Covid-Pandemie verändert Verbrauch
Der Energieverbrauch in Deutschland ist 2020 um 8,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen und erreichte eine Gesamthöhe von 11.784 Petajoule (PJ) oder 402,1 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Wie die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen – AGEB) in ihrem jetzt erschienenen Jahresbericht schreibt, hat die im Vergleich zum Vorjahr etwas mildere Witterung nur geringfügig (Minus 0,6 Prozent) zu dem beträchtlichen Verbrauchsrückgang beigetragen.
Hauptverantwortlich für den Rückgang des Energieverbrauchs auf ein historisches Tief waren die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in Form rückläufiger Industrieproduktion, verminderter Verkehrsleistungen und veränderter Konsumgewohnheiten. Einen weiteren Anteil an der Verbrauchsentwicklung bei den einzelnen Energieträgern habe auch der sich verändernde energie- und klimapolitische Kontext, heißt es im Bericht der AG Energiebilanzen.
Auf nationaler Ebene sorgen der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie, der einsetzende Kohleausstieg sowie die fortgesetzte Förderung der erneuerbaren Energien für Veränderungen. Auf europäischer Ebene haben die Emissionsobergrenzen des europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) sowie die übergreifenden Klimaschutzziele Auswirkungen auf die Höhe und Zusammensetzung des Energieverbrauchs in Deutschland. Von der Preisentwicklung gingen 2020 hingegen keine Impulse auf eine sparsame Verwendung von Energie in Deutschand aus. Andererseits kam es zu weiteren Effizienzgewinnen und einer Verbesserung der Energieproduktivität. Die nahezu stagnierende Bevölkerungsentwicklung hatte, anders als in den Vorjahren, keine verbrauchssteigernde Wirkung zur Folge.
Infolge des rückläufigen Verbrauchs sowie weiteren Verschiebungen im Energiemix zugunsten der Erneuerbaren und des Erdgases rechnet die AG Energiebilanzen mit einem Rückgang der energiebedingten CO2-Emissionen in einer Größenordnung von rund 63 Mio. t. Das entspricht einer Minderung gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent. Die gesamtwirtschaftliche Energieproduktivität hat sich 2020 nach Berechnungen der AG Energiebilanzen um 3,2 Prozent (temperaturbereinigt: 2,7 Prozent) verbessert. Diese Kenngröße für den effizienten Umgang mit Energie berechnet sich aus dem Energieaufwand je Einheit Wirtschaftsleistung. Der langjährige Durchschnittswert dieser Kenngröße liegt bei 2,3 Prozent.
Weitere kräftige Rückgänge bei Stein- und Braunkohle
Der Verbrauch von Mineralöl sank 2020 insgesamt um 11,9 Prozent auf 3.973 Petajoule (PJ) oder 135,6 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Mit Ausnahme von leichtem Heizöl sowie Rohbenzin lag der Absatz aller Mineralölprodukte im Minus: Der Verbrauch von Dieselkraftstoff nahm um mehr als 7 Prozent ab, bei den Ottokraftstoffen gab es einen Rückgang um fast 10 Prozent. Der Verbrauch von Flugkraftstoffen brach sogar um mehr als 50 Prozent ein. Der Zuwachs von rund 3 Prozent beim leichten Heizöl dürfte vornehmlich auf Bestandsaufstockungen bei den Verbrauchern infolge der günstigen Preise und weniger auf einen echten Verbrauchsanstieg zurückzuführen sein.
Der Erdgasverbrauch verringerte sich 2020 um 2,4 Prozent auf 3.136 PJ oder 107,0 Mio. t SKE. Hauptursache für den Verbrauchsrückgang ist der gesunkene Erdgasbedarf der Sektoren Industrie (minus 4 Prozent) sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (minus 5 Prozent) infolge der Corona-Pandemie. In der Strom- und Wärmeerzeugung wurde hingegen mehr Erdgas eingesetzt. Bei den privaten Haushalten stieg der Verbrauch trotz vergleichsweise milderer Temperaturen um 2,5 Prozent.
Der Verbrauch an Steinkohle lag 2020 um 16,6 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum und erreichte eine Höhe von 904 PJ oder 30,8 Mio. t SKE. Beim Einsatz von Steinkohle in den Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung betrug der Rückgang mehr als 26 Prozent. Diese Entwicklung ist vornehmlich auf den rückläufigen Stromverbrauch, die höhere Stromeinspeisung aus Wind- und PV-Anlagen sowie den stärkeren Einsatz von Erdgas in der Stromerzeugung zurückzuführen.
