Post von Fink

BlackRock: Gigantisches Greenwashing – oder ehrliche Umkehr?

Dollarnote – © gemeinfrei

BlackRock, größter Vermögensverwalter der Welt, steigerte 2020 seine Anlagen auf den Rekordwert von fast 8,7 Billionen Dollar (= 7.180.000 Milliarden Euro). Im Januar vor einem Jahr schrieb BlackRock-Chef Larry Fink einen dringenden Brief an die CEOs der Welt, der Klimawandel werde „ein entscheidender Faktor für die langfristigen Aussichten der Unternehmen sein.“ Der Brief „schlug in den Vorstandsetagen rund um den Globus ein wie eine Bombe“, so New York Times-Autor Andrew Ross Sorkin am 26.01.2021. Doch was ist seither – außer einem zweiten Fink-Brief – geschehen?

In dem am 15.01.2020 auf Solarify (solarify.eu/fundamentale-umgestaltung-der-finanzwelt) dokumentierten Brief hatte Fink angekündigt: “Nachhaltigkeit wird BlackRocks neuer Investmentstandard”. Der SPIEGEL schrieb bereits am 14.01.2020, begeistert: Wenn es noch eines Beweises für den Erfolg von “Fridays for Future” bedurft hätte, habe ihn Larry Fink mit seinem Brandbrief an Topmanager weltweit führender – auch deutscher – Konzerne “gerade erbracht”. Die Botschaft: Die Firmen sollten sich gefälligst mehr um den Klimaschutz kümmern. Fink drängte die Konzernchefs in dem Schreiben zum Umbau ihrer Firmen. Zwar nähmen die Märkte das Risiko von Klimaveränderungen für Wirtschaftswachstum und Wohlstand nur zögerlich zur Kenntnis, “aber das Bewusstsein der Bürger ändert sich rasant, und ich bin überzeugt, dass wir vor einer fundamentalen Umgestaltung der Finanzwelt stehen”. Doch am 03.12.2020 meldete das TV-Magazin Monitor Zweifel an: Der Finanz-Gigant stecke nach wie vor Milliarden in nicht nachhaltige und klimaschädliche Projekte.

Der BlackRock-Chef dränge auf ein „großes neues Klimaziel für die Unternehmenswelt“ – Fink nutze den enormen Einfluss seiner Firma, um „Unternehmen unter Druck zu setzen, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 zu eliminieren und zunächst mindestens detailliertere Klimaangaben zu machen“ – so lauteten damals die Echos. Microsoft kündigte daraufhin an, bis 2030 klimaneutral zu werden, Salesforce versprach, in den nächsten zehn Jahren 100 Millionen Bäume zu erhalten oder wiederherzustellen, und sogar Delta Air Lines kündigte eine Milliarde Dollar an, um in zehn Jahren klimaneutral zu sein.

Dennoch argumentierten Skeptiker, dass Finks Unterstützung für die reformorientierte ESG.-Bewegung – die für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Governance steht – ein Marketing-Trick sei. Müssten sich die amerikanischen Unternehmen zwischen der Kürzung von Nachhaltigkeitsprogrammen oder Dividenden für Investoren entscheiden, so die Überlegung, würden die Nachhaltigkeitsprogramme als erstes gestrichen.

Dann kam die Covid-19-Pandemie, und etwas Ungewöhnliches geschah: Die ESG-Bewegung brach nicht zusammen – es beschleunigte und verstärkte sich. Vor allem das Thema Klimawandel rückte noch stärker ins Blickfeld von Unternehmen und Investoren, die massenhaft in Aktien nachhaltiger Unternehmen investierten, was den Wert von Unternehmen wie etwa Tesla in die Höhe trieb und das in nachhaltigkeitsorientierte Investmentfonds investierte Geld verdoppelte. Dies gab Finks These  Auftrieb: Grünes Investieren ist profitabel.

Passend dazu erwarb die Deutsche Börse am 18.11.2021 eine Mehrheitsbeteiligung an Institutional Shareholder Services (ISS). Durch die Akquisition wird die Deutsche Börse zu einem der weltweit führenden Anbieter von ESG-Daten und Research. Das Daten- und Researchgeschäft von ISS ergänzt die Geschäftsaktivitäten der Deutschen Börse entlang der gesamten Wertschöpfungskette; die Übernahme eröffnet beiden Unternehmen zusätzliche Wachstumschancen. Um die Unabhängigkeit von Datengeschäft und Research sicherzustellen, bleibt ISS innerhalb der Deutschen Börse eigenständig (siehe: weltethos-institut.org/ploetzlich-machtzentrum).

