Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen Netzentwicklungsplan Strom 2035, Version 2021

Vierwöchige Konsultation beginnt

Am 29.01.2021 haben die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans (NEP) 2035 in der Version 2021 auf netzentwicklungsplan.de veröffentlicht. Damit beginnt einer Medienmitteilung von Amprion zufolge eine vierwöchige öffentliche Konsultation, an der alle bis zum 28.02.2021 online, per E-Mail oder schriftlich teilnehmen kann. Die Stellungnahmen fließen in den zweiten Entwurf des NEP ein, der anschließend der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Prüfung übergeben wird.

Hochspannungsleitungen bei Dahme, Mark – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die Übertragungsnetzbetreiber hatten am 10.01.2020 den NEP als „Szenariorahmenentwurf zum Netzentwicklungsplan 2035 (2021)“ an die Bundesnetzagentur (BNetzA) übergeben. Diese hat ihn ihrerseits am 17.01. veröffentlicht und zur öffentlichen Konsultation gestellt. Am 26.06.2020 hat die BNetzA dann den Szenariorahmen für den kommenden NEP genehmigt und veröffentlicht. Die darin fixierten Annahmen sind die verbindliche Grundlage der Markt- und Netzberechnungen der ÜNB für den Netzentwicklungsplan 2035. Am 29.01.2021 haben die ÜNB den ersten Entwurf des NEP 2035 (2021) veröffentlicht.

Wie auch in den vorherigen NEP zeigt sich einer Medienmitteilung des Netzbetreibers Amprion zufolge, dass die fortschreitende Energiewende einen höheren innerdeutschen Stromtransportbedarf zur Folge hat. Der steigende Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung ist somit der zentrale Treiber der Netzentwicklung. Immer mehr Grünstrom, sowohl an Land wie auf See, muss zuverlässig in das elektrische System integriert und mit einer steigenden sowie immer flexibler reagierenden Stromnachfrage in Einklang gebracht werden. Dabei berücksichtigt der Entwurf ein Energiesystem ohne Kernkraft und weitgehend ohne Kohleverstromung und bewegt sich somit innerhalb der deutschen und europäischen energie- und klimapolitischen Vorgaben.

Der NEP 2035 (2021) blickt ausführlich in drei Szenarien erstmalig auf das Jahr 2035 und im Ausblick auf das Jahr 2040 und zeigt den Netzentwicklungsbedarf, um Deutschland weiterhin verlässlich und effizient mit Strom zu versorgen. Bezogen auf den Bruttostromverbrauch beträgt der Anteil der Erneuerbaren Energien zwischen 70 und 74 % im Jahr 2035 und 76 % im Jahr 2040. Diese Annahmen gehen von einer installierten Leistung Erneuerbarer Energien zwischen 233 und 261 GW im Jahr 2035 und 268 GW im Jahr 2040 aus.

Der NEP 2035 (2021) dokumentiert, dass die Windenergie der zentrale Erneuerbare Energieträger der Energiewende ist, insbesondere die Stromerzeugung in Nord- und Ostsee gewinnt erheblich an Bedeutung. In allen Szenarien dieses NEP nimmt die Windenergie den größten Anteil am Energiemix ein. Jedoch ist bei der Photovoltaik mit einem starken Anstieg der installierten Leistung und damit der Erzeugung zu rechnen.

Investitionsvolumen NEP 2035 (2021) zwischen 72 und 76,5 Mrd. Euro

Das geschätzte Investitionsvolumen für die vorgeschlagenen Maßnahmen an Land liegt zwischen 72 und 76,5 Mrd. Euro. In dieser Summe sind bereits die Investitionen für das sogenannte „Startnetz“ enthalten. Darunter fallen Maßnahmen, für die bereits ein Planfeststellungsverfahren eröffnet wurde oder in Kürze eröffnet wird, die bereits planfestgestellt oder im Bau sind. Die Investitionen fallen über die Jahre verteilt an.

Ausbaubedarf des Höchstspannungsnetzes – 3.640 km Wechsel- und 2.580 km Gleichstrom

Um die energie- und klimapolitischen Vorgaben zu erreichen, sind insbesondere Netzverstärkungs-, aber auch -ausbaumaßnahmen erforderlich. Ein Großteil der Vorhaben ist bereits im Bundesbedarfsplan 2021 enthalten. Das Startnetz enthält 3.640 km AC-Leitungsmaßnahmen und 2.580 km DC-Leitungsmaßnahmen. Im Zubaunetz umfassen die Maßnahmen zwischen 7.200 und 7.325 km AC-Leitungen, überwiegend als Netzverstärkungen, und zwischen 4.435 und 4.965 km DC-Leitungen im Jahr 2035, davon ein Großteil Offshore-Netzanbindungen. In den Szenarien A und B 2035 sind über den BBP 2021 hinaus rund 800 km AC- und DC-Maßnahmen erforderlich, im Szenario C 2035 sind es rund 1.450 km.