Der Verbrauch von Braunkohle verminderte sich 2020 um 17,8 Prozent und lag bei rund 956 PJ oder 32,6 Mio. t SKE. Diese Entwicklung hat unterschiedliche Ursachen: Es wurden zusätzliche Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft überführt und witterungsbedingt erhöhte sich die Stromeinspeisung von Wind- und PV-Anlagen. Hinzu kamen ungeplante Kraftwerksausfälle, Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Stromverbrauch sowie durch niedrige Erdgaspreise bedingte Verschiebungen der Wettbewerbssituation auf dem nationalen und europäischen Strommarkt.
Bei der Kernenergie kam es 2020 infolge der planmäßigen Abschaltung des Kraftwerks Philippsburg zum Jahresende 2019 zu einem Rückgang der Stromproduktion um 14,2 Prozent.
Die Erneuerbaren Energien steigerten ihren Beitrag zum gesamten Energieverbrauch 2020 um insgesamt 3 Prozent auf 1.961 PJ oder 66,9 Mio. t SKE. Die Wasserkraftwerke (ohne Pumpspeicher) lieferten 6 Prozent weniger Strom als im Vorjahr. Dagegen stieg der Beitrag der Windkraft um 4 Prozent. Die Solarenergie verzeichnete ein Plus von 8 Prozent. Bei der Biomasse gab es ein Plus von mehr als 2 Prozent.
Weitere Verschiebungen im Energiemix
Im Energiemix für das Jahr 2020 konnten die Erneuerbaren ihre Anteile erneut ausweiten. Biomasse, Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft, Geothermie und der biogene Anteil des Abfalls deckten insgesamt 16,6 Prozent des gesamten inländischen Energieverbrauchs. Wichtigster Energieträger blieb das Mineralöl mit einem Anteil von 33,7 Prozent, gefolgt vom Erdgas mit 26,6 Prozent. Auf die Steinkohle entfiel ein Anteil von 7,7 Prozent und auf die Braunkohle 8,1 Prozent. Der Beitrag der Kernenergie lag bei 6,0 Prozent.
Inlandsgewinnung weiter gesunken
Die inländische Energiegewinnung verzeichnete 2020 einen Rückgang um etwa 5 Prozent auf 3.425 PJ (116,9 Mio. t SKE). Am stärksten verminderte sich die Produktion der Braunkohle mit knapp 18 Prozent. In ähnlicher Größenordnung sank auch die inländische Erdgasförderung (minus 15,5 Prozent). Die den heimischen Energiequellen zugerechneten Erneuerbaren verzeichneten dagegen einen Zuwachs um 3 Prozent. Insgesamt konnte die Energiegewinnung aus heimischen Ressourcen etwas mehr als 29 Prozent des Gesamtverbrauchs decken. Wichtigste heimische Energiequelle sind inzwischen die Erneuerbaren mit einem Anteil von 57,7 Prozent (Vorjahr 53,2 Prozent). Es folgt die Braunkohle mit knapp 29 Prozent (Vorjahr 32,9 Prozent). Die anderen Energieträger erreichen Anteile im niedrigen einstelligen Bereich. Steinkohle wird seit Ende 2018 in Deutschland nicht mehr gefördert
Der ausführliche Bericht zur Entwicklung des Primärenergieverbrauchs 2020 steht ab sofort auf der Internetseite der AG Energiebilanzen (www.ag-energiebilanzen.de) zum Download bereit.
Entwicklung des Primärenergieverbrauchs 2020 in Deutschland –
Veränderungen in Prozent
Gesamt 11.784 PJ oder 402,1 Mio. t SKE
Verbrauchsrückgang verändert Energiemix
Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland 2020
gesamt 11.784 PJ oder 402,1 Mio. t SKE
Anteile in Prozent (Vorjahreszeitraum in Klammern) AGEB
Die Anteile der verschiedenen Energieträger im nationalen Energiemix haben sich 2020 bei insgesamt deutlich geringerem Gesamtverbrauch leicht zugunsten der Erneuerbaren sowie des Erdgases verschoben. Bei Stein- und Braunkohle kam es zu weiteren Abnahmen. Mineralöl bleibt trotz eines leicht verringerten Anteils der mit Abstand wichtigste Energieträger. Kennzeichnend für die deutsche Energieversorgung bleibt ein breiter Energiemix. Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland 1995 – 2020
in Petajoule (PJ)
Der Energieverbrauch in Deutschland erreichte 2020 nach vorläufigen Berechnungen der AG Energiebilanzen eine Höhe von 11.784 Petajoule (PJ) beziehungsweise 402,1 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) und lag damit um 8,0 Prozent unter dem Wert von 2019.
->Quellen: