verschiedenen Energieträgern, u.a. Strom, Erdgas, Sonnen-, und Windenergie, Wasserkraft, Kohle oder Öl. Module für z.B. Geothermie, Biogas und andere Energieträger können in das Programm ebenfalls integriert werden. In Testdurchläufen kann man nachahmen, welchen Energiebedarf der Verkehr, Privathaushalte oder Unternehmen benötigen und wie dieser gedeckt werden kann. Die Frage: Wie lässt sich das System so einrichten, dass das Ziel einer grünen Stadt Schweinfurt nicht Utopie bleibt?
Prof. Paulus erläutert die Schritte: Eine erste sogenannte Beta-Version sei im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten im Labor für Thermodynamik und Energietechnik entstanden: „Das Programm ist jetzt lauffähig.“ Für das Programm wurden eigene Detailmodule für einen Elektrolyseur und eine Brennstoffzelle entwickelt und integriert, d.h. es kann „virtuell“ bereits eine Power-to-Gas-Anlage inklusive der Rückverstromung simuliert werden. In einem Elektrolyseur wird durch elektrischen Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann gespeichert und für verschiedene Anwendungen genutzt werden. Eine Möglichkeit ist die Rückverstromung in einer Brennstoffzelle, wobei Brennstoffzellen auch in Fahrzeugen zum Einsatz kommen können. „Der Aufbau eines digitalen Zwillings ist der erste Schritt zur Konzeption und Errichtung einer realen Anlage.“
In weiteren Etappen werden im FHWS-Labor für Thermodynamik detailliertere numerische Simulationsmodelle für Brennstoffzellen und Elektrolyseure in der sogenannten „Mikroskala“ entwickelt: Mit diesen Modellen kann man exakte thermodynamische, strömungsmechanische und elektro-thermodynamische Abläufe berechnen. Als ein weiteres Projekt benennt Paulus das Simulationsmodell eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges auf Systemebene: Die Brennstoffzellentechnologie sei hierbei integraler Bestandteil der Antriebsstrategie. Mit dem Modell können die Einsatzmöglichkeiten von Brennstoffzellen in Kraft- und Nutzfahrzeugen untersucht, deren Größe bestimmt und geeignete Nutzungsstrategien entwickelt werden.