Neue Post von Fink

Am 26.01.2021 verschickte Fink einen neuen Jahres-Brief – er wird (so die NYT, die ihn vorab erhielt) „wieder für Aufmerksamkeit sorgen. Und dieses Jahr, mit einem noch ehrgeizigeren Plan für Unternehmen, in die BlackRock investiert, könnte er eine noch größere Wirkung haben“.

Denn Fink fordert alle Unternehmen schlicht auf, Pläne vorzulegen, wie ihr Geschäftsmodell zur Netto-Null-Wirtschaft beitrage (2-Grad-Grenze, null Treibhausgasemissionen bis 2050). Unmissverständlich drückt er die wie eine Drohung klingende Erwartung des größten und mächtigsten Vermögensverwalters der Welt aus: „Wir erwarten von Ihnen, dass Sie offenlegen, wie dieser Plan in Ihre langfristige Strategie eingebunden und von Ihrem Vorstand überprüft wird“, schrieb er. „Erwartung“ – nicht „Bitte“.

Sorkin: Auch wenn Fink nicht in der Lage sei, die Aktien von Unternehmen in passiven Indizes zu verkaufen – denn die machten nach wie vor einen großen Teil des von BlackRock verwalteten Vermögens aus -, so lege BlackRock doch zunehmend nachhaltigkeitsorientierte Indexfonds auf, die nach eigenem Ermessen auswählen könnten, welche Unternehmen sie aufnähmen oder ausschliössen. Hier wurde Fink eindeutig: BlackRock plane, ihren Investitionsprozess für ihre aktiv verwalteten Fonds anzupassen und ein Modell für eine „verschärfte Prüfung“ des Klimarisikos einzuführen, das „die Markierung von Beständen für einen möglichen Ausstieg“ beinhalte. Dazu werde man „eine Temperaturausrichtungsmetrik für unsere öffentlichen Aktien- und Rentenfonds veröffentlichen, damit ausreichend Daten verfügbar sind“ und dass sie neue Produkte „mit expliziten Temperaturausrichtungszielen, einschließlich Produkten, die auf einen Netto-Null-Pfad ausgerichtet sind“, starten würde.

Fink handelt nicht aus Altruismus – es geht ums Geschäft: Denn nachhaltige Fonds hätten sich im vergangenen Jahr besser entwickelt als der Markt, vor allem in den schlimmsten Momenten des Pandemieabschwungs. „Je mehr man sieht, dass Ihre Firmen den Klimawandel und die damit verbundenen Chancen annehmen, desto mehr wird der Markt Ihre Firmen mit höheren Bewertungen belohnen“, schrieb Fink den Vorstandsvorsitzenden ins Stammbuch. Motiviert dazu wird ihn der Amtsantritt Bidens und dessen erste Maßnahmen haben, aber auch, dass sich  die Europäische Union, China, Japan und Südkorea zu einer Netto-Null-Zukunft verpflichtet hätten. Es scheint, dass Regierungen bald die Offenlegung von Klimarisiken durch Unternehmen erzwingen könnten.

„Ich fordere die Unternehmen auf, diese schnell zu veröffentlichen, anstatt darauf zu warten, dass die Regulierungsbehörden sie vorschreiben“, schrieb Fink über Unternehmen, die ihre Netto-Null-Pläne offenlegen. Und sein Vorstoß zur Offenlegung gilt nicht nur für öffentliche Unternehmen.

Harte Kritik – Greenwashing? Jedenfalls „kraftloses Zuckerbrot“

Umweltschützer sagen, dass Fink nicht genug tut und dass BlackRock sich von allen Unternehmen, die fossile Brennstoffe verwenden, trennen müsse. Die Forschungsgruppen Reclaim Finance und Urgewald haben am 03.02.2021 einen Bericht veröffentlicht, demzufolge der Investitionsriese „schockierenderweise“ immer noch 85 Milliarden Dollar an klimaproblematischen Vermögenswerten (darunter RWE) hält, ja, sogar weiterhin massiv in Kohleunternehmen investiert, sogar in solche mit fossilen Expansionsplänen. Diese Investitionen in Kohleunternehmen mit Expansionsplänen wie Sumitomo oder KEPCO belaufen sich auf über 24 Mrd. Dollar – ein eindeutiger Verstoß gegen die im Pariser Abkommen geforderten entschlossenen Klimaschutzmaßnahmen. Die Organisationen nenne Finks Politik „glanzlos“, sie habe es „im vergangenen Jahr offensichtlich nicht geschafft, Klimaschutzmaßnahmen zu erzwingen. Ohne eine klare Divestment-Peitsche fehlt es BlackRocks Engagement-Zuckerbrot an Kraft. Dem widerspricht auch, dass BlackRock 2020 gegen 88 % der Klimabeschlüsse gestimmt hat, ein schlechteres Abstimmungsverhalten als 2019.“ Kurz: Finks Engagement für Nachhaltigkeit mache sich „zunehmend hohl“ aus.

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