Ausbaubedarf zur Anbindung der Offshore-Windenergie

Der NEP und der Flächenentwicklungsplan (FEP) bilden zusammen die Basis, auf der das Offshore-Netz für Nord- und Ostsee entwickelt wird. Auf Grundlage des von der BNetzA genehmigten Szenariorahmens und den im FEP 2020 ausgewiesenen Flächen ergeben sich für das Offshore-Netz des NEP 2035 (2021) zur Integration von 28 bis 32 GW Offshore-Windenergie Investitionen zwischen 33 bis 38,5 Mrd. Euro. Der Zubaunetzanteil des Offshore-Netzes liegt im Jahr 2035 zwischen 3.210 und 3.860 km.

Die Szenarien

Am 26.06.2020 hat die BNetzA den Szenariorahmen für den NEP 2035 (2021) genehmigt und veröffentlicht. In diesem Szenariorahmen werden Annahmen zur Energielandschaft in den Jahren 2035 und 2040 getroffen: Drei Szenarien blicken auf das Jahr 2035 und ein Szenario bildet die Entwicklung bis in das Jahr 2040 ab. Alle Szenarien gehen von dem Ziel aus, dass die Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2050 nahezu klimaneutral ist.

In allen Szenarien wird ein steigender Stromverbrauch angenommen. Dieser ergibt sich unter anderem aus der zunehmenden Elektrifizierung im Wärme- und Verkehrssektor sowie aus der zunehmenden Nutzung von Power-to-X-Technologien. Auch strombasierte Dekarbonisierungen im Industriesektor und der durch die Digitalisierung bedingte Mehrbedarf an IT-Rechenleistung tragen dazu bei.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing dazu:

„Die Übertragungsnetzbetreiber haben den Netzentwicklungsplan anhand aufwendiger Analysen und Simulationen erstellt. Die dort erarbeiteten Erkenntnisse sind daher auch für energiepolitische Fragen, die über den Übertragungsnetzausbau hinausgehen, äußerst wichtig. So zeigt sich erneut, dass der Strombedarf etwa durch Sektorenkopplung und Elektromobilität in Zukunft erheblich steigen wird. Heute liegt der Stromverbrauch in Deutschland bei ca. 550 TWh. Die ÜNB nehmen je nach Szenario für 2035 einen Stromverbrauch von 650 -700 TWh an. Davon werden über 70 Prozent durch Erneuerbare Energien gedeckt. Die Berechnungen der ÜNB bieten damit eine gute Basis, an der sich die Bundesregierung bei der Erhöhung der Ausbaupfade für Erneuerbare Energien orientieren sollte. Nur so kann sie die Forderung des Bundestags nach einer Neuberechnung seriös erfüllen.

Der Netzentwicklungsplan sieht darüber hinaus in allen Szenarien einen signifikanten Neubau von Gaskraftwerken vor. Die Frage, auf welcher Basis diese für unsere Versorgungssicherheit notwendigen Kraftwerke errichtet werden, wird hier natürlich nicht beantwortet. Dazu ist der NEP auch nicht da. Allerdings wird deutlich, wie dringend nötig die Debatte über einen vernünftigen Investitionsrahmen für gesicherte Kapazitäten – etwa in Form von genügend Anreizen im KWKG und eines funktionierenden Marktdesigns jenseits des energy-only-Marktes – ist.

Last but not least. Der Ausbaubedarf im NEP ist unter der Annahme erstellt worden, dass bei flexiblen Verbrauchern wie Wärmepumpen und Elektroautos Lastspitzen eingesenkt werden. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als die vorgesehene Spitzenglättung. Das zeigt: Ohne das Instrument der Spitzenglättung wäre der Ausbaubedarf bei den Netzen noch größer als ohnehin. Um volkswirtschaftliche Kosten zu vermeiden und die Planbarkeit des Netzausbaus zu gewährleisten, sollte das Bundeswirtschaftsministerium den vor kurzem kassierten Entwurf des Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetzes auf den Weg bringen.“

->Quellen: