DIW-Studie zu Störfällen und Ausfallzeiten in Atommeilern
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW-Berlin) hat in einer Untersuchung von Störfällen und Ausfallzeiten in Atommeilern ermittelt, dass die Sicherheitsrisiken enorm hoch bleiben – so eine DIW-Medienmitteilung vom 24.02.2021. Auch in Deutschland seien Zwischenfälle an der Tagesordnung. Dabei werde die weltweite Kraftwerkskapazität nur zu rund zwei Dritteln genutzt. In den Energiemodellen werde die Bedeutung von Atomenergie überschätzt.
Am 11. März jährt sich die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima zum zehnten Mal. Sie hat eindringlich vor Augen geführt, welche Gefahren von Kernkraft ausgehen. Bis heute komme es regelmäßig zu Zwischenfällen in Atomanlagen, wenn auch meistens weniger folgenschweren. Auch im normalen Betrieb müssen Kraftwerke immer wieder vom Netz genommen werden, was zu erheblichen Ausfallzeiten führt. Wegen der Unterbrechungen, die in erster Linie nicht durch Unfälle, sondern etwa durch notwendige Brennstoffwechsel, Wartungen von Anlagen oder gestiegene Sicherheitsanforderungen verursacht werden, kann rund ein Drittel der Kapazität aller Kernkraftwerke nicht zur Stromerzeugung genutzt werden. „Kernkraft ist nicht vollständig beherrschbar und auch nicht konstant verfügbar“, summiert Studienautor Ben Wealer. „Wegen langer, geplanter und ungeplanter Ausfallzeiten sind Backup-Kapazitäten notwendig. Damit ist Kernkraft als Energielieferant auch aus ökonomischer Sicht nicht zukunftsträchtig.“
Hohe Ausfallzeiten von AKW in Frankreich – weltweit nur zwei Drittel der Kapazität genutzt
Dass die Risiken der Kernkraft oft unterschätzt werden, liegt den Wissenschaftlern zufolge auch daran, dass es keine einheitliche Bewertungsskala für Kernenergie-Unfälle gibt. Ursache dafür ist eine inkonsistente technische und sozioökonomische Bewertung der Zwischenfälle. Hier sollten stattdessen empirische Bewertungsmodelle eingesetzt werden.
Die DIW-Studie nimmt exemplarisch die Kernkraftwerke in Frankreich und Deutschland unter die Lupe. In Frankreich, dem nach den USA weltweit zweitgrößten Produzenten von Strom aus Kernenergie, ist die Ausfallrate von Atommeilern recht hoch: Seit den 70er Jahren wurden mehr als 30 Prozent der Kapazitäten nicht genutzt. Auch in Deutschland werden immer wieder erhebliche Ausfallzeiten registriert. Die Kapazitätsauslastung liegt aber bei mehr als 70 Prozent und damit über der von Frankreich und dem weltweiten Durchschnitt von 66 Prozent. Gerade für Frankreich konnte im Detail gezeigt werden, dass selbst geplante Ausfallzeiten ungewollte Schwankungen in der Stromerzeugung verursachen und Kernkraft somit die Grundlast nicht decken kann.
„Die Risiken der Kernkraft werden seit jeher von der Gesellschaft getragen, die Haftpflichtversicherungen der Kraftwerksbetreiber sind eher symbolisch.“ (Claudia Kemfert)
Energiemodelle vernachlässigen Sicherheitsrisiken
Das Unglück von Fukushima hat den Bedeutungsrückgang von Kernkraft für die internationale Energiewirtschaft weiter beschleunigt. Derzeit liegt ihr Anteil an der globalen Stromerzeugung bei lediglich rund zehn Prozent – Tendenz weiter fallend. Entgegen den empirischen Beobachtungen rückläufiger Investitionen messen Energiesystemmodelle der Kernkraft vor allem wegen geringerer CO2-Emissionen aber zum Teil wachsende Bedeutung in der Zukunft bei. Die Modelle vernachlässigen der DIW-Studie zufolge die hohen Sicherheitsrisiken und die fluktuierende Fahrweise der Kernkraftwerke.
„Diese Aspekte sollten in der energiewirtschaftlichen Analyse aber konsequent berücksichtigt werden“, fordert Energieökonomin und Studienautorin Claudia Kemfert. „Viele Energie- und Klimamodelle lassen außer Acht, dass die Risiken der Kernkraft seit jeher von der Gesellschaft getragen werden, da sie bis heute in keinem Land der Welt abgesehen von eher symbolischen Haftpflichtversicherungen der Kraftwerksbetreiber versicherbar sind.“
Solarify ergänzt: Auch die (von vielen Experten für unlösbar gehaltene – zumindest muss sie als offen angesehen werden) Frage der „End“-Lagerung des Atommülls verbleibt als Negativposten auf dem Minus-Konto der Kernkraft.